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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band.

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derselben liegt ein Palast des Sultans, der von verschiedenen andern Gebäuden
und ausgedehnten Garten umgeben ist. Aus dieser Stelle stand im Alterthum
eine punische Stadt. Der Ort, welcher sich bis an den Rand des Stromes
hinzieht, ist mit einer von Thürmen flankirten Mauer eingeschlossen, die sich
an die Wälle der Stadt anschließt und so eine zweite Ringmauer für diese
bildet. Der Weg von Rabat herab nach Em Salinas ist außerordentlich schön.
Derselbe windet sich zwischen Bäumen, Gesträuch und Felsblöcken den Hügel¬
hang hinab und an allerlei Rieselbächcn vorbei, die aus dem Aquäduct her¬
vorstürzend in die Tiefe eilen, um die Gärten der Moschee und des Sultans¬
palastes zu bewässern. Haine von Palmen und Orangenbäumen, Feigengärten,
Kaktushecken und andere Pflanzungen, die ein für die Sonnenstrahlen fast
undurchdringliches Dickicht bilden, machen Em Sakkas zu einem entzückenden
Aufenthaltsort. Der Boden gilt hier für heilig, sodaß Christen und Juden
ihn nicht betreten dürfen. Die Mauren feiern hier das Bairamfest, die mo¬
hammedanischen Ostern. Unter den Einwohnern Rabath befinden sich viele
Juden, und ebenso unter denen von Sales. Man schlägt ihre Zahl auf 7
bis 8000 an. Sie werden wie überall in Marokko sehr verächtlich behandelt
und müssen in eignen Quartieren außerhalb der Stadt wohnen.

Während Larasch mehr der Stationsplatz der marokkanischen Kriegsfahr¬
zeuge ist, kann man Rabat als die Kriegswerften des Reichs bezeichnen. In¬
deß baut man hier jetzt nur noch große Schaluppen. Als man vor einigen
Jahren den Bau einer Corvette vollendet hatte, mühten die Mauren sich lange
vergeblich ab, sie von den Helgen ins Wasser zu bekommen, und als dies
endlich gelungen war, fand man es noch schwieriger, sie über die Barre an
der Mündung des Flusses zu bringen. Wahrscheinlich wären alle Seeleute
der beiden Städte zusammengenommen nicht im Stande gewesen, dies letztere
Zu bewerkstelligen, wenn ihnen nicht die Matrosen der im Hafen ankernden
europäischen Schiffe beigesprungen wären. Die Negierung unterhält hier
einige hundert Matrosen, deren Lohn aber so schlecht ist, daß jeder derselben
noch ein Handwerk treiben muß, wenn er leben will, und dasselbe Verhältniß
herrscht in Bezug auf die Artilleristen, welche die Geschütze der Festungswerke
ZU bedienen haben. Rabat und Sales sind gleichweit, d. h. ebenfalls 25 Lieues,
von Mequinez entfernt wie Mamora. Wollte man nach dieser Hauptstadt
marschiren, so wäre es gerathener, in Mamora zu landen, wo man sich ohne
ernstlichen Widerstand festsetzen könnte, statt sein Pulver auf die Einnahme des
schlechten und dabei verhältnißmäßig gut vertheidigten Hafens von Rabat zu
verschwenden.

Wir kommen jetzt zu der letzten marokkanischen Seestadt von Bedeutung,
Zu der im äußersten Süden des Reiches gelegenen Stadt, welche von den
Christen Mogador genannt wird und den Ein- und Ausfuhrhafen für die


Grenzboten IV. 185S. 64

derselben liegt ein Palast des Sultans, der von verschiedenen andern Gebäuden
und ausgedehnten Garten umgeben ist. Aus dieser Stelle stand im Alterthum
eine punische Stadt. Der Ort, welcher sich bis an den Rand des Stromes
hinzieht, ist mit einer von Thürmen flankirten Mauer eingeschlossen, die sich
an die Wälle der Stadt anschließt und so eine zweite Ringmauer für diese
bildet. Der Weg von Rabat herab nach Em Salinas ist außerordentlich schön.
Derselbe windet sich zwischen Bäumen, Gesträuch und Felsblöcken den Hügel¬
hang hinab und an allerlei Rieselbächcn vorbei, die aus dem Aquäduct her¬
vorstürzend in die Tiefe eilen, um die Gärten der Moschee und des Sultans¬
palastes zu bewässern. Haine von Palmen und Orangenbäumen, Feigengärten,
Kaktushecken und andere Pflanzungen, die ein für die Sonnenstrahlen fast
undurchdringliches Dickicht bilden, machen Em Sakkas zu einem entzückenden
Aufenthaltsort. Der Boden gilt hier für heilig, sodaß Christen und Juden
ihn nicht betreten dürfen. Die Mauren feiern hier das Bairamfest, die mo¬
hammedanischen Ostern. Unter den Einwohnern Rabath befinden sich viele
Juden, und ebenso unter denen von Sales. Man schlägt ihre Zahl auf 7
bis 8000 an. Sie werden wie überall in Marokko sehr verächtlich behandelt
und müssen in eignen Quartieren außerhalb der Stadt wohnen.

Während Larasch mehr der Stationsplatz der marokkanischen Kriegsfahr¬
zeuge ist, kann man Rabat als die Kriegswerften des Reichs bezeichnen. In¬
deß baut man hier jetzt nur noch große Schaluppen. Als man vor einigen
Jahren den Bau einer Corvette vollendet hatte, mühten die Mauren sich lange
vergeblich ab, sie von den Helgen ins Wasser zu bekommen, und als dies
endlich gelungen war, fand man es noch schwieriger, sie über die Barre an
der Mündung des Flusses zu bringen. Wahrscheinlich wären alle Seeleute
der beiden Städte zusammengenommen nicht im Stande gewesen, dies letztere
Zu bewerkstelligen, wenn ihnen nicht die Matrosen der im Hafen ankernden
europäischen Schiffe beigesprungen wären. Die Negierung unterhält hier
einige hundert Matrosen, deren Lohn aber so schlecht ist, daß jeder derselben
noch ein Handwerk treiben muß, wenn er leben will, und dasselbe Verhältniß
herrscht in Bezug auf die Artilleristen, welche die Geschütze der Festungswerke
ZU bedienen haben. Rabat und Sales sind gleichweit, d. h. ebenfalls 25 Lieues,
von Mequinez entfernt wie Mamora. Wollte man nach dieser Hauptstadt
marschiren, so wäre es gerathener, in Mamora zu landen, wo man sich ohne
ernstlichen Widerstand festsetzen könnte, statt sein Pulver auf die Einnahme des
schlechten und dabei verhältnißmäßig gut vertheidigten Hafens von Rabat zu
verschwenden.

Wir kommen jetzt zu der letzten marokkanischen Seestadt von Bedeutung,
Zu der im äußersten Süden des Reiches gelegenen Stadt, welche von den
Christen Mogador genannt wird und den Ein- und Ausfuhrhafen für die


Grenzboten IV. 185S. 64
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_108129/517>, abgerufen am 17.06.2024.