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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.

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Truppen verlassen und mußte abdanken. Im September 1842 fuhr ihn der
Fährmann von Belgrad nach Semlin. von wo er sich zu seinem Vater und
später auf Reisen nach Novddeutschland, Italien, Frankreich, England und
Nußland begab. In letzterem lebte er 1847, und es ist bezeichnend, daß er
von hier im Nevolutionsjahre nach den Südslawenländcrn übersiedelte.

Nachdem er sich entfernt, erklärte eine Versammlung der Notabeln des
Landes in Uebereinstimmung mit dem Pascha von Belgrad, die Erblichkeit
der Fürstenwürde in der Familie Obrcnowitsch für aufgehoben, und nun
wühlte man Alexander, den Sohn Kara Georgs, zum Fürsten. Ein Versuch
der Anhänger Miloschs zu einer Gegenrevolution mißlang, und Alexander er"
hielt die Bestätigung der Pforte, wenn auch nicht als Fürst, sondern nur als
Baschbcg. d. i. oberster Herr. Rußland legte nun Einsprache gegen den Um¬
schwung der Dinge ein und verlangte mit Berufung auf die Verträge und
das Princip der Legitimität die Wiedereinsetzung Miloschs. Der eigentliche
Zweck des Protests war jedoch die Entfernung der nationalen, wenigstens
nichtrussischcn Partei Wutschitschs und Petronicwitschs und Zugestündnisse des
neuen Fürsten. Nachdem Rußland beides erreicht, gab es seinen Widerstand
auf. und Alexander, nun von einer Skupschtina nochmals zum Fürsten ge¬
wühlt, erhielt die Bestätigung der Pforte. Neue Erhcbungsversuche zu>n
Zweck einer Zurückführung der Familie Obrcnowitsch scheiterten. Das Land
begann sich allmnlig zu erholen, die Negierung machte einige Anstrengungen,
Verbesserungen einzuführen, und das Volk ließ sie sich gefallen, ohne go^
dankbar dafür zu sein. Nach außen hin lavirte der Fürst, indeß schien ^
sich zu Oestreich hinzuneigen. Die Bewegung von 1348 pflanzte sich nach
Serbien nur in so weit fort, als der Fürst den Oestreichern -- genauer den
östreichischen Serben -- gegen die Ungarn ein Hilfseorps unter Knischan"'
sandte. Diese Mannschaften haben sich tapfer geschlagen, aber noch tapset
gestohlen und gewürgt. Ihre Betheiligung an dem Nacenkampf wührte
rigens nicht lange, da sie schon im Februar 1849 vom Fürsten den Befehl
zur Heimkehr erhielten. Indeß war dieser Krieg für Serbiens Entwicklung
nicht ohne Bedeutung, indem sich die panslawistische Partei durch ihn
stürkte und sich deutlicher ihrer Verbindung mit Rußland, dem Stamm- un
glaubensverwandten, bewußt wurde. Die Negierung dagegen suchte die alte"
Verbindungen mit der Pforte zu befestigen und die Civilisation des Landes'
die Ausbeutung seiner Hilfsquellen durch Fremde, namentlich Deutsche, ^
fördern.

Der Krieg der Pforte mit Montenegro erweckte in Serbien lebhafte Sy>"'
pathicn für die letztern. aber die Negierung enthielt sich der Parteinah^'
Mit Elias Garaschanins Ernennung zum Ministerpräsidenten kam französisch
Bildung an das Nuder der ^Verwaltung. Garaschcmin machte sich durch ^>"'


Truppen verlassen und mußte abdanken. Im September 1842 fuhr ihn der
Fährmann von Belgrad nach Semlin. von wo er sich zu seinem Vater und
später auf Reisen nach Novddeutschland, Italien, Frankreich, England und
Nußland begab. In letzterem lebte er 1847, und es ist bezeichnend, daß er
von hier im Nevolutionsjahre nach den Südslawenländcrn übersiedelte.

Nachdem er sich entfernt, erklärte eine Versammlung der Notabeln des
Landes in Uebereinstimmung mit dem Pascha von Belgrad, die Erblichkeit
der Fürstenwürde in der Familie Obrcnowitsch für aufgehoben, und nun
wühlte man Alexander, den Sohn Kara Georgs, zum Fürsten. Ein Versuch
der Anhänger Miloschs zu einer Gegenrevolution mißlang, und Alexander er»
hielt die Bestätigung der Pforte, wenn auch nicht als Fürst, sondern nur als
Baschbcg. d. i. oberster Herr. Rußland legte nun Einsprache gegen den Um¬
schwung der Dinge ein und verlangte mit Berufung auf die Verträge und
das Princip der Legitimität die Wiedereinsetzung Miloschs. Der eigentliche
Zweck des Protests war jedoch die Entfernung der nationalen, wenigstens
nichtrussischcn Partei Wutschitschs und Petronicwitschs und Zugestündnisse des
neuen Fürsten. Nachdem Rußland beides erreicht, gab es seinen Widerstand
auf. und Alexander, nun von einer Skupschtina nochmals zum Fürsten ge¬
wühlt, erhielt die Bestätigung der Pforte. Neue Erhcbungsversuche zu>n
Zweck einer Zurückführung der Familie Obrcnowitsch scheiterten. Das Land
begann sich allmnlig zu erholen, die Negierung machte einige Anstrengungen,
Verbesserungen einzuführen, und das Volk ließ sie sich gefallen, ohne go^
dankbar dafür zu sein. Nach außen hin lavirte der Fürst, indeß schien ^
sich zu Oestreich hinzuneigen. Die Bewegung von 1348 pflanzte sich nach
Serbien nur in so weit fort, als der Fürst den Oestreichern — genauer den
östreichischen Serben — gegen die Ungarn ein Hilfseorps unter Knischan»'
sandte. Diese Mannschaften haben sich tapfer geschlagen, aber noch tapset
gestohlen und gewürgt. Ihre Betheiligung an dem Nacenkampf wührte
rigens nicht lange, da sie schon im Februar 1849 vom Fürsten den Befehl
zur Heimkehr erhielten. Indeß war dieser Krieg für Serbiens Entwicklung
nicht ohne Bedeutung, indem sich die panslawistische Partei durch ihn
stürkte und sich deutlicher ihrer Verbindung mit Rußland, dem Stamm- un
glaubensverwandten, bewußt wurde. Die Negierung dagegen suchte die alte"
Verbindungen mit der Pforte zu befestigen und die Civilisation des Landes'
die Ausbeutung seiner Hilfsquellen durch Fremde, namentlich Deutsche, ^
fördern.

Der Krieg der Pforte mit Montenegro erweckte in Serbien lebhafte Sy>"'
pathicn für die letztern. aber die Negierung enthielt sich der Parteinah^'
Mit Elias Garaschanins Ernennung zum Ministerpräsidenten kam französisch
Bildung an das Nuder der ^Verwaltung. Garaschcmin machte sich durch ^>"'


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[0238] Truppen verlassen und mußte abdanken. Im September 1842 fuhr ihn der Fährmann von Belgrad nach Semlin. von wo er sich zu seinem Vater und später auf Reisen nach Novddeutschland, Italien, Frankreich, England und Nußland begab. In letzterem lebte er 1847, und es ist bezeichnend, daß er von hier im Nevolutionsjahre nach den Südslawenländcrn übersiedelte. Nachdem er sich entfernt, erklärte eine Versammlung der Notabeln des Landes in Uebereinstimmung mit dem Pascha von Belgrad, die Erblichkeit der Fürstenwürde in der Familie Obrcnowitsch für aufgehoben, und nun wühlte man Alexander, den Sohn Kara Georgs, zum Fürsten. Ein Versuch der Anhänger Miloschs zu einer Gegenrevolution mißlang, und Alexander er» hielt die Bestätigung der Pforte, wenn auch nicht als Fürst, sondern nur als Baschbcg. d. i. oberster Herr. Rußland legte nun Einsprache gegen den Um¬ schwung der Dinge ein und verlangte mit Berufung auf die Verträge und das Princip der Legitimität die Wiedereinsetzung Miloschs. Der eigentliche Zweck des Protests war jedoch die Entfernung der nationalen, wenigstens nichtrussischcn Partei Wutschitschs und Petronicwitschs und Zugestündnisse des neuen Fürsten. Nachdem Rußland beides erreicht, gab es seinen Widerstand auf. und Alexander, nun von einer Skupschtina nochmals zum Fürsten ge¬ wühlt, erhielt die Bestätigung der Pforte. Neue Erhcbungsversuche zu>n Zweck einer Zurückführung der Familie Obrcnowitsch scheiterten. Das Land begann sich allmnlig zu erholen, die Negierung machte einige Anstrengungen, Verbesserungen einzuführen, und das Volk ließ sie sich gefallen, ohne go^ dankbar dafür zu sein. Nach außen hin lavirte der Fürst, indeß schien ^ sich zu Oestreich hinzuneigen. Die Bewegung von 1348 pflanzte sich nach Serbien nur in so weit fort, als der Fürst den Oestreichern — genauer den östreichischen Serben — gegen die Ungarn ein Hilfseorps unter Knischan»' sandte. Diese Mannschaften haben sich tapfer geschlagen, aber noch tapset gestohlen und gewürgt. Ihre Betheiligung an dem Nacenkampf wührte rigens nicht lange, da sie schon im Februar 1849 vom Fürsten den Befehl zur Heimkehr erhielten. Indeß war dieser Krieg für Serbiens Entwicklung nicht ohne Bedeutung, indem sich die panslawistische Partei durch ihn stürkte und sich deutlicher ihrer Verbindung mit Rußland, dem Stamm- un glaubensverwandten, bewußt wurde. Die Negierung dagegen suchte die alte" Verbindungen mit der Pforte zu befestigen und die Civilisation des Landes' die Ausbeutung seiner Hilfsquellen durch Fremde, namentlich Deutsche, ^ fördern. Der Krieg der Pforte mit Montenegro erweckte in Serbien lebhafte Sy>"' pathicn für die letztern. aber die Negierung enthielt sich der Parteinah^' Mit Elias Garaschanins Ernennung zum Ministerpräsidenten kam französisch Bildung an das Nuder der ^Verwaltung. Garaschcmin machte sich durch ^>"'

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_186950/238>, abgerufen am 18.05.2024.