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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band.

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in der schleswigschen Ständeversammlung von 1857 als auf dem skandinavi¬
schen Kirchentage erklärt, daß diese gegen den Wunsch von 80 bis 90,000 da¬
von unmittelbar betroffenen Schleswigern vollzogene und bis jetzt noch nicht
einmal gemilderte Mahregel sich "mit kaum nennenswerthen Ausnahmen"
innerhalb derjenigen Kirchspiele bewege, welche die von Geerz 1838 ver¬
öffentlichte Sprachkarte (Eutin und Kiel, bei Baurmeister und Griem) als dä¬
nisch redende bezeichnet habe. Zur Widerlegung dieser Behauptung erklärt
Geerz S. n>9 der in untenstehender Anmerkung bezeichneten Schrift folgendes:

"Wir haben schon im Jahre 1838 auf unsrer Karte bezeichnet: als
rein deutsche Kirchspiele: Gekling. Vorderbrarup, Thumbye, Bock, Strux-
dorf und Schwesing; b) als überwiegend deutsche Kirchspiele: Esgrus,
Stcrup. Sörup, Satrup, Havetost, Uelsbye, Fahrenstedt, Treici, Jörl, Egge-
beck. Sieverstedt, Oevcrsee, Hürup, Husbye, Rüllschau, Adclbye, Munkbrarup,
Glücköburg. Neukirchen, Grundhof, Steinberg und Queren; e) als zur Hälfte
deutsch und dänische Kirchspiele: Klein soll. Groß Soll, "ut Olderup.
In diesen 31 Kirchspiele", sowie in 17 andern Kirchspielen, welche seit der
Reformation deutsche Kirchensprache, und seit etwa hundert Jahren deutsche
Schulsprache hatten, ist die deutsche Sprache beim Unterricht durch die däni¬
sche verdrängt und der deutsche Gottesdienst auf die Hälfte der Sonn- und
Festtage im Jahre beschränkt worden. Es hat mithin, selbst wenn wir bei
den Sprachverhältnissen vom Jahre 1838 stehen bleiben, und wenn die Wün¬
sche der Gemeinde" um Beibehaltung der deutschen Sprache nicht zu berück¬
sichtigen wären, in 6 Kirchspielen die Einführung der dänischen Sprache gar
keine Berechtigung; in 22 Kirchspielen mußten bei einem wöchentlichen Unter¬
richt von 30 Stunden die dänischen Unterrichtsstunden sich zu den deutschen
wie etwa 5 zu 25 (nicht wie jetzt der Fall wie 26 zu 4) und in 3 Kirch¬
spielen wie 15 zu 15 (nicht wie gegenwärtig wie 26 zu 4) verhalte". Daß
eine Parität beider Sprachen nach dein oben angegebenen Verhältniß hinsicht¬
lich des Schulunterrichts gar nicht stattfindet, und daß selbst das reglcmentirte
Minimum des deutschen Schulunterrichts von 4 Stunden wöchentlich, in den
"gemischten Districten" (!) der Propsteien Flensburg und Tondern nicht ertheilt
wird, verschweigt jene Erklärung ebenfalls, obgleich dies den Wortführern
der sogenannten nationaldänischen Partei sehr wohl bekannt war. Endlich ist
in obiger Erklärung die Thatsache verschwiegen, daß wenigstens in den Kirch¬
spielen Trala, Fahrenstedt, Uelsbye, Havetost, Satrup und Sörup die
dänische Sprache in Kirche und Schule keine Berechtigung in Anspruch neh¬
men kann."

Es ist kein Zweifel, daß durch diese Vorrückung der Sprachgrenze gegen
die Versprechungen der Bekanntmachung vom 28. Januar 1852 das Abkom¬
men verletzt ist, welches dem Kriege zwischen Deutschland und Dänemark ein


in der schleswigschen Ständeversammlung von 1857 als auf dem skandinavi¬
schen Kirchentage erklärt, daß diese gegen den Wunsch von 80 bis 90,000 da¬
von unmittelbar betroffenen Schleswigern vollzogene und bis jetzt noch nicht
einmal gemilderte Mahregel sich „mit kaum nennenswerthen Ausnahmen"
innerhalb derjenigen Kirchspiele bewege, welche die von Geerz 1838 ver¬
öffentlichte Sprachkarte (Eutin und Kiel, bei Baurmeister und Griem) als dä¬
nisch redende bezeichnet habe. Zur Widerlegung dieser Behauptung erklärt
Geerz S. n>9 der in untenstehender Anmerkung bezeichneten Schrift folgendes:

„Wir haben schon im Jahre 1838 auf unsrer Karte bezeichnet: als
rein deutsche Kirchspiele: Gekling. Vorderbrarup, Thumbye, Bock, Strux-
dorf und Schwesing; b) als überwiegend deutsche Kirchspiele: Esgrus,
Stcrup. Sörup, Satrup, Havetost, Uelsbye, Fahrenstedt, Treici, Jörl, Egge-
beck. Sieverstedt, Oevcrsee, Hürup, Husbye, Rüllschau, Adclbye, Munkbrarup,
Glücköburg. Neukirchen, Grundhof, Steinberg und Queren; e) als zur Hälfte
deutsch und dänische Kirchspiele: Klein soll. Groß Soll, »ut Olderup.
In diesen 31 Kirchspiele», sowie in 17 andern Kirchspielen, welche seit der
Reformation deutsche Kirchensprache, und seit etwa hundert Jahren deutsche
Schulsprache hatten, ist die deutsche Sprache beim Unterricht durch die däni¬
sche verdrängt und der deutsche Gottesdienst auf die Hälfte der Sonn- und
Festtage im Jahre beschränkt worden. Es hat mithin, selbst wenn wir bei
den Sprachverhältnissen vom Jahre 1838 stehen bleiben, und wenn die Wün¬
sche der Gemeinde» um Beibehaltung der deutschen Sprache nicht zu berück¬
sichtigen wären, in 6 Kirchspielen die Einführung der dänischen Sprache gar
keine Berechtigung; in 22 Kirchspielen mußten bei einem wöchentlichen Unter¬
richt von 30 Stunden die dänischen Unterrichtsstunden sich zu den deutschen
wie etwa 5 zu 25 (nicht wie jetzt der Fall wie 26 zu 4) und in 3 Kirch¬
spielen wie 15 zu 15 (nicht wie gegenwärtig wie 26 zu 4) verhalte«. Daß
eine Parität beider Sprachen nach dein oben angegebenen Verhältniß hinsicht¬
lich des Schulunterrichts gar nicht stattfindet, und daß selbst das reglcmentirte
Minimum des deutschen Schulunterrichts von 4 Stunden wöchentlich, in den
„gemischten Districten" (!) der Propsteien Flensburg und Tondern nicht ertheilt
wird, verschweigt jene Erklärung ebenfalls, obgleich dies den Wortführern
der sogenannten nationaldänischen Partei sehr wohl bekannt war. Endlich ist
in obiger Erklärung die Thatsache verschwiegen, daß wenigstens in den Kirch¬
spielen Trala, Fahrenstedt, Uelsbye, Havetost, Satrup und Sörup die
dänische Sprache in Kirche und Schule keine Berechtigung in Anspruch neh¬
men kann."

Es ist kein Zweifel, daß durch diese Vorrückung der Sprachgrenze gegen
die Versprechungen der Bekanntmachung vom 28. Januar 1852 das Abkom¬
men verletzt ist, welches dem Kriege zwischen Deutschland und Dänemark ein


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[0386] in der schleswigschen Ständeversammlung von 1857 als auf dem skandinavi¬ schen Kirchentage erklärt, daß diese gegen den Wunsch von 80 bis 90,000 da¬ von unmittelbar betroffenen Schleswigern vollzogene und bis jetzt noch nicht einmal gemilderte Mahregel sich „mit kaum nennenswerthen Ausnahmen" innerhalb derjenigen Kirchspiele bewege, welche die von Geerz 1838 ver¬ öffentlichte Sprachkarte (Eutin und Kiel, bei Baurmeister und Griem) als dä¬ nisch redende bezeichnet habe. Zur Widerlegung dieser Behauptung erklärt Geerz S. n>9 der in untenstehender Anmerkung bezeichneten Schrift folgendes: „Wir haben schon im Jahre 1838 auf unsrer Karte bezeichnet: als rein deutsche Kirchspiele: Gekling. Vorderbrarup, Thumbye, Bock, Strux- dorf und Schwesing; b) als überwiegend deutsche Kirchspiele: Esgrus, Stcrup. Sörup, Satrup, Havetost, Uelsbye, Fahrenstedt, Treici, Jörl, Egge- beck. Sieverstedt, Oevcrsee, Hürup, Husbye, Rüllschau, Adclbye, Munkbrarup, Glücköburg. Neukirchen, Grundhof, Steinberg und Queren; e) als zur Hälfte deutsch und dänische Kirchspiele: Klein soll. Groß Soll, »ut Olderup. In diesen 31 Kirchspiele», sowie in 17 andern Kirchspielen, welche seit der Reformation deutsche Kirchensprache, und seit etwa hundert Jahren deutsche Schulsprache hatten, ist die deutsche Sprache beim Unterricht durch die däni¬ sche verdrängt und der deutsche Gottesdienst auf die Hälfte der Sonn- und Festtage im Jahre beschränkt worden. Es hat mithin, selbst wenn wir bei den Sprachverhältnissen vom Jahre 1838 stehen bleiben, und wenn die Wün¬ sche der Gemeinde» um Beibehaltung der deutschen Sprache nicht zu berück¬ sichtigen wären, in 6 Kirchspielen die Einführung der dänischen Sprache gar keine Berechtigung; in 22 Kirchspielen mußten bei einem wöchentlichen Unter¬ richt von 30 Stunden die dänischen Unterrichtsstunden sich zu den deutschen wie etwa 5 zu 25 (nicht wie jetzt der Fall wie 26 zu 4) und in 3 Kirch¬ spielen wie 15 zu 15 (nicht wie gegenwärtig wie 26 zu 4) verhalte«. Daß eine Parität beider Sprachen nach dein oben angegebenen Verhältniß hinsicht¬ lich des Schulunterrichts gar nicht stattfindet, und daß selbst das reglcmentirte Minimum des deutschen Schulunterrichts von 4 Stunden wöchentlich, in den „gemischten Districten" (!) der Propsteien Flensburg und Tondern nicht ertheilt wird, verschweigt jene Erklärung ebenfalls, obgleich dies den Wortführern der sogenannten nationaldänischen Partei sehr wohl bekannt war. Endlich ist in obiger Erklärung die Thatsache verschwiegen, daß wenigstens in den Kirch¬ spielen Trala, Fahrenstedt, Uelsbye, Havetost, Satrup und Sörup die dänische Sprache in Kirche und Schule keine Berechtigung in Anspruch neh¬ men kann." Es ist kein Zweifel, daß durch diese Vorrückung der Sprachgrenze gegen die Versprechungen der Bekanntmachung vom 28. Januar 1852 das Abkom¬ men verletzt ist, welches dem Kriege zwischen Deutschland und Dänemark ein

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_108721/386>, abgerufen am 15.05.2024.