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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band.

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jenseit des Hudson und des Eastrivcr gelegnen Nachbarstädten nicht weniger
als zwölf. Der älteste und stärkste darunter ist der 1347 gestiftete Lieder-
Kranz, der jetzt 450 Mitglieder hat. Die übrigen sind: die Männergesang¬
vereine Arion, Lyra und Teutonia und die auch auf Frauenstimmen berech¬
neten Gesellschaften Colonia, Harmonie, Rheinischer Sängerbund, Germania,
Uhlandbund, Mozartverein und Sängerrunde. Sehr zahlreich sind die ver¬
schiedenen blos der Geselligkeit gewidmeten Klubs und Kasinos, das kleine
Hoboken besitzt deren allein schon vier.

Praktischen Zwecken dienen: die deutsche Gesellschaft, welche sich um die
Einwanderer sehr wesentliche Verdienste erworben und es endlich dahin ge¬
bracht hat. daß der Menscheufang am Hafen und die Ausbeutung der An¬
kömmlinge auf amerikanischem Boden bis auf geringe Spuren verschwunden
sind, die Lebcnsversicherungsanstalt Concordia, die über ein Baarkapital und
einen angehäuften Fond von über eine halbe Million Dollars verfügt, die
Feuerversicherungsanstalt Germanin, mit einem Kapital von 200,000 Dollars,
die deutsche Sparbank im Cooper-Institut, die deutsche gegenseitige Unter-
stützungsgescllschaft für Wittwen und Waisen, der 150 Mitglieder zählende
Hülssverein für Commis, der deutsch-amerikanische Lehrerverein, die gegen¬
seitige Unterstützungsgesellschast Frank'Jm, der deutsche Porterverein (Porter ist
Markthelfer), der Arbeiterverein der elften Ward, die wohlthätige Zwecke ver¬
folgende Gesellschaft "Schützende Freunde" und der Gewerbeverein. "Auf wissen¬
schaftliche Basis gegründete Geselligkeit" erstrebt der 1857 gestiftete Klub
Urania.

Ferner sind zu nennen: der sehr starke Turnverein, der aus etwa 100
Mitgliedern bestehende Klub der Socialreformer, der Communisten-Klub und der
Schachklub Germania.

Deutsche Bankhäuser befinden sich in Neuyork gegenwärtig elf, deutsche
Firmen, welche das Kommissionsgeschäft betreiben, zählt man 83, deutsche
Importeure 296. darunter viele Schweizer, Wechselmäkler 16, Spediteure 10,
Waarenmakler 13. Deutsche Buchhandlungen besitzt Neuyork 6, die angese¬
hensten sind die von Westermann und Nadde. Musikalienhandlungen, deren
Besitzer Deutsche sind, trifft man drei, derartige Luchdruckereien 12, Pianoforte¬
fabriken 11. Endlich mag noch Erwähnung verdienen, daß 12 zum Theil
sehr große Zuckersiedereien von Deutschen betrieben werden.

Wir kommen zum Schluß unsrer Skizze. Allgemein zugestanden wird,
daß unsre Landsleute in Neuyork sich im Durchschnitt durch Fleiß und Betrieb¬
samkeit vortheilhaft auszeichnen, während sie den Amerikanern an Unterneh¬
mungsgeist nachstehen. Daß die Sparsamkeit, welche die niedere Klasse der
Plattdeutschen charakterisier, sich nicht selten auf Kosten des Gemeinsinnes und
des Bildungstriebes äußert, ist weniger erfreulich, aber ebenso wahr. Die


jenseit des Hudson und des Eastrivcr gelegnen Nachbarstädten nicht weniger
als zwölf. Der älteste und stärkste darunter ist der 1347 gestiftete Lieder-
Kranz, der jetzt 450 Mitglieder hat. Die übrigen sind: die Männergesang¬
vereine Arion, Lyra und Teutonia und die auch auf Frauenstimmen berech¬
neten Gesellschaften Colonia, Harmonie, Rheinischer Sängerbund, Germania,
Uhlandbund, Mozartverein und Sängerrunde. Sehr zahlreich sind die ver¬
schiedenen blos der Geselligkeit gewidmeten Klubs und Kasinos, das kleine
Hoboken besitzt deren allein schon vier.

Praktischen Zwecken dienen: die deutsche Gesellschaft, welche sich um die
Einwanderer sehr wesentliche Verdienste erworben und es endlich dahin ge¬
bracht hat. daß der Menscheufang am Hafen und die Ausbeutung der An¬
kömmlinge auf amerikanischem Boden bis auf geringe Spuren verschwunden
sind, die Lebcnsversicherungsanstalt Concordia, die über ein Baarkapital und
einen angehäuften Fond von über eine halbe Million Dollars verfügt, die
Feuerversicherungsanstalt Germanin, mit einem Kapital von 200,000 Dollars,
die deutsche Sparbank im Cooper-Institut, die deutsche gegenseitige Unter-
stützungsgescllschaft für Wittwen und Waisen, der 150 Mitglieder zählende
Hülssverein für Commis, der deutsch-amerikanische Lehrerverein, die gegen¬
seitige Unterstützungsgesellschast Frank'Jm, der deutsche Porterverein (Porter ist
Markthelfer), der Arbeiterverein der elften Ward, die wohlthätige Zwecke ver¬
folgende Gesellschaft „Schützende Freunde" und der Gewerbeverein. „Auf wissen¬
schaftliche Basis gegründete Geselligkeit" erstrebt der 1857 gestiftete Klub
Urania.

Ferner sind zu nennen: der sehr starke Turnverein, der aus etwa 100
Mitgliedern bestehende Klub der Socialreformer, der Communisten-Klub und der
Schachklub Germania.

Deutsche Bankhäuser befinden sich in Neuyork gegenwärtig elf, deutsche
Firmen, welche das Kommissionsgeschäft betreiben, zählt man 83, deutsche
Importeure 296. darunter viele Schweizer, Wechselmäkler 16, Spediteure 10,
Waarenmakler 13. Deutsche Buchhandlungen besitzt Neuyork 6, die angese¬
hensten sind die von Westermann und Nadde. Musikalienhandlungen, deren
Besitzer Deutsche sind, trifft man drei, derartige Luchdruckereien 12, Pianoforte¬
fabriken 11. Endlich mag noch Erwähnung verdienen, daß 12 zum Theil
sehr große Zuckersiedereien von Deutschen betrieben werden.

Wir kommen zum Schluß unsrer Skizze. Allgemein zugestanden wird,
daß unsre Landsleute in Neuyork sich im Durchschnitt durch Fleiß und Betrieb¬
samkeit vortheilhaft auszeichnen, während sie den Amerikanern an Unterneh¬
mungsgeist nachstehen. Daß die Sparsamkeit, welche die niedere Klasse der
Plattdeutschen charakterisier, sich nicht selten auf Kosten des Gemeinsinnes und
des Bildungstriebes äußert, ist weniger erfreulich, aber ebenso wahr. Die


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[0393] jenseit des Hudson und des Eastrivcr gelegnen Nachbarstädten nicht weniger als zwölf. Der älteste und stärkste darunter ist der 1347 gestiftete Lieder- Kranz, der jetzt 450 Mitglieder hat. Die übrigen sind: die Männergesang¬ vereine Arion, Lyra und Teutonia und die auch auf Frauenstimmen berech¬ neten Gesellschaften Colonia, Harmonie, Rheinischer Sängerbund, Germania, Uhlandbund, Mozartverein und Sängerrunde. Sehr zahlreich sind die ver¬ schiedenen blos der Geselligkeit gewidmeten Klubs und Kasinos, das kleine Hoboken besitzt deren allein schon vier. Praktischen Zwecken dienen: die deutsche Gesellschaft, welche sich um die Einwanderer sehr wesentliche Verdienste erworben und es endlich dahin ge¬ bracht hat. daß der Menscheufang am Hafen und die Ausbeutung der An¬ kömmlinge auf amerikanischem Boden bis auf geringe Spuren verschwunden sind, die Lebcnsversicherungsanstalt Concordia, die über ein Baarkapital und einen angehäuften Fond von über eine halbe Million Dollars verfügt, die Feuerversicherungsanstalt Germanin, mit einem Kapital von 200,000 Dollars, die deutsche Sparbank im Cooper-Institut, die deutsche gegenseitige Unter- stützungsgescllschaft für Wittwen und Waisen, der 150 Mitglieder zählende Hülssverein für Commis, der deutsch-amerikanische Lehrerverein, die gegen¬ seitige Unterstützungsgesellschast Frank'Jm, der deutsche Porterverein (Porter ist Markthelfer), der Arbeiterverein der elften Ward, die wohlthätige Zwecke ver¬ folgende Gesellschaft „Schützende Freunde" und der Gewerbeverein. „Auf wissen¬ schaftliche Basis gegründete Geselligkeit" erstrebt der 1857 gestiftete Klub Urania. Ferner sind zu nennen: der sehr starke Turnverein, der aus etwa 100 Mitgliedern bestehende Klub der Socialreformer, der Communisten-Klub und der Schachklub Germania. Deutsche Bankhäuser befinden sich in Neuyork gegenwärtig elf, deutsche Firmen, welche das Kommissionsgeschäft betreiben, zählt man 83, deutsche Importeure 296. darunter viele Schweizer, Wechselmäkler 16, Spediteure 10, Waarenmakler 13. Deutsche Buchhandlungen besitzt Neuyork 6, die angese¬ hensten sind die von Westermann und Nadde. Musikalienhandlungen, deren Besitzer Deutsche sind, trifft man drei, derartige Luchdruckereien 12, Pianoforte¬ fabriken 11. Endlich mag noch Erwähnung verdienen, daß 12 zum Theil sehr große Zuckersiedereien von Deutschen betrieben werden. Wir kommen zum Schluß unsrer Skizze. Allgemein zugestanden wird, daß unsre Landsleute in Neuyork sich im Durchschnitt durch Fleiß und Betrieb¬ samkeit vortheilhaft auszeichnen, während sie den Amerikanern an Unterneh¬ mungsgeist nachstehen. Daß die Sparsamkeit, welche die niedere Klasse der Plattdeutschen charakterisier, sich nicht selten auf Kosten des Gemeinsinnes und des Bildungstriebes äußert, ist weniger erfreulich, aber ebenso wahr. Die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_108721/393>, abgerufen am 15.05.2024.