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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

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mit so hoher Wahrscheinlichkeit vorliegt, eine Ursache dafür gesucht werden, und
in der That findet sich eine solche, und zwar nur eine einzige, nämlich die, daß
die Sonnenstrahlen, bevor sie zu uns kommen, durch Eisendämpfe gegangen sind,
in denen alle Strahlen, welche den Eisenlinien entsprechen, absorbirt worden
sind. Aber in unserer Atmosphäre können diese Eisendämpse nicht vorhanden
sein, noch weniger natürlich in dem Weltraum zwischen Sonne und Erde, es
bleibt also nur die Annahme übrig, daß sie sich in der Sonnenatmosphäre
finden, was bei der hohen Temperatur, welche wir der Sonne ohnehin zuschrei¬
ben müssen, nicht auffallend sein kann. "Die Beobachtungen des Sonnenspec-
trums, sagt Kirchhofs, scheinen mir hiernach die Gegenwart von Eisendämpfen
in der Sonnenatmosphäre mit einer so großen Sicherheit zu beweisen, als sie
bei den Naturwissenschaften überhaupt erreichbar ist." Das Eisen eignete sich,
bei der großen Zahl seiner Spectrallinien, besonders gut dazu, die Existenz der
Frauenhoferschen Linien auf diese Art zu erklären. Nachdem dies aber für das
Eisen mit einem Grade von Wahrscheinlichkeit durchgeführt war, der von abso¬
luter Gewißheit kaum mehr zu unterscheiden ist, konnte man schon mit mehr
Vertrauen an eine ähnliche Erklärung anderer Fraucnhoferscher Linien gehen.
Daß die hellen Linien des Natriums genau mit den dunklen Linien v Frauen-
hofers im Sonnenspectrum zusammenfallen, wurde schon erwähnt, und kann nun ein¬
fach durch die Existenz von Natriumdämpfen in der Sonnenatmosphäre erklärt wer¬
den. Ebenso fallen die leuchtenden Linien im Spectrum des Calciums, Magnesiums
und Chroms mit gewissen dunklen (Frauenhoferschen) Linien im Sonnenspectrum
zusammen und zeigen somit die Gegenwart dieser Metalle in der Sonnenat¬
mosphäre an. Auch das Nickel läßt sich noch mit einem hohen Grade von Wahr¬
scheinlichkeit als ein Bestandtheil der Sonne betrachten. Auch Barium, Kupfer
und Zink scheinen in der Atmosphäre der Sonne enthalten zu sein, so daß
also schon neun irdische Stoffe als gleichzeitige Bestandtheile der Sonne erkannt
sind, die über 20 Millionen Meilen von uns entfernt ist. Die übrigen Metalle,
welche Kirchhofs in dieser Richtung untersuchte, nämlich Gold, Silber, Quecksil¬
ber, Aluminium, Cadmium, Zinn, Blei, Antimon, Arsen, Strontium und Lithium
sind in der Sonnenatmosphäre nicht sichtbar, auch Silicium ist darin nicht zu
erkennen.

Die Ansicht, daß die dunklen Linien im-Sonnenspectrum von einer Absorp¬
tion der betreffenden Strahlen innerhalb der Sonnenatmosphäre herrühren,
war schon früher geäußert worden, man hatte sie aber wieder fallen lassen, da
genauere Nachweisungen fehlten; Kirchhofs zeigte indessen, daß die Gegengründe,
welche man gegen jene noch sehr Vage Ansicht beigebracht, nicht stichhaltig sind.

"Um die dunkeln Linien des Sonnenspectrums zu erklären, beginnt Kirch¬
hof seine Reflexionen über die Physische Beschaffenheit der Sonne, muß man
annehmen, daß die Sonnenatmosphäre einen leuchtenden Körper umhüllt, der


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mit so hoher Wahrscheinlichkeit vorliegt, eine Ursache dafür gesucht werden, und
in der That findet sich eine solche, und zwar nur eine einzige, nämlich die, daß
die Sonnenstrahlen, bevor sie zu uns kommen, durch Eisendämpfe gegangen sind,
in denen alle Strahlen, welche den Eisenlinien entsprechen, absorbirt worden
sind. Aber in unserer Atmosphäre können diese Eisendämpse nicht vorhanden
sein, noch weniger natürlich in dem Weltraum zwischen Sonne und Erde, es
bleibt also nur die Annahme übrig, daß sie sich in der Sonnenatmosphäre
finden, was bei der hohen Temperatur, welche wir der Sonne ohnehin zuschrei¬
ben müssen, nicht auffallend sein kann. „Die Beobachtungen des Sonnenspec-
trums, sagt Kirchhofs, scheinen mir hiernach die Gegenwart von Eisendämpfen
in der Sonnenatmosphäre mit einer so großen Sicherheit zu beweisen, als sie
bei den Naturwissenschaften überhaupt erreichbar ist." Das Eisen eignete sich,
bei der großen Zahl seiner Spectrallinien, besonders gut dazu, die Existenz der
Frauenhoferschen Linien auf diese Art zu erklären. Nachdem dies aber für das
Eisen mit einem Grade von Wahrscheinlichkeit durchgeführt war, der von abso¬
luter Gewißheit kaum mehr zu unterscheiden ist, konnte man schon mit mehr
Vertrauen an eine ähnliche Erklärung anderer Fraucnhoferscher Linien gehen.
Daß die hellen Linien des Natriums genau mit den dunklen Linien v Frauen-
hofers im Sonnenspectrum zusammenfallen, wurde schon erwähnt, und kann nun ein¬
fach durch die Existenz von Natriumdämpfen in der Sonnenatmosphäre erklärt wer¬
den. Ebenso fallen die leuchtenden Linien im Spectrum des Calciums, Magnesiums
und Chroms mit gewissen dunklen (Frauenhoferschen) Linien im Sonnenspectrum
zusammen und zeigen somit die Gegenwart dieser Metalle in der Sonnenat¬
mosphäre an. Auch das Nickel läßt sich noch mit einem hohen Grade von Wahr¬
scheinlichkeit als ein Bestandtheil der Sonne betrachten. Auch Barium, Kupfer
und Zink scheinen in der Atmosphäre der Sonne enthalten zu sein, so daß
also schon neun irdische Stoffe als gleichzeitige Bestandtheile der Sonne erkannt
sind, die über 20 Millionen Meilen von uns entfernt ist. Die übrigen Metalle,
welche Kirchhofs in dieser Richtung untersuchte, nämlich Gold, Silber, Quecksil¬
ber, Aluminium, Cadmium, Zinn, Blei, Antimon, Arsen, Strontium und Lithium
sind in der Sonnenatmosphäre nicht sichtbar, auch Silicium ist darin nicht zu
erkennen.

Die Ansicht, daß die dunklen Linien im-Sonnenspectrum von einer Absorp¬
tion der betreffenden Strahlen innerhalb der Sonnenatmosphäre herrühren,
war schon früher geäußert worden, man hatte sie aber wieder fallen lassen, da
genauere Nachweisungen fehlten; Kirchhofs zeigte indessen, daß die Gegengründe,
welche man gegen jene noch sehr Vage Ansicht beigebracht, nicht stichhaltig sind.

„Um die dunkeln Linien des Sonnenspectrums zu erklären, beginnt Kirch¬
hof seine Reflexionen über die Physische Beschaffenheit der Sonne, muß man
annehmen, daß die Sonnenatmosphäre einen leuchtenden Körper umhüllt, der


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[0513] mit so hoher Wahrscheinlichkeit vorliegt, eine Ursache dafür gesucht werden, und in der That findet sich eine solche, und zwar nur eine einzige, nämlich die, daß die Sonnenstrahlen, bevor sie zu uns kommen, durch Eisendämpfe gegangen sind, in denen alle Strahlen, welche den Eisenlinien entsprechen, absorbirt worden sind. Aber in unserer Atmosphäre können diese Eisendämpse nicht vorhanden sein, noch weniger natürlich in dem Weltraum zwischen Sonne und Erde, es bleibt also nur die Annahme übrig, daß sie sich in der Sonnenatmosphäre finden, was bei der hohen Temperatur, welche wir der Sonne ohnehin zuschrei¬ ben müssen, nicht auffallend sein kann. „Die Beobachtungen des Sonnenspec- trums, sagt Kirchhofs, scheinen mir hiernach die Gegenwart von Eisendämpfen in der Sonnenatmosphäre mit einer so großen Sicherheit zu beweisen, als sie bei den Naturwissenschaften überhaupt erreichbar ist." Das Eisen eignete sich, bei der großen Zahl seiner Spectrallinien, besonders gut dazu, die Existenz der Frauenhoferschen Linien auf diese Art zu erklären. Nachdem dies aber für das Eisen mit einem Grade von Wahrscheinlichkeit durchgeführt war, der von abso¬ luter Gewißheit kaum mehr zu unterscheiden ist, konnte man schon mit mehr Vertrauen an eine ähnliche Erklärung anderer Fraucnhoferscher Linien gehen. Daß die hellen Linien des Natriums genau mit den dunklen Linien v Frauen- hofers im Sonnenspectrum zusammenfallen, wurde schon erwähnt, und kann nun ein¬ fach durch die Existenz von Natriumdämpfen in der Sonnenatmosphäre erklärt wer¬ den. Ebenso fallen die leuchtenden Linien im Spectrum des Calciums, Magnesiums und Chroms mit gewissen dunklen (Frauenhoferschen) Linien im Sonnenspectrum zusammen und zeigen somit die Gegenwart dieser Metalle in der Sonnenat¬ mosphäre an. Auch das Nickel läßt sich noch mit einem hohen Grade von Wahr¬ scheinlichkeit als ein Bestandtheil der Sonne betrachten. Auch Barium, Kupfer und Zink scheinen in der Atmosphäre der Sonne enthalten zu sein, so daß also schon neun irdische Stoffe als gleichzeitige Bestandtheile der Sonne erkannt sind, die über 20 Millionen Meilen von uns entfernt ist. Die übrigen Metalle, welche Kirchhofs in dieser Richtung untersuchte, nämlich Gold, Silber, Quecksil¬ ber, Aluminium, Cadmium, Zinn, Blei, Antimon, Arsen, Strontium und Lithium sind in der Sonnenatmosphäre nicht sichtbar, auch Silicium ist darin nicht zu erkennen. Die Ansicht, daß die dunklen Linien im-Sonnenspectrum von einer Absorp¬ tion der betreffenden Strahlen innerhalb der Sonnenatmosphäre herrühren, war schon früher geäußert worden, man hatte sie aber wieder fallen lassen, da genauere Nachweisungen fehlten; Kirchhofs zeigte indessen, daß die Gegengründe, welche man gegen jene noch sehr Vage Ansicht beigebracht, nicht stichhaltig sind. „Um die dunkeln Linien des Sonnenspectrums zu erklären, beginnt Kirch¬ hof seine Reflexionen über die Physische Beschaffenheit der Sonne, muß man annehmen, daß die Sonnenatmosphäre einen leuchtenden Körper umhüllt, der Grenzboten I. 1S62. 64

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/513>, abgerufen am 28.05.2024.