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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band.

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Meeres verwandelt werden können. Allmählig werden wir die verschiedensten
und für die Ernährung nützlichsten Arten in die zahlreichen Bassins dieser
zoologischen Gärten aufnehmen, und wie die Landthiere in den Ställen der
Zuchtanstalten werden auch jene von aufmerksamen Forschern beobachtet und
die Gesetze ihrer Fortpflanzung und Vermehrung studirt werden."

Die Regierung hat diese Worte gewürdigt und ihrer Ausführung die
kräftigste Unterstützung geliehen. Anfang dieses Jahres hatte Coste die Ge¬
nugthuung, der Akademie einen neuen Bericht über großartige Erfolge vorlegen
zu können. So hat er bei der Insel N6 eine Austernbank von mehr als
zwei Meilen Länge geschaffen, die bereits ausgebeutet wird. Hier wurde, da
der Meeresgrund schlammig war. ein langer Damm aus Felsstücken errichtet,
und in diesem mittelst aufrecht gestellter Steine eine Anzahl von Kanälen
angebracht, welche auf einen Centralabfluß zulaufen, damit der Schlamm
hinweggespült werden kann. Diese feste Grundlage hat man mit Sand be¬
deckt und darauf wieder Steine ausgestreut, die den jungen Austern nun
als Anhaltpunkt dienen. Die Anlage ist so wohl gediehen, daß jeder Quadrat¬
fuß schon 50 bis 60 Thiere und die ganze Bank gegen 398 Millionen der¬
selben trägt, und daß man die Hoffnung hegt, diese Austernbänke werden in
nicht gar ferner Zeit sechs- bis achttausend Fischer beschäftigen.

Ein anderes Beispiel ist die Bucht von Arcachon, wo die Austernfelder
bereits eine Fläche von 1560 preußischen Morgen bedecken, ein drittes die
Rhede von Toulon. wo man englische Austern gesäet hat. Auch hier steht
die Anlage in schönster Blüthe, und in einigen Jahren wird man Millionen
von Austern ernten, wo früher nicht eine einzige zu finden war.

Die Lehre, die in diesen Erfolgen liegt, könnte man auch in Deutschland
zu Herzen nehmen. Sicher wäre auch an unsern Küsten mancher Punkt zur
Austergürtnerei vollständig geeignet, und wenn die Regierungen die Sache
nicht in die Hand nehmen können, so könnte eine Actiengesellschaft sich damit
verdient machen und erfreuliche Dividenden erzielen.

Wir könnten über Austern uns noch bis ins Unendliche verbreiten. Die
Perlenerzeugende Varietät allein würde ein Thema zu einem epischen Gedicht
liefern. Aber wir müssen schließen, und darum nur noch das Geständniß,
daß diese Mittheilungen eigentlich in der Absicht verfaßt wurden, die in¬
dustrielle Welt zur Prüfung der zuletzt geschilderten Austerngärtnerei und zur
Gründung einer möglichst großartigen Gesellschaft für die Ausbeutung der
Costeschen Entdeckung anzuregen. Wenn der Philosoph im Hamburger Austern-
keller Recht hätte, wäre eine solche Societät die größte Wohlthat für den
Deutschen. Und es gibt in der That in unsern, politischen Leben Augen¬
blicke, wo man fast wünschen möchte, seiner Weltanschauung beitreten zu
können. .




Meeres verwandelt werden können. Allmählig werden wir die verschiedensten
und für die Ernährung nützlichsten Arten in die zahlreichen Bassins dieser
zoologischen Gärten aufnehmen, und wie die Landthiere in den Ställen der
Zuchtanstalten werden auch jene von aufmerksamen Forschern beobachtet und
die Gesetze ihrer Fortpflanzung und Vermehrung studirt werden."

Die Regierung hat diese Worte gewürdigt und ihrer Ausführung die
kräftigste Unterstützung geliehen. Anfang dieses Jahres hatte Coste die Ge¬
nugthuung, der Akademie einen neuen Bericht über großartige Erfolge vorlegen
zu können. So hat er bei der Insel N6 eine Austernbank von mehr als
zwei Meilen Länge geschaffen, die bereits ausgebeutet wird. Hier wurde, da
der Meeresgrund schlammig war. ein langer Damm aus Felsstücken errichtet,
und in diesem mittelst aufrecht gestellter Steine eine Anzahl von Kanälen
angebracht, welche auf einen Centralabfluß zulaufen, damit der Schlamm
hinweggespült werden kann. Diese feste Grundlage hat man mit Sand be¬
deckt und darauf wieder Steine ausgestreut, die den jungen Austern nun
als Anhaltpunkt dienen. Die Anlage ist so wohl gediehen, daß jeder Quadrat¬
fuß schon 50 bis 60 Thiere und die ganze Bank gegen 398 Millionen der¬
selben trägt, und daß man die Hoffnung hegt, diese Austernbänke werden in
nicht gar ferner Zeit sechs- bis achttausend Fischer beschäftigen.

Ein anderes Beispiel ist die Bucht von Arcachon, wo die Austernfelder
bereits eine Fläche von 1560 preußischen Morgen bedecken, ein drittes die
Rhede von Toulon. wo man englische Austern gesäet hat. Auch hier steht
die Anlage in schönster Blüthe, und in einigen Jahren wird man Millionen
von Austern ernten, wo früher nicht eine einzige zu finden war.

Die Lehre, die in diesen Erfolgen liegt, könnte man auch in Deutschland
zu Herzen nehmen. Sicher wäre auch an unsern Küsten mancher Punkt zur
Austergürtnerei vollständig geeignet, und wenn die Regierungen die Sache
nicht in die Hand nehmen können, so könnte eine Actiengesellschaft sich damit
verdient machen und erfreuliche Dividenden erzielen.

Wir könnten über Austern uns noch bis ins Unendliche verbreiten. Die
Perlenerzeugende Varietät allein würde ein Thema zu einem epischen Gedicht
liefern. Aber wir müssen schließen, und darum nur noch das Geständniß,
daß diese Mittheilungen eigentlich in der Absicht verfaßt wurden, die in¬
dustrielle Welt zur Prüfung der zuletzt geschilderten Austerngärtnerei und zur
Gründung einer möglichst großartigen Gesellschaft für die Ausbeutung der
Costeschen Entdeckung anzuregen. Wenn der Philosoph im Hamburger Austern-
keller Recht hätte, wäre eine solche Societät die größte Wohlthat für den
Deutschen. Und es gibt in der That in unsern, politischen Leben Augen¬
blicke, wo man fast wünschen möchte, seiner Weltanschauung beitreten zu
können. .




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[0479] Meeres verwandelt werden können. Allmählig werden wir die verschiedensten und für die Ernährung nützlichsten Arten in die zahlreichen Bassins dieser zoologischen Gärten aufnehmen, und wie die Landthiere in den Ställen der Zuchtanstalten werden auch jene von aufmerksamen Forschern beobachtet und die Gesetze ihrer Fortpflanzung und Vermehrung studirt werden." Die Regierung hat diese Worte gewürdigt und ihrer Ausführung die kräftigste Unterstützung geliehen. Anfang dieses Jahres hatte Coste die Ge¬ nugthuung, der Akademie einen neuen Bericht über großartige Erfolge vorlegen zu können. So hat er bei der Insel N6 eine Austernbank von mehr als zwei Meilen Länge geschaffen, die bereits ausgebeutet wird. Hier wurde, da der Meeresgrund schlammig war. ein langer Damm aus Felsstücken errichtet, und in diesem mittelst aufrecht gestellter Steine eine Anzahl von Kanälen angebracht, welche auf einen Centralabfluß zulaufen, damit der Schlamm hinweggespült werden kann. Diese feste Grundlage hat man mit Sand be¬ deckt und darauf wieder Steine ausgestreut, die den jungen Austern nun als Anhaltpunkt dienen. Die Anlage ist so wohl gediehen, daß jeder Quadrat¬ fuß schon 50 bis 60 Thiere und die ganze Bank gegen 398 Millionen der¬ selben trägt, und daß man die Hoffnung hegt, diese Austernbänke werden in nicht gar ferner Zeit sechs- bis achttausend Fischer beschäftigen. Ein anderes Beispiel ist die Bucht von Arcachon, wo die Austernfelder bereits eine Fläche von 1560 preußischen Morgen bedecken, ein drittes die Rhede von Toulon. wo man englische Austern gesäet hat. Auch hier steht die Anlage in schönster Blüthe, und in einigen Jahren wird man Millionen von Austern ernten, wo früher nicht eine einzige zu finden war. Die Lehre, die in diesen Erfolgen liegt, könnte man auch in Deutschland zu Herzen nehmen. Sicher wäre auch an unsern Küsten mancher Punkt zur Austergürtnerei vollständig geeignet, und wenn die Regierungen die Sache nicht in die Hand nehmen können, so könnte eine Actiengesellschaft sich damit verdient machen und erfreuliche Dividenden erzielen. Wir könnten über Austern uns noch bis ins Unendliche verbreiten. Die Perlenerzeugende Varietät allein würde ein Thema zu einem epischen Gedicht liefern. Aber wir müssen schließen, und darum nur noch das Geständniß, daß diese Mittheilungen eigentlich in der Absicht verfaßt wurden, die in¬ dustrielle Welt zur Prüfung der zuletzt geschilderten Austerngärtnerei und zur Gründung einer möglichst großartigen Gesellschaft für die Ausbeutung der Costeschen Entdeckung anzuregen. Wenn der Philosoph im Hamburger Austern- keller Recht hätte, wäre eine solche Societät die größte Wohlthat für den Deutschen. Und es gibt in der That in unsern, politischen Leben Augen¬ blicke, wo man fast wünschen möchte, seiner Weltanschauung beitreten zu können. .

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_112507/479>, abgerufen am 07.05.2024.