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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band.

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Tarif aus der Zeit der Antonine: Gewürze, Medikamente, Baumwollen¬
gewebe, orientalische Pelzwaaren, Elfenbein, indisches Eisen, Edelsteine, Opi¬
ate, indische Matten, Seide, halbseidene Stoffe, Eunuchen, Löwen. Leoparden
und Panther. Farben und feine indische Wolle. Der Zollsatz betrug fast im¬
mer 2V" Prozent vom Werthe der Waare, in Sicilien dagegen 5 Prozent
und ebensoviel vom Werthe der freigelassenen Sklaven; die indischen Waaren
zahlten in den Hufen des rothen Meeres eine Importsteuer von 25 Prozent.
Die Hauptstadt befand sich bei diesen Zolleinrichtungen um schlimmsten, ihr
Handel war blos passiv, da die Ausfuhr kaum in Betracht kam. ja nicht
einmal das einträgliche Transportgeschäft nährte einen Römer, da alle Kauf¬
leute aus den Provinzen ihre und die weiter herkommenden Produkte selbst
nach Italien verschifften. Den Betrag der aus Indien allein jährlich impor-
tirten Waaren gibt Plinius auf beinah 4 Millionen an. Wenn man nun
rechnet, daß dieselben im Rothen Meere einen hohen Eingangszoll, an den
Nilmündungen wieder Ausgangszoll und in Italien zum zweiten Male Ein¬
gangssteuer zahlten und daß z. B. die Transportkosten einer Kameellast Weih¬
rauch vom glücklichen Arabien bis an die italienische Küste über 150 Thlr.
betrug, so wird man der Versicherung desselben Gelehrten Glauben schenken,
daß sich der Verkaufspreis in Rom auf das Hundertfache des Einkaufspreises
gesteigert habe. Die Generalpächtcrgesellschasten. welche für die Zölle die
ganze Kaiserzeit hindurch fortbestanden haben, mögen freilich dabei den schön-
sten Gewinn gezogen haben. Schließlich sei noch bemerkt, daß man in der
Kaiserzeit auch auf Land- und Wasserstraßen Durchgangsstcuern. Chaussee-
Kanal- und Brückengelder zahlen mußte. Cäsar spricht von den großen
Wegegeldern in den Alpen, die Marsen ter erhoben an der Einfahrt des
Rhonekanals, den sie doch von Marius geschenkt bekommen hatten, einen
Sundzoll, wie einst die Athener im Bosporus, und nach einer Stelle bei
Strabo scheint es fast, als seien damals schon Schlagbäume zur Sperrung
in Anwendung gekommen! Wenn so die Kapitalisten und Aktiengesellschaften
hinreichende Gelegenheit fanden, ihr Vermögen arbeiten und steigen zu lassen,
so verdienten sie außerdem bekanntlich noch sehr viel dadurch, daß sie ihre
Anwesenheit in den Provinzen dazu benutzten, durch Banquier- und Wucher¬
geschäste gegen unerhörte Zinsen den erschöpften Kassen der Provinziellen zu
Hülfe zu kommen. Da wir indeß diese Schattenseite ihrer Thätigkeit heute
nicht in Betracht ziehen wollen, stehe hier nur noch der Ausspruch des Livius:
"Wo ein Gcneralpächter existirt, ist entweder das öffentliche Recht eine Lüge
oder es kann von der Freiheit der Bundesgenossen keine Rede sein."


H. G.


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Tarif aus der Zeit der Antonine: Gewürze, Medikamente, Baumwollen¬
gewebe, orientalische Pelzwaaren, Elfenbein, indisches Eisen, Edelsteine, Opi¬
ate, indische Matten, Seide, halbseidene Stoffe, Eunuchen, Löwen. Leoparden
und Panther. Farben und feine indische Wolle. Der Zollsatz betrug fast im¬
mer 2V» Prozent vom Werthe der Waare, in Sicilien dagegen 5 Prozent
und ebensoviel vom Werthe der freigelassenen Sklaven; die indischen Waaren
zahlten in den Hufen des rothen Meeres eine Importsteuer von 25 Prozent.
Die Hauptstadt befand sich bei diesen Zolleinrichtungen um schlimmsten, ihr
Handel war blos passiv, da die Ausfuhr kaum in Betracht kam. ja nicht
einmal das einträgliche Transportgeschäft nährte einen Römer, da alle Kauf¬
leute aus den Provinzen ihre und die weiter herkommenden Produkte selbst
nach Italien verschifften. Den Betrag der aus Indien allein jährlich impor-
tirten Waaren gibt Plinius auf beinah 4 Millionen an. Wenn man nun
rechnet, daß dieselben im Rothen Meere einen hohen Eingangszoll, an den
Nilmündungen wieder Ausgangszoll und in Italien zum zweiten Male Ein¬
gangssteuer zahlten und daß z. B. die Transportkosten einer Kameellast Weih¬
rauch vom glücklichen Arabien bis an die italienische Küste über 150 Thlr.
betrug, so wird man der Versicherung desselben Gelehrten Glauben schenken,
daß sich der Verkaufspreis in Rom auf das Hundertfache des Einkaufspreises
gesteigert habe. Die Generalpächtcrgesellschasten. welche für die Zölle die
ganze Kaiserzeit hindurch fortbestanden haben, mögen freilich dabei den schön-
sten Gewinn gezogen haben. Schließlich sei noch bemerkt, daß man in der
Kaiserzeit auch auf Land- und Wasserstraßen Durchgangsstcuern. Chaussee-
Kanal- und Brückengelder zahlen mußte. Cäsar spricht von den großen
Wegegeldern in den Alpen, die Marsen ter erhoben an der Einfahrt des
Rhonekanals, den sie doch von Marius geschenkt bekommen hatten, einen
Sundzoll, wie einst die Athener im Bosporus, und nach einer Stelle bei
Strabo scheint es fast, als seien damals schon Schlagbäume zur Sperrung
in Anwendung gekommen! Wenn so die Kapitalisten und Aktiengesellschaften
hinreichende Gelegenheit fanden, ihr Vermögen arbeiten und steigen zu lassen,
so verdienten sie außerdem bekanntlich noch sehr viel dadurch, daß sie ihre
Anwesenheit in den Provinzen dazu benutzten, durch Banquier- und Wucher¬
geschäste gegen unerhörte Zinsen den erschöpften Kassen der Provinziellen zu
Hülfe zu kommen. Da wir indeß diese Schattenseite ihrer Thätigkeit heute
nicht in Betracht ziehen wollen, stehe hier nur noch der Ausspruch des Livius:
„Wo ein Gcneralpächter existirt, ist entweder das öffentliche Recht eine Lüge
oder es kann von der Freiheit der Bundesgenossen keine Rede sein."


H. G.


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[0407] Tarif aus der Zeit der Antonine: Gewürze, Medikamente, Baumwollen¬ gewebe, orientalische Pelzwaaren, Elfenbein, indisches Eisen, Edelsteine, Opi¬ ate, indische Matten, Seide, halbseidene Stoffe, Eunuchen, Löwen. Leoparden und Panther. Farben und feine indische Wolle. Der Zollsatz betrug fast im¬ mer 2V» Prozent vom Werthe der Waare, in Sicilien dagegen 5 Prozent und ebensoviel vom Werthe der freigelassenen Sklaven; die indischen Waaren zahlten in den Hufen des rothen Meeres eine Importsteuer von 25 Prozent. Die Hauptstadt befand sich bei diesen Zolleinrichtungen um schlimmsten, ihr Handel war blos passiv, da die Ausfuhr kaum in Betracht kam. ja nicht einmal das einträgliche Transportgeschäft nährte einen Römer, da alle Kauf¬ leute aus den Provinzen ihre und die weiter herkommenden Produkte selbst nach Italien verschifften. Den Betrag der aus Indien allein jährlich impor- tirten Waaren gibt Plinius auf beinah 4 Millionen an. Wenn man nun rechnet, daß dieselben im Rothen Meere einen hohen Eingangszoll, an den Nilmündungen wieder Ausgangszoll und in Italien zum zweiten Male Ein¬ gangssteuer zahlten und daß z. B. die Transportkosten einer Kameellast Weih¬ rauch vom glücklichen Arabien bis an die italienische Küste über 150 Thlr. betrug, so wird man der Versicherung desselben Gelehrten Glauben schenken, daß sich der Verkaufspreis in Rom auf das Hundertfache des Einkaufspreises gesteigert habe. Die Generalpächtcrgesellschasten. welche für die Zölle die ganze Kaiserzeit hindurch fortbestanden haben, mögen freilich dabei den schön- sten Gewinn gezogen haben. Schließlich sei noch bemerkt, daß man in der Kaiserzeit auch auf Land- und Wasserstraßen Durchgangsstcuern. Chaussee- Kanal- und Brückengelder zahlen mußte. Cäsar spricht von den großen Wegegeldern in den Alpen, die Marsen ter erhoben an der Einfahrt des Rhonekanals, den sie doch von Marius geschenkt bekommen hatten, einen Sundzoll, wie einst die Athener im Bosporus, und nach einer Stelle bei Strabo scheint es fast, als seien damals schon Schlagbäume zur Sperrung in Anwendung gekommen! Wenn so die Kapitalisten und Aktiengesellschaften hinreichende Gelegenheit fanden, ihr Vermögen arbeiten und steigen zu lassen, so verdienten sie außerdem bekanntlich noch sehr viel dadurch, daß sie ihre Anwesenheit in den Provinzen dazu benutzten, durch Banquier- und Wucher¬ geschäste gegen unerhörte Zinsen den erschöpften Kassen der Provinziellen zu Hülfe zu kommen. Da wir indeß diese Schattenseite ihrer Thätigkeit heute nicht in Betracht ziehen wollen, stehe hier nur noch der Ausspruch des Livius: „Wo ein Gcneralpächter existirt, ist entweder das öffentliche Recht eine Lüge oder es kann von der Freiheit der Bundesgenossen keine Rede sein." H. G. 50*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_108721/407>, abgerufen am 14.05.2024.