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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band.

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pen, die sämmtlich Länder sind, von denen aus die germanische Herrschaft
und das Christenthum von den Zeiten Karls des Großen an nach Norden
vordrangen und unter den Ottonen sich befestigten. Der erste dieser Kreise
findet sich an den Küsten der Nordsee, wo Hamburg und Bremen die Punkte
bildeten, an welchen die Hebel zur Unterwerfung und Bekehrung des trans-
a!bingischen Sachsen- und Wendenlandes Holstein angesetzt wurden. Den
zweiten Kreis bildet das Gebiet des Erzbisthums Magdeburg, zu welchem die
Rolandsbilder im Saalgau, in der Altmark, in Thüringen und Meißen ge¬
hören, wo es ebenfalls eingedrungene Slaven zu unterwerfen galt. Die
dritte Gruppe endlich umfaßt die Rolande im Brandenburgischen, in der Prieg"
unz und der Acker- und Neumark, die unter den Assaniern errichtet wurden.
Letztre waren ein streitfertiges und bildsames, unaufhörlich erwerbendes und
zugleich freigebiges Geschlecht, auf dessen Spuren allenthalben Leben sproßte,
und unter dem das sächsische Recht sich über weite Kreise Eingang ver-
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Das Material der Nolandsbilder war in der ältesten Zeit unzweifelhaft
Holz. Noch finden sich solche hölzerne Rolande zu Nordhausen. Calbe, Zeh-
den und Potzlow, und mit Bestimmtheit weiß man, daß auch die Rolande
zu Burg. Belgern, Halle, Magdeburg, Prenzlcui, Bramstedt und Wedel
(letztere Orte liegen in Holstein) ursprünglich von Holz waren und erst spät
durch Steinbilder ersetzt wurden. Bei der Ausführung wurde nicht sowol an
Befriedigung des ästhetischen Sinns, als vielmehr daran gedacht, durch eine
rüstige Gestalt zu imponiren. den Eindruck des Gewaltigen und schreckhaften
zu machen. Die durchschnittliche Größe der Statuen scheint 13 bis 14 Fuß
gewesen zu sein, doch sind die in Perleberg, Wedel, Bremen und nament¬
lich der in Belgern. welcher bei einer Höhe von 9 Ellen 8V, Zo" wol der
kolossalste ist. beträchtlich größer.

Was den Typus betrifft, so stellen alle Rolande einen aufrechtstehenden
bewaffneten Mann in ernster gebietender Haltung, viele einen jugendlichen
bartlosen Mann dar. und zwar haben letztere wol die ursprüngliche Form
am meisten bewahrt, da es unter den Ottonen Sitte der sächsischen Vorneh¬
men war. das Gesicht bartfrei zu halten. Das Haupthaar erscheint bei allen
voll und lockig, die Augen groß und mehr rund als eiförmig, wie man dies
regelmäßig bei Bildnissen und auf Münzen aus dem zehnten Jahrhundert
findet. Das Haupt ist in der Regel unbedeckt, doch tragen zwei Rolande, der
zu Wedel und der zu Nordhausen, eine Königskrone, andere einen Fürstenhut,
eine Bischofsmütze oder einen Helm. Zöpfl hält die Bedeckung mit der Kö¬
nigskrone für die ältere Form, und Fürstenhut, Bischofsmütze, Helm U. s. w. für
Umgestaltungen einer späteren Zeit, die den Sinn des Bildes nicht mehr
verstand. Die baarhäuptigen Rolande erklärt er sich daraus, daß die Kronen


pen, die sämmtlich Länder sind, von denen aus die germanische Herrschaft
und das Christenthum von den Zeiten Karls des Großen an nach Norden
vordrangen und unter den Ottonen sich befestigten. Der erste dieser Kreise
findet sich an den Küsten der Nordsee, wo Hamburg und Bremen die Punkte
bildeten, an welchen die Hebel zur Unterwerfung und Bekehrung des trans-
a!bingischen Sachsen- und Wendenlandes Holstein angesetzt wurden. Den
zweiten Kreis bildet das Gebiet des Erzbisthums Magdeburg, zu welchem die
Rolandsbilder im Saalgau, in der Altmark, in Thüringen und Meißen ge¬
hören, wo es ebenfalls eingedrungene Slaven zu unterwerfen galt. Die
dritte Gruppe endlich umfaßt die Rolande im Brandenburgischen, in der Prieg«
unz und der Acker- und Neumark, die unter den Assaniern errichtet wurden.
Letztre waren ein streitfertiges und bildsames, unaufhörlich erwerbendes und
zugleich freigebiges Geschlecht, auf dessen Spuren allenthalben Leben sproßte,
und unter dem das sächsische Recht sich über weite Kreise Eingang ver-
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Das Material der Nolandsbilder war in der ältesten Zeit unzweifelhaft
Holz. Noch finden sich solche hölzerne Rolande zu Nordhausen. Calbe, Zeh-
den und Potzlow, und mit Bestimmtheit weiß man, daß auch die Rolande
zu Burg. Belgern, Halle, Magdeburg, Prenzlcui, Bramstedt und Wedel
(letztere Orte liegen in Holstein) ursprünglich von Holz waren und erst spät
durch Steinbilder ersetzt wurden. Bei der Ausführung wurde nicht sowol an
Befriedigung des ästhetischen Sinns, als vielmehr daran gedacht, durch eine
rüstige Gestalt zu imponiren. den Eindruck des Gewaltigen und schreckhaften
zu machen. Die durchschnittliche Größe der Statuen scheint 13 bis 14 Fuß
gewesen zu sein, doch sind die in Perleberg, Wedel, Bremen und nament¬
lich der in Belgern. welcher bei einer Höhe von 9 Ellen 8V, Zo« wol der
kolossalste ist. beträchtlich größer.

Was den Typus betrifft, so stellen alle Rolande einen aufrechtstehenden
bewaffneten Mann in ernster gebietender Haltung, viele einen jugendlichen
bartlosen Mann dar. und zwar haben letztere wol die ursprüngliche Form
am meisten bewahrt, da es unter den Ottonen Sitte der sächsischen Vorneh¬
men war. das Gesicht bartfrei zu halten. Das Haupthaar erscheint bei allen
voll und lockig, die Augen groß und mehr rund als eiförmig, wie man dies
regelmäßig bei Bildnissen und auf Münzen aus dem zehnten Jahrhundert
findet. Das Haupt ist in der Regel unbedeckt, doch tragen zwei Rolande, der
zu Wedel und der zu Nordhausen, eine Königskrone, andere einen Fürstenhut,
eine Bischofsmütze oder einen Helm. Zöpfl hält die Bedeckung mit der Kö¬
nigskrone für die ältere Form, und Fürstenhut, Bischofsmütze, Helm U. s. w. für
Umgestaltungen einer späteren Zeit, die den Sinn des Bildes nicht mehr
verstand. Die baarhäuptigen Rolande erklärt er sich daraus, daß die Kronen


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[0386] pen, die sämmtlich Länder sind, von denen aus die germanische Herrschaft und das Christenthum von den Zeiten Karls des Großen an nach Norden vordrangen und unter den Ottonen sich befestigten. Der erste dieser Kreise findet sich an den Küsten der Nordsee, wo Hamburg und Bremen die Punkte bildeten, an welchen die Hebel zur Unterwerfung und Bekehrung des trans- a!bingischen Sachsen- und Wendenlandes Holstein angesetzt wurden. Den zweiten Kreis bildet das Gebiet des Erzbisthums Magdeburg, zu welchem die Rolandsbilder im Saalgau, in der Altmark, in Thüringen und Meißen ge¬ hören, wo es ebenfalls eingedrungene Slaven zu unterwerfen galt. Die dritte Gruppe endlich umfaßt die Rolande im Brandenburgischen, in der Prieg« unz und der Acker- und Neumark, die unter den Assaniern errichtet wurden. Letztre waren ein streitfertiges und bildsames, unaufhörlich erwerbendes und zugleich freigebiges Geschlecht, auf dessen Spuren allenthalben Leben sproßte, und unter dem das sächsische Recht sich über weite Kreise Eingang ver- 'schgM.,, ' it'!^»^ ' , i'/ ,,' < ü'-^un - ' ' ^, , Das Material der Nolandsbilder war in der ältesten Zeit unzweifelhaft Holz. Noch finden sich solche hölzerne Rolande zu Nordhausen. Calbe, Zeh- den und Potzlow, und mit Bestimmtheit weiß man, daß auch die Rolande zu Burg. Belgern, Halle, Magdeburg, Prenzlcui, Bramstedt und Wedel (letztere Orte liegen in Holstein) ursprünglich von Holz waren und erst spät durch Steinbilder ersetzt wurden. Bei der Ausführung wurde nicht sowol an Befriedigung des ästhetischen Sinns, als vielmehr daran gedacht, durch eine rüstige Gestalt zu imponiren. den Eindruck des Gewaltigen und schreckhaften zu machen. Die durchschnittliche Größe der Statuen scheint 13 bis 14 Fuß gewesen zu sein, doch sind die in Perleberg, Wedel, Bremen und nament¬ lich der in Belgern. welcher bei einer Höhe von 9 Ellen 8V, Zo« wol der kolossalste ist. beträchtlich größer. Was den Typus betrifft, so stellen alle Rolande einen aufrechtstehenden bewaffneten Mann in ernster gebietender Haltung, viele einen jugendlichen bartlosen Mann dar. und zwar haben letztere wol die ursprüngliche Form am meisten bewahrt, da es unter den Ottonen Sitte der sächsischen Vorneh¬ men war. das Gesicht bartfrei zu halten. Das Haupthaar erscheint bei allen voll und lockig, die Augen groß und mehr rund als eiförmig, wie man dies regelmäßig bei Bildnissen und auf Münzen aus dem zehnten Jahrhundert findet. Das Haupt ist in der Regel unbedeckt, doch tragen zwei Rolande, der zu Wedel und der zu Nordhausen, eine Königskrone, andere einen Fürstenhut, eine Bischofsmütze oder einen Helm. Zöpfl hält die Bedeckung mit der Kö¬ nigskrone für die ältere Form, und Fürstenhut, Bischofsmütze, Helm U. s. w. für Umgestaltungen einer späteren Zeit, die den Sinn des Bildes nicht mehr verstand. Die baarhäuptigen Rolande erklärt er sich daraus, daß die Kronen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_112507/386>, abgerufen am 05.05.2024.