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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band.

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jetzt ein Frieden denken, wo unser Werk erst halb gethan ist. -- wo unsere ge¬
heimen, aber feierlichen Verabredungen, wo die Programme, die Ew. Maj.
wiederholt Italien und der Welt verkündet haben, noch bei Weitem nicht er¬
füllt sind? Soll der schöne und edle Plan zur Befreiung Italiens, an dem
wir seit Jahren im Stillen gearbeitet, zu Schanden werde"? aufgegeben werden,
nachdem wir in Folge einer fast beispiellosen Neihe von Siegen bereits den
Mincio überschritten haben?

N. Ich weiß, was Sie mir sagen können, was Sie beunruhigen kann.
Ich sinne Tag und Nacht darüber und will Ihnen die Ergebnisse, zu denen
ich gelangt bin. offen mittheilen, unter der Bedingung, das! sie zwischen uns
Beiden unverbrüchliches Geheimniß bleiben, -- daß selbst unsere nächsten Rath-
geber und Vertrauten nur so viel davon erfahren, als zur Ausführung streng
nöthig ist. Mein Plan erfordert ein solches Geheimniß. Ich halte ihn für
gut und sicher, sogar für ziemlich fein. -- aber er muß unfehlbar scheitern,
wenn er vor der Zeit ruchtbnr wird. -- Doch, ehe ich weiter spreche, sagen
Sie mir freimüthig, ob Sie mir vollständig vertrauen?

V. E. Mein Gott, wie sollte ich nicht? Kenne ich nicht die warme
Sympathie, die Ew. Maj. Herz für das Wohl Italiens hegt? Weiß ich nicht,
daß Sie dieses schöne Land als die Wiege ihrer ruhmvollen Familie betrach¬
ten und lieben; daß Sie einen Theil Ihrer Jugend dort verlebt und früher
selbst für dessen Unabhängigkeit gekämpft haben; daß der Gedanke, es unter
dein harten, unwürdigen und verhaßten Joch Oestreichs zu wissen, Ihrem
Gefühl unerträglich sein muß; daß auch Ihr politisches Interesse dieses Joch
nicht länger dulden kann? Weiß ich nicht, daß die uneigennützige Befreiung
Italiens Ihren Namen in den Augen der ganzen civilisirten Welt aus den
höchsten Gipfel des Ruhmes erheben, vor Allem aber Frankreich mit Bewun¬
derung erfüllen und somit zur festen Begründung Ihrer Dynastie mächtig bei¬
tragen wird? Kann ich mir denken, daß die ewige Dankbarkeit Italiens und
dessen Treue und Hilfe in allen Nöthen -- wenn es einst erstarkt sein wird --
Ihrem Herzen und Ihrer Politik gleichgiltig sein sollte? Kann ich also zwei¬
feln, daß in dieser Sache Ihr Gefühl mit Ihrer Politik Hand in Hand geht?
Und wie sollte ich ihren Zusage" mißtrauen, da ich weiß, daß sie noch nie¬
mals einer andern Macht irgend eine Zusage gebrochen, weil Sie kein Ver¬
sprechen geben, ohne dessen Tragweite und Folgen gründlich erwogen zu haben?
Und endlich.-wie könnte ich vergessen, daß durch die Verbindung des Prinzen
Napoleon mit meiner Tochter die intimsten Beziehungen zwischen unsern beider¬
seitigen Familien begründet sind?

N. Ich bekräftige von Herzen und ausdrücklich jedes Wort, das Sie ge¬
sprochen haben. Also unbedingtes Einverständniß und Vertrauen zwischen uns
selbst dann, wenn die Ausführung meines Planes und die Nothwendigkeit,


jetzt ein Frieden denken, wo unser Werk erst halb gethan ist. — wo unsere ge¬
heimen, aber feierlichen Verabredungen, wo die Programme, die Ew. Maj.
wiederholt Italien und der Welt verkündet haben, noch bei Weitem nicht er¬
füllt sind? Soll der schöne und edle Plan zur Befreiung Italiens, an dem
wir seit Jahren im Stillen gearbeitet, zu Schanden werde»? aufgegeben werden,
nachdem wir in Folge einer fast beispiellosen Neihe von Siegen bereits den
Mincio überschritten haben?

N. Ich weiß, was Sie mir sagen können, was Sie beunruhigen kann.
Ich sinne Tag und Nacht darüber und will Ihnen die Ergebnisse, zu denen
ich gelangt bin. offen mittheilen, unter der Bedingung, das! sie zwischen uns
Beiden unverbrüchliches Geheimniß bleiben, — daß selbst unsere nächsten Rath-
geber und Vertrauten nur so viel davon erfahren, als zur Ausführung streng
nöthig ist. Mein Plan erfordert ein solches Geheimniß. Ich halte ihn für
gut und sicher, sogar für ziemlich fein. — aber er muß unfehlbar scheitern,
wenn er vor der Zeit ruchtbnr wird. — Doch, ehe ich weiter spreche, sagen
Sie mir freimüthig, ob Sie mir vollständig vertrauen?

V. E. Mein Gott, wie sollte ich nicht? Kenne ich nicht die warme
Sympathie, die Ew. Maj. Herz für das Wohl Italiens hegt? Weiß ich nicht,
daß Sie dieses schöne Land als die Wiege ihrer ruhmvollen Familie betrach¬
ten und lieben; daß Sie einen Theil Ihrer Jugend dort verlebt und früher
selbst für dessen Unabhängigkeit gekämpft haben; daß der Gedanke, es unter
dein harten, unwürdigen und verhaßten Joch Oestreichs zu wissen, Ihrem
Gefühl unerträglich sein muß; daß auch Ihr politisches Interesse dieses Joch
nicht länger dulden kann? Weiß ich nicht, daß die uneigennützige Befreiung
Italiens Ihren Namen in den Augen der ganzen civilisirten Welt aus den
höchsten Gipfel des Ruhmes erheben, vor Allem aber Frankreich mit Bewun¬
derung erfüllen und somit zur festen Begründung Ihrer Dynastie mächtig bei¬
tragen wird? Kann ich mir denken, daß die ewige Dankbarkeit Italiens und
dessen Treue und Hilfe in allen Nöthen — wenn es einst erstarkt sein wird —
Ihrem Herzen und Ihrer Politik gleichgiltig sein sollte? Kann ich also zwei¬
feln, daß in dieser Sache Ihr Gefühl mit Ihrer Politik Hand in Hand geht?
Und wie sollte ich ihren Zusage» mißtrauen, da ich weiß, daß sie noch nie¬
mals einer andern Macht irgend eine Zusage gebrochen, weil Sie kein Ver¬
sprechen geben, ohne dessen Tragweite und Folgen gründlich erwogen zu haben?
Und endlich.-wie könnte ich vergessen, daß durch die Verbindung des Prinzen
Napoleon mit meiner Tochter die intimsten Beziehungen zwischen unsern beider¬
seitigen Familien begründet sind?

N. Ich bekräftige von Herzen und ausdrücklich jedes Wort, das Sie ge¬
sprochen haben. Also unbedingtes Einverständniß und Vertrauen zwischen uns
selbst dann, wenn die Ausführung meines Planes und die Nothwendigkeit,


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[0254] jetzt ein Frieden denken, wo unser Werk erst halb gethan ist. — wo unsere ge¬ heimen, aber feierlichen Verabredungen, wo die Programme, die Ew. Maj. wiederholt Italien und der Welt verkündet haben, noch bei Weitem nicht er¬ füllt sind? Soll der schöne und edle Plan zur Befreiung Italiens, an dem wir seit Jahren im Stillen gearbeitet, zu Schanden werde»? aufgegeben werden, nachdem wir in Folge einer fast beispiellosen Neihe von Siegen bereits den Mincio überschritten haben? N. Ich weiß, was Sie mir sagen können, was Sie beunruhigen kann. Ich sinne Tag und Nacht darüber und will Ihnen die Ergebnisse, zu denen ich gelangt bin. offen mittheilen, unter der Bedingung, das! sie zwischen uns Beiden unverbrüchliches Geheimniß bleiben, — daß selbst unsere nächsten Rath- geber und Vertrauten nur so viel davon erfahren, als zur Ausführung streng nöthig ist. Mein Plan erfordert ein solches Geheimniß. Ich halte ihn für gut und sicher, sogar für ziemlich fein. — aber er muß unfehlbar scheitern, wenn er vor der Zeit ruchtbnr wird. — Doch, ehe ich weiter spreche, sagen Sie mir freimüthig, ob Sie mir vollständig vertrauen? V. E. Mein Gott, wie sollte ich nicht? Kenne ich nicht die warme Sympathie, die Ew. Maj. Herz für das Wohl Italiens hegt? Weiß ich nicht, daß Sie dieses schöne Land als die Wiege ihrer ruhmvollen Familie betrach¬ ten und lieben; daß Sie einen Theil Ihrer Jugend dort verlebt und früher selbst für dessen Unabhängigkeit gekämpft haben; daß der Gedanke, es unter dein harten, unwürdigen und verhaßten Joch Oestreichs zu wissen, Ihrem Gefühl unerträglich sein muß; daß auch Ihr politisches Interesse dieses Joch nicht länger dulden kann? Weiß ich nicht, daß die uneigennützige Befreiung Italiens Ihren Namen in den Augen der ganzen civilisirten Welt aus den höchsten Gipfel des Ruhmes erheben, vor Allem aber Frankreich mit Bewun¬ derung erfüllen und somit zur festen Begründung Ihrer Dynastie mächtig bei¬ tragen wird? Kann ich mir denken, daß die ewige Dankbarkeit Italiens und dessen Treue und Hilfe in allen Nöthen — wenn es einst erstarkt sein wird — Ihrem Herzen und Ihrer Politik gleichgiltig sein sollte? Kann ich also zwei¬ feln, daß in dieser Sache Ihr Gefühl mit Ihrer Politik Hand in Hand geht? Und wie sollte ich ihren Zusage» mißtrauen, da ich weiß, daß sie noch nie¬ mals einer andern Macht irgend eine Zusage gebrochen, weil Sie kein Ver¬ sprechen geben, ohne dessen Tragweite und Folgen gründlich erwogen zu haben? Und endlich.-wie könnte ich vergessen, daß durch die Verbindung des Prinzen Napoleon mit meiner Tochter die intimsten Beziehungen zwischen unsern beider¬ seitigen Familien begründet sind? N. Ich bekräftige von Herzen und ausdrücklich jedes Wort, das Sie ge¬ sprochen haben. Also unbedingtes Einverständniß und Vertrauen zwischen uns selbst dann, wenn die Ausführung meines Planes und die Nothwendigkeit,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_108721/254>, abgerufen am 15.05.2024.