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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band.

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heilen erhalten, wie das außerordentlich zweckmäßige Plaid, das gegenwärtig
bei den Reisenden aller Nationen Anerkennung gesunden hat, die bequeme
schottische Kappe, die gewürfelten Stoffe, welche die allgemeine Farblosigkeit
unserer Kleidung angenehm unterbrechen, und die charaktervoller Schmucksachen
5ur Herren und Damen, jene Broschen, Schnallen und Ringe, die mit rüh¬
render T^cuc den tausendjährigen keltischen Originalen nachgebildet und mit
den hübschen schottischen Steinen (Cairngorms) geziert werden.

Einzelne volksthümliche Züge finden sich anch in der Einrichtung der äl¬
teren Häuser. Hier öffnet uns kein Diener oder Mädchen, sondern die Thür
springt durch eine unsichtbare Vorrichtung auf. Oder wenn es unser eigenes
Haus ist, so schließe" wir mit einem Schlüssel auf, dessen Bart nicht senkrecht,
sondern wagrecht steht und durch den die Klinke in die Höhe gehoben wird.
Wir steigen dann eine steinerne Treppe hinauf, die ohne Flur oder Vorhalle
uus unmittelbar ins zweite Stock zu führen pflegt, wenn nicht unser Freund
das meist zu Läden u. tgi. benutzte Erdgeschoß bewohnt. Die Häuser sind
nämlich nach Stockwerken (hier Flats genannt) abgetheilt, so daß in der Regel
das Erdgeschoß mit dem ersten, sowie das zweite mit dem dritten Stock für
sich bestehende Hänser bilden. Etwas Aehnliches soll sich hier und da auch in
Hamburg finden. Ein vollständiges Hans nach edinburger Begriffen hat demnach
drei Thüren dicht neben einander, die linke und rechte für je eine Hälfte des
Erdgeschosses nebst erstem Stock, die mittelste dagegen gemeinsam für die bei¬
den Hülsten des zweiten mit dem dritten Stockwerke, so daß das ganze Haus
in vier Wohnungen oder Häuser zerfällt. Diese Fiats werden sogar als selb¬
ständige Häuser verkauft, und wenn Jemand hier ein Huus besitzt, so heißt
das in der Regel einen oder zwei Flats. Der Käufer muß übrigeus dem ur¬
sprünglichen Eigenthümer (Overlord) außer dem Kaufpreise noch eine jährliche
Abgabe von einigen Pfunden zahlen (Fen-duty), was sich offenbar als ein
Ueberbleibsel des Lehnrcchts zu erkennen gibt. Diese sonderbare Einrichtung
der Stockwerk-Häuser beruht 'auf der Abneigung der Engländer und Schotten
mit Fremden unter demselben Dache zu wohnen. Jede Familie will ihr ab¬
geschlossenes Wohnhaus haben, und verabscheut die kasernenartige Zusammen-
stopfung zahlreicher Familien in einem und demselben Hause, wie sie auf dem
Festlande üblich ist. Die englische Einrichtung der kleinen, wo möglich frei¬
stehenden Hänser für jede Familie findet daher auch in Schottland immer
mehr Anklang und Nachahmung; man nennt solche Häuser hier "Seis-contained
houses". Im Uebrigen gleicht die häusliche Einrichtung der Schotten durch¬
aus der englischen. Wir finden in den Zimmern dieselben Teppiche, deren
Mangel den Engländern und Schotten als ein sicheres Kennzeichen eines ärm¬
lichen und nur halb gebildeten Volkes zu gelten pflegt, dieselben Kamine. Fen¬
ster und Wandschränke, dieselben quadratischen Himmelbetten. Der sogenannte


heilen erhalten, wie das außerordentlich zweckmäßige Plaid, das gegenwärtig
bei den Reisenden aller Nationen Anerkennung gesunden hat, die bequeme
schottische Kappe, die gewürfelten Stoffe, welche die allgemeine Farblosigkeit
unserer Kleidung angenehm unterbrechen, und die charaktervoller Schmucksachen
5ur Herren und Damen, jene Broschen, Schnallen und Ringe, die mit rüh¬
render T^cuc den tausendjährigen keltischen Originalen nachgebildet und mit
den hübschen schottischen Steinen (Cairngorms) geziert werden.

Einzelne volksthümliche Züge finden sich anch in der Einrichtung der äl¬
teren Häuser. Hier öffnet uns kein Diener oder Mädchen, sondern die Thür
springt durch eine unsichtbare Vorrichtung auf. Oder wenn es unser eigenes
Haus ist, so schließe» wir mit einem Schlüssel auf, dessen Bart nicht senkrecht,
sondern wagrecht steht und durch den die Klinke in die Höhe gehoben wird.
Wir steigen dann eine steinerne Treppe hinauf, die ohne Flur oder Vorhalle
uus unmittelbar ins zweite Stock zu führen pflegt, wenn nicht unser Freund
das meist zu Läden u. tgi. benutzte Erdgeschoß bewohnt. Die Häuser sind
nämlich nach Stockwerken (hier Flats genannt) abgetheilt, so daß in der Regel
das Erdgeschoß mit dem ersten, sowie das zweite mit dem dritten Stock für
sich bestehende Hänser bilden. Etwas Aehnliches soll sich hier und da auch in
Hamburg finden. Ein vollständiges Hans nach edinburger Begriffen hat demnach
drei Thüren dicht neben einander, die linke und rechte für je eine Hälfte des
Erdgeschosses nebst erstem Stock, die mittelste dagegen gemeinsam für die bei¬
den Hülsten des zweiten mit dem dritten Stockwerke, so daß das ganze Haus
in vier Wohnungen oder Häuser zerfällt. Diese Fiats werden sogar als selb¬
ständige Häuser verkauft, und wenn Jemand hier ein Huus besitzt, so heißt
das in der Regel einen oder zwei Flats. Der Käufer muß übrigeus dem ur¬
sprünglichen Eigenthümer (Overlord) außer dem Kaufpreise noch eine jährliche
Abgabe von einigen Pfunden zahlen (Fen-duty), was sich offenbar als ein
Ueberbleibsel des Lehnrcchts zu erkennen gibt. Diese sonderbare Einrichtung
der Stockwerk-Häuser beruht 'auf der Abneigung der Engländer und Schotten
mit Fremden unter demselben Dache zu wohnen. Jede Familie will ihr ab¬
geschlossenes Wohnhaus haben, und verabscheut die kasernenartige Zusammen-
stopfung zahlreicher Familien in einem und demselben Hause, wie sie auf dem
Festlande üblich ist. Die englische Einrichtung der kleinen, wo möglich frei¬
stehenden Hänser für jede Familie findet daher auch in Schottland immer
mehr Anklang und Nachahmung; man nennt solche Häuser hier „Seis-contained
houses". Im Uebrigen gleicht die häusliche Einrichtung der Schotten durch¬
aus der englischen. Wir finden in den Zimmern dieselben Teppiche, deren
Mangel den Engländern und Schotten als ein sicheres Kennzeichen eines ärm¬
lichen und nur halb gebildeten Volkes zu gelten pflegt, dieselben Kamine. Fen¬
ster und Wandschränke, dieselben quadratischen Himmelbetten. Der sogenannte


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_109805/352>, abgerufen am 21.05.2024.