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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band.

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Blockadedampfer Mount-Vernon von dem Stande der Dinge unterrichten sollten.
Der Capitän der Matcmzas durfte sich dem nicht widersetzen, obwohl diese
Tour uns nicht nur zwölf Stunden aufhielt, sondern auch bei einbrechender Nacht
der vielen Klippen und Untiefen wegen nichts weniger als ungefährlich war. --
Lieutenant Brown war ein stattlicher, wettergebräunter Seemann, der wohl
zu besseren Diensten geeignet schien, als mit einem alten unbeweglichen Kasten
vor Anker zu liegen. Ich befand mich, als er im Begriff war, an Bord der
Fernandina zurückzukehren, in der Office des "Pursers", welcher am Bord eines
Dampfers die vielumfassende Stellung eines Zahlmeisters, Kommodores, Arztes
und Gesellschafters Mr exekllkuce einnimmt. Herr Huertas, ein Spanier,
war durch seine gründliche Bildung und sein liebenswürdiges Aeußere in hohem
Grade geeignet, diesem Posten vorzustehen und verwerthete seine Muße während
der häufig langweiligen Reisen noch auf literarischem Wege, indem er für
mehre new-porter Blätter correspondirte. -- Die Kenntniß dieses Umstandes
veranlaßte leider Lieutenant Brown, von welchem ich eine so gute Meinung
gefaßt hatte, wieder eine specifisch angelsächsische Schwäche zu manifestiren, die
keineswegs geeignet war. mich in jener Meinung zu bestärken. Ehe er nämlich unser
Schiff verließ, trat er zu Herrn Huertas herein und flüsterte ihm ins Ohr: er möge
doch ja nicht vergessen, seinem Diensteifer in den eventuellen Korrespondenzen die
genügende Anerkennung widerfahren zu lassen, wofür er sich gewiß dank¬
bar erweisen werde. Der Purser versprach, seiner zu erwähnen, und
nach einigen Wochen las ich im Herald eine Korrespondenz aus Port Royal,
in welcher es hieß: "Der Commander Brown von der Blockadebark Fernan¬
dina erlaubte sich, im Namen der Regierung höchst unnöthiger Weise das Post-
schiff Matcmzas um zwölf Stunden aufzuhalten, indem er dasselbe von seiner
Station mit Nachrichten nach Wilmington schickte, welche daselbst längst bekannt
waren. Wir wünschen, daß die Regierung solchem Unwesen steuern oder wenig¬
stens den Capitänen von Pvstschiffcn Verhaltungsregeln geben möge, in wie
weit sie von den Launen der Marineoffiziere abhängig sind."

Es war gegen vier Uhr Nachmittags, als wir unsern Cours nach Nord-
nordwest änderten und auf die Gegend zudcunpften, in welcher wir den Mount-
Vernvn vermutheten. Als es anfing zu dunkeln, wurde die Sache ziemlich
mißlich, da die Feuer an der ganzen Küste von den Cvnfvderirten zerstört
worden waren und wir keine andern Regulatoren für unsern Cours besaßen
als den Compaß und das Loth, welches letztere fortwährend im Gange war.
Gegen zehn Uhr Abends waren wir bis auf fünf Faden gekommen, und der
Capitän fand es mit vollem Rechte bedenklich, sich der Küste noch mehr zu
nähern, als wir in der Ferne nach Südwesten zu die drei Flottenlichtcr, Grün,
Roth und Weiß gewahrten, auf welche wir dann mit halbem Dampfe langsam
zusteuerten. -- Wir wurden jetzt eigentlich erst gewahr, daß wir uns ziemlich


Blockadedampfer Mount-Vernon von dem Stande der Dinge unterrichten sollten.
Der Capitän der Matcmzas durfte sich dem nicht widersetzen, obwohl diese
Tour uns nicht nur zwölf Stunden aufhielt, sondern auch bei einbrechender Nacht
der vielen Klippen und Untiefen wegen nichts weniger als ungefährlich war. —
Lieutenant Brown war ein stattlicher, wettergebräunter Seemann, der wohl
zu besseren Diensten geeignet schien, als mit einem alten unbeweglichen Kasten
vor Anker zu liegen. Ich befand mich, als er im Begriff war, an Bord der
Fernandina zurückzukehren, in der Office des „Pursers", welcher am Bord eines
Dampfers die vielumfassende Stellung eines Zahlmeisters, Kommodores, Arztes
und Gesellschafters Mr exekllkuce einnimmt. Herr Huertas, ein Spanier,
war durch seine gründliche Bildung und sein liebenswürdiges Aeußere in hohem
Grade geeignet, diesem Posten vorzustehen und verwerthete seine Muße während
der häufig langweiligen Reisen noch auf literarischem Wege, indem er für
mehre new-porter Blätter correspondirte. — Die Kenntniß dieses Umstandes
veranlaßte leider Lieutenant Brown, von welchem ich eine so gute Meinung
gefaßt hatte, wieder eine specifisch angelsächsische Schwäche zu manifestiren, die
keineswegs geeignet war. mich in jener Meinung zu bestärken. Ehe er nämlich unser
Schiff verließ, trat er zu Herrn Huertas herein und flüsterte ihm ins Ohr: er möge
doch ja nicht vergessen, seinem Diensteifer in den eventuellen Korrespondenzen die
genügende Anerkennung widerfahren zu lassen, wofür er sich gewiß dank¬
bar erweisen werde. Der Purser versprach, seiner zu erwähnen, und
nach einigen Wochen las ich im Herald eine Korrespondenz aus Port Royal,
in welcher es hieß: „Der Commander Brown von der Blockadebark Fernan¬
dina erlaubte sich, im Namen der Regierung höchst unnöthiger Weise das Post-
schiff Matcmzas um zwölf Stunden aufzuhalten, indem er dasselbe von seiner
Station mit Nachrichten nach Wilmington schickte, welche daselbst längst bekannt
waren. Wir wünschen, daß die Regierung solchem Unwesen steuern oder wenig¬
stens den Capitänen von Pvstschiffcn Verhaltungsregeln geben möge, in wie
weit sie von den Launen der Marineoffiziere abhängig sind."

Es war gegen vier Uhr Nachmittags, als wir unsern Cours nach Nord-
nordwest änderten und auf die Gegend zudcunpften, in welcher wir den Mount-
Vernvn vermutheten. Als es anfing zu dunkeln, wurde die Sache ziemlich
mißlich, da die Feuer an der ganzen Küste von den Cvnfvderirten zerstört
worden waren und wir keine andern Regulatoren für unsern Cours besaßen
als den Compaß und das Loth, welches letztere fortwährend im Gange war.
Gegen zehn Uhr Abends waren wir bis auf fünf Faden gekommen, und der
Capitän fand es mit vollem Rechte bedenklich, sich der Küste noch mehr zu
nähern, als wir in der Ferne nach Südwesten zu die drei Flottenlichtcr, Grün,
Roth und Weiß gewahrten, auf welche wir dann mit halbem Dampfe langsam
zusteuerten. — Wir wurden jetzt eigentlich erst gewahr, daß wir uns ziemlich


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[0151] Blockadedampfer Mount-Vernon von dem Stande der Dinge unterrichten sollten. Der Capitän der Matcmzas durfte sich dem nicht widersetzen, obwohl diese Tour uns nicht nur zwölf Stunden aufhielt, sondern auch bei einbrechender Nacht der vielen Klippen und Untiefen wegen nichts weniger als ungefährlich war. — Lieutenant Brown war ein stattlicher, wettergebräunter Seemann, der wohl zu besseren Diensten geeignet schien, als mit einem alten unbeweglichen Kasten vor Anker zu liegen. Ich befand mich, als er im Begriff war, an Bord der Fernandina zurückzukehren, in der Office des „Pursers", welcher am Bord eines Dampfers die vielumfassende Stellung eines Zahlmeisters, Kommodores, Arztes und Gesellschafters Mr exekllkuce einnimmt. Herr Huertas, ein Spanier, war durch seine gründliche Bildung und sein liebenswürdiges Aeußere in hohem Grade geeignet, diesem Posten vorzustehen und verwerthete seine Muße während der häufig langweiligen Reisen noch auf literarischem Wege, indem er für mehre new-porter Blätter correspondirte. — Die Kenntniß dieses Umstandes veranlaßte leider Lieutenant Brown, von welchem ich eine so gute Meinung gefaßt hatte, wieder eine specifisch angelsächsische Schwäche zu manifestiren, die keineswegs geeignet war. mich in jener Meinung zu bestärken. Ehe er nämlich unser Schiff verließ, trat er zu Herrn Huertas herein und flüsterte ihm ins Ohr: er möge doch ja nicht vergessen, seinem Diensteifer in den eventuellen Korrespondenzen die genügende Anerkennung widerfahren zu lassen, wofür er sich gewiß dank¬ bar erweisen werde. Der Purser versprach, seiner zu erwähnen, und nach einigen Wochen las ich im Herald eine Korrespondenz aus Port Royal, in welcher es hieß: „Der Commander Brown von der Blockadebark Fernan¬ dina erlaubte sich, im Namen der Regierung höchst unnöthiger Weise das Post- schiff Matcmzas um zwölf Stunden aufzuhalten, indem er dasselbe von seiner Station mit Nachrichten nach Wilmington schickte, welche daselbst längst bekannt waren. Wir wünschen, daß die Regierung solchem Unwesen steuern oder wenig¬ stens den Capitänen von Pvstschiffcn Verhaltungsregeln geben möge, in wie weit sie von den Launen der Marineoffiziere abhängig sind." Es war gegen vier Uhr Nachmittags, als wir unsern Cours nach Nord- nordwest änderten und auf die Gegend zudcunpften, in welcher wir den Mount- Vernvn vermutheten. Als es anfing zu dunkeln, wurde die Sache ziemlich mißlich, da die Feuer an der ganzen Küste von den Cvnfvderirten zerstört worden waren und wir keine andern Regulatoren für unsern Cours besaßen als den Compaß und das Loth, welches letztere fortwährend im Gange war. Gegen zehn Uhr Abends waren wir bis auf fünf Faden gekommen, und der Capitän fand es mit vollem Rechte bedenklich, sich der Küste noch mehr zu nähern, als wir in der Ferne nach Südwesten zu die drei Flottenlichtcr, Grün, Roth und Weiß gewahrten, auf welche wir dann mit halbem Dampfe langsam zusteuerten. — Wir wurden jetzt eigentlich erst gewahr, daß wir uns ziemlich

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114855/151>, abgerufen am 28.05.2024.