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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band.

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sundheit Herrn Braters diesem unmöglich machte, die ganze Last und Sorge
einer Redaction unter besonders schwierigen Verhältnissen ferner allein zu tra¬
gen und die ungünstige Lage Münchens für das Verbreiter politischer Neuig¬
keiten einem dort erscheinenden Blatt regelmäßige Einwirkung auf den Süd¬
westen Deutschlands sehr erschwerte. Man einte sich am Sonnabend vor Pfingsten
über die Organisation des combinirten Blattes, über Verleger, Einrichtung u.s.w.,
Mit gutem Vertrauen auf die bewährte Tüchtigkeit der redigirenden Herren und
auf das warme Interesse der süddeutschen Freunde darf man diese große Zei¬
tung unserer Partei in Süddeutschland dem Publicum dringend empfehlen.

Der folgende Tag führte eine größere Anzahl von Liberalen zu politischer
Unterredung zusammen. Männer der Paulskirche, die Führer des National¬
vereins, Baiern, Schwaben, Badenser, einzelne Mitglieder von Ständeversamm¬
lungen der kleineren Staaten. Die Ankunft eines namhaften Mitgliedes aus
dem Abgeordnetenhause in Berlin erregte angenehme Befriedigung, und schon
bei seinem Eintritt in der versammelten Gesellschaft war zu sehen, wie vor¬
theilhaft sich seit dem Jahre 1848 die politische Stellung der Preußen zu ihren
deutschen Landsleuten geändert hat. Die Anwesenden waren fast alle entweder
gegenwärtig oder in vergangenen Jahren Mitglieder deutscher Kammern, sie
gehörten sämmtlich der liberalen, nur in der großen Mehrzahl der Unionspartei an.

Schon vor dem Beginn der Besprechung äußerte sich der allgemeine Wunsch,
daß eine von Zeit zu Zeit wiederkehrende Vereinigung einflußreicher politischer
Persönlichkeiten aus den verschiedenen Landschaften Deutschlands zu erstreben
sei, sie erleichtere eine consequente und planmäßige Behandlung brennender
Fragen in einzelnen Kammern, sie könne nützlich werden für Ausgleichung
von Gegensätzen, für Ueberwindung provinzieller Kurzsichtigkeit, sie werde bis
zu einem gewissen Grade den Mangel einer gemeinsamen Volksvertretung für
Deutschland ersetzen, sie sei vielleicht das beste Mittel, widerstrebenden Regierungen
die Nothwendigkeit einer solchen nahe zu legen. Vor allem aber könne sie
den politischen Gegensatz zwischen Preußen und Süddeutschen aufheben, den
Süddeutschen eine warme Empfindung von dem Patriotismus und der Tüchtig¬
keit ihrer norddeutschen Landsleute beibringen. Und es scheint, daß die wohl¬
wollenden Männer, welche die Versammlung veranlaßt haben, sowie die Führer
des Nationalvereins zunächst diesen letzten Gesichtspunkt im Auge hatten, im
stillen Gemüth aber die Erinnerung an ein ähnlich zusammengepflogenes Vor¬
parlament umhertrugen. Es war keine große Versammlung, etwa 40 -- 50
Männer, welche am Psingstsonntag in den Räumen eines gastfreien Privathauses
zusammentrafen, gute Namen darunter, junge und alte Kraft, Nord- und Süd¬
deutsche, letzterem der Mehrzahl. Man war schnell darüber einig/daß wieder¬
kehrende Zusammenkünfte deutscher Patrioten durch diese Versammlung vorbe¬
reitet werden sollten, und daß diese Zusammenkunft nur als vorbereitende zu


sundheit Herrn Braters diesem unmöglich machte, die ganze Last und Sorge
einer Redaction unter besonders schwierigen Verhältnissen ferner allein zu tra¬
gen und die ungünstige Lage Münchens für das Verbreiter politischer Neuig¬
keiten einem dort erscheinenden Blatt regelmäßige Einwirkung auf den Süd¬
westen Deutschlands sehr erschwerte. Man einte sich am Sonnabend vor Pfingsten
über die Organisation des combinirten Blattes, über Verleger, Einrichtung u.s.w.,
Mit gutem Vertrauen auf die bewährte Tüchtigkeit der redigirenden Herren und
auf das warme Interesse der süddeutschen Freunde darf man diese große Zei¬
tung unserer Partei in Süddeutschland dem Publicum dringend empfehlen.

Der folgende Tag führte eine größere Anzahl von Liberalen zu politischer
Unterredung zusammen. Männer der Paulskirche, die Führer des National¬
vereins, Baiern, Schwaben, Badenser, einzelne Mitglieder von Ständeversamm¬
lungen der kleineren Staaten. Die Ankunft eines namhaften Mitgliedes aus
dem Abgeordnetenhause in Berlin erregte angenehme Befriedigung, und schon
bei seinem Eintritt in der versammelten Gesellschaft war zu sehen, wie vor¬
theilhaft sich seit dem Jahre 1848 die politische Stellung der Preußen zu ihren
deutschen Landsleuten geändert hat. Die Anwesenden waren fast alle entweder
gegenwärtig oder in vergangenen Jahren Mitglieder deutscher Kammern, sie
gehörten sämmtlich der liberalen, nur in der großen Mehrzahl der Unionspartei an.

Schon vor dem Beginn der Besprechung äußerte sich der allgemeine Wunsch,
daß eine von Zeit zu Zeit wiederkehrende Vereinigung einflußreicher politischer
Persönlichkeiten aus den verschiedenen Landschaften Deutschlands zu erstreben
sei, sie erleichtere eine consequente und planmäßige Behandlung brennender
Fragen in einzelnen Kammern, sie könne nützlich werden für Ausgleichung
von Gegensätzen, für Ueberwindung provinzieller Kurzsichtigkeit, sie werde bis
zu einem gewissen Grade den Mangel einer gemeinsamen Volksvertretung für
Deutschland ersetzen, sie sei vielleicht das beste Mittel, widerstrebenden Regierungen
die Nothwendigkeit einer solchen nahe zu legen. Vor allem aber könne sie
den politischen Gegensatz zwischen Preußen und Süddeutschen aufheben, den
Süddeutschen eine warme Empfindung von dem Patriotismus und der Tüchtig¬
keit ihrer norddeutschen Landsleute beibringen. Und es scheint, daß die wohl¬
wollenden Männer, welche die Versammlung veranlaßt haben, sowie die Führer
des Nationalvereins zunächst diesen letzten Gesichtspunkt im Auge hatten, im
stillen Gemüth aber die Erinnerung an ein ähnlich zusammengepflogenes Vor¬
parlament umhertrugen. Es war keine große Versammlung, etwa 40 — 50
Männer, welche am Psingstsonntag in den Räumen eines gastfreien Privathauses
zusammentrafen, gute Namen darunter, junge und alte Kraft, Nord- und Süd¬
deutsche, letzterem der Mehrzahl. Man war schnell darüber einig/daß wieder¬
kehrende Zusammenkünfte deutscher Patrioten durch diese Versammlung vorbe¬
reitet werden sollten, und daß diese Zusammenkunft nur als vorbereitende zu


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113779/524>, abgerufen am 20.05.2024.