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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band.

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Die auswärtige Politik Frlinkreichs während der Zutun""arabic.
(Zuii-ot Nömoires xour ssrvir ^ l'distvirs as mon tewps. -- ?ome IV.
?aris 1361. 3. Der spanische Bürgerkrieg.

Frankreichs Politik im Jahre 1839 war von der ganz richtigen Erkennt¬
niß ausgegangen, daß in dem Conflicte zwischen dem Sultan und dem Vice-
könig von Aegypten die europäischen Mächte sich nur von realen Interessen,
nicht von tendenziösen Sympathien in der Wahl ihrer Bundesgenossen würden
bestimmen lassen. Dabei hatte aber Frankreich den Fehler begangen, daß es
durch seine keineswegs uneigennützige Begehrlichkeit Rußland von der Rolle,
der Gegner der gemeinsamen europäischen Politik zu sein, befreite, und in
Folge dessen sich selbst in die isolirte und demüthigende Lage versetzte, die es
der nordischen Macht zugedacht hatte. Zu diesem Fehler war die französische
Regierung zum Theil durch eine der oben angegebenen Anschauung gewisser¬
maßen entgegengesetzte Erwägung verleitet worden: Frankreich glaubte sich des
englischen Bündnisses sicher, nicht blos wegen des Gegensatzes, der zwischen der
englischen und russischen Politik in der orientalischen Frage bestand, sondern
auch, weil es der Solidarität der constitutionellen Principien gegenüber den
absolutistischen Bestrebungen der nordischen Mächte eine zu große Bedeutung
beimaß. Der Fehler war um so unverzeihlicher, da man bereits erfahren hatte,
daß die Sympathien der englischen Nation nicht zu hoch in Rechnung zu brin¬
gen seien. In einer Angelegenheit, in der scheinbar das liberale Europa noch-
einmal dem absolutistischen gegenübergetrcten war, hatte Lord Palmerston sich
offenkundig nicht von politischen Sympathien, sondern ausschließlich von dem
englischen Interesse leiten lassen. Wir meinen die spanische Frage, deren Ver¬
lauf ganz geeignet wär, den französischen Staatsmännern die sorgsamste und
aufmerksamste Erwägung ihres Verhältnisses zu England dringend anzuempfeh¬
len. Grade die spanische Frage bewies, daß die Spaltung Europa's in ein
liberales und ein absolutistisches Heerlager ihre praktische Bedeutung verloren
hatte, da die Koalition der conservativen Mächte wohl schwerlich einen Augen¬
blick an ein aggressives Vorgehen gedacht hat. und England und Frankreich


Grenzboten II. 1ö(!2. 61
Die auswärtige Politik Frlinkreichs während der Zutun»»arabic.
(Zuii-ot Nömoires xour ssrvir ^ l'distvirs as mon tewps. — ?ome IV.
?aris 1361. 3. Der spanische Bürgerkrieg.

Frankreichs Politik im Jahre 1839 war von der ganz richtigen Erkennt¬
niß ausgegangen, daß in dem Conflicte zwischen dem Sultan und dem Vice-
könig von Aegypten die europäischen Mächte sich nur von realen Interessen,
nicht von tendenziösen Sympathien in der Wahl ihrer Bundesgenossen würden
bestimmen lassen. Dabei hatte aber Frankreich den Fehler begangen, daß es
durch seine keineswegs uneigennützige Begehrlichkeit Rußland von der Rolle,
der Gegner der gemeinsamen europäischen Politik zu sein, befreite, und in
Folge dessen sich selbst in die isolirte und demüthigende Lage versetzte, die es
der nordischen Macht zugedacht hatte. Zu diesem Fehler war die französische
Regierung zum Theil durch eine der oben angegebenen Anschauung gewisser¬
maßen entgegengesetzte Erwägung verleitet worden: Frankreich glaubte sich des
englischen Bündnisses sicher, nicht blos wegen des Gegensatzes, der zwischen der
englischen und russischen Politik in der orientalischen Frage bestand, sondern
auch, weil es der Solidarität der constitutionellen Principien gegenüber den
absolutistischen Bestrebungen der nordischen Mächte eine zu große Bedeutung
beimaß. Der Fehler war um so unverzeihlicher, da man bereits erfahren hatte,
daß die Sympathien der englischen Nation nicht zu hoch in Rechnung zu brin¬
gen seien. In einer Angelegenheit, in der scheinbar das liberale Europa noch-
einmal dem absolutistischen gegenübergetrcten war, hatte Lord Palmerston sich
offenkundig nicht von politischen Sympathien, sondern ausschließlich von dem
englischen Interesse leiten lassen. Wir meinen die spanische Frage, deren Ver¬
lauf ganz geeignet wär, den französischen Staatsmännern die sorgsamste und
aufmerksamste Erwägung ihres Verhältnisses zu England dringend anzuempfeh¬
len. Grade die spanische Frage bewies, daß die Spaltung Europa's in ein
liberales und ein absolutistisches Heerlager ihre praktische Bedeutung verloren
hatte, da die Koalition der conservativen Mächte wohl schwerlich einen Augen¬
blick an ein aggressives Vorgehen gedacht hat. und England und Frankreich


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[0489] Die auswärtige Politik Frlinkreichs während der Zutun»»arabic. (Zuii-ot Nömoires xour ssrvir ^ l'distvirs as mon tewps. — ?ome IV. ?aris 1361. 3. Der spanische Bürgerkrieg. Frankreichs Politik im Jahre 1839 war von der ganz richtigen Erkennt¬ niß ausgegangen, daß in dem Conflicte zwischen dem Sultan und dem Vice- könig von Aegypten die europäischen Mächte sich nur von realen Interessen, nicht von tendenziösen Sympathien in der Wahl ihrer Bundesgenossen würden bestimmen lassen. Dabei hatte aber Frankreich den Fehler begangen, daß es durch seine keineswegs uneigennützige Begehrlichkeit Rußland von der Rolle, der Gegner der gemeinsamen europäischen Politik zu sein, befreite, und in Folge dessen sich selbst in die isolirte und demüthigende Lage versetzte, die es der nordischen Macht zugedacht hatte. Zu diesem Fehler war die französische Regierung zum Theil durch eine der oben angegebenen Anschauung gewisser¬ maßen entgegengesetzte Erwägung verleitet worden: Frankreich glaubte sich des englischen Bündnisses sicher, nicht blos wegen des Gegensatzes, der zwischen der englischen und russischen Politik in der orientalischen Frage bestand, sondern auch, weil es der Solidarität der constitutionellen Principien gegenüber den absolutistischen Bestrebungen der nordischen Mächte eine zu große Bedeutung beimaß. Der Fehler war um so unverzeihlicher, da man bereits erfahren hatte, daß die Sympathien der englischen Nation nicht zu hoch in Rechnung zu brin¬ gen seien. In einer Angelegenheit, in der scheinbar das liberale Europa noch- einmal dem absolutistischen gegenübergetrcten war, hatte Lord Palmerston sich offenkundig nicht von politischen Sympathien, sondern ausschließlich von dem englischen Interesse leiten lassen. Wir meinen die spanische Frage, deren Ver¬ lauf ganz geeignet wär, den französischen Staatsmännern die sorgsamste und aufmerksamste Erwägung ihres Verhältnisses zu England dringend anzuempfeh¬ len. Grade die spanische Frage bewies, daß die Spaltung Europa's in ein liberales und ein absolutistisches Heerlager ihre praktische Bedeutung verloren hatte, da die Koalition der conservativen Mächte wohl schwerlich einen Augen¬ blick an ein aggressives Vorgehen gedacht hat. und England und Frankreich Grenzboten II. 1ö(!2. 61

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113779/489>, abgerufen am 18.05.2024.