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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band.

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Im Frühjahr Pflegt das Governo in den Räumen der Villa Borghese an
einem oder zwei Sonntagen dem Volke eine Tombola zu geben. Es ist dies
eine Art öffentlichen Lotto's, aus welchem der Staat eine beträchtliche Einnahme
zieht, ohne jene anständigen Skrupel, welche die Spielbanken in Baden-Baden,
Ems oder Wiesbaden den deutschen Kammern zuweilen erregen. An solchen
Tagen findet von den Mittagsstunden an eine wahre Völkerwanderung den
Corso und die gleichfalls nach der Porta del Popolo einmündenden Ripetta
und Babuina hinab statt. Alte und Junge, Hohe und Geringe. Arme und
Reiche ziehen festlich geputzt hinaus in die Räume der lieblichen Villa Borghese.

Es gehören diese in der Nähe Roms gelegenen Landsitze der vornehmen
römischen Familien zu dem Reizendsten, was man sehen kann. Da keiner
dem andern gleicht, überall die anmuthigsten Abwechselungen herrschen, jeder
einen anderen Blick auf Rom bittet, so ist schon an gewöhnlichen Tagen der
Besuch lohnend -- um wie viel mehr heut am Tombola-Tage.

Wenn wir zum Thore hinaustreten, so streckt sich vor uns die lange gerade
Straße nach Ponte molle zu. Rechts unterhalb der hohen Mauern des Pincio.
die dem Volksglauben zu Folge sich senkten, als Petrus und Paulus zur Richt¬
stätte geführt wurden, die in neuester Zeit aber mit einer Umkleidung versehen
worden, erblicken wir ein triumphbogenartiges Portal, den Eingang zu den
Rasen- und Waldflächen, den Hügeln und Thälern der Villa. ^

Die Fürsten Borghese sind sehr reich. Sie sind Sanesischen Ursprungs,
groß geworden durch Paul den Fünften. Der älteste Sohn hat den Titel:
Fürst von Sulmona. Eine jetzt mit der Hauptlinie verbundene Secundogenitur
bildet die Aldobrandinische Erbschaft, von Papst Clemens des Achten Familie
kommend, mit dem Titel Fürst Aldobrandini.

Die Anlagen der Villa hatten während der Belagerung 1849 furchtbar
gelitten; denn Garibaldi's Freischaaren hatten dort ihr Bivouak aufgeschlagen;
namentlich war der zunächst an die Stadt stoßende Theil, die ehemals Giusti-
nianischen Gärten, welche Don Camillo Borghese, des ersten Napoleon Schwager,
in den Park hineinzog, mit Raphaels Casino und dem Hause, welches man
nach der einstigen Besitzerin, der unseligen Cenci benannte, gänzlich verwüstet.
Leider blieb das geschmacklose weiter im Innern gelegene Aegyptische Thor
stehen. Andere kleinere Wirthschaftsgebäude waren niedergebrannt worden;
ihre Ruinen ragen hier und da aus dem hohen Grase und Gebüsch hervor.
Einen Theil der Pinien hatte man zu Bivouccksfeucrn verbrannt. Noch immer
wird an der Wiederherstellung der Gebäude gearbeitet, und dies ist vielleicht
der Grund, weshalb der Fürst gegen die testamentarischer Bestimmungen der Cenci
den Park an Montagen ganz geschlossen, an den übrigen Tagen nur von Mit¬
tag bis zum Ave Maria geöffnet hält.

Grüne, mit duftigen Kräutern und im Frühling mit einem Teppich von


Grenzboten IV. is62. 2

Im Frühjahr Pflegt das Governo in den Räumen der Villa Borghese an
einem oder zwei Sonntagen dem Volke eine Tombola zu geben. Es ist dies
eine Art öffentlichen Lotto's, aus welchem der Staat eine beträchtliche Einnahme
zieht, ohne jene anständigen Skrupel, welche die Spielbanken in Baden-Baden,
Ems oder Wiesbaden den deutschen Kammern zuweilen erregen. An solchen
Tagen findet von den Mittagsstunden an eine wahre Völkerwanderung den
Corso und die gleichfalls nach der Porta del Popolo einmündenden Ripetta
und Babuina hinab statt. Alte und Junge, Hohe und Geringe. Arme und
Reiche ziehen festlich geputzt hinaus in die Räume der lieblichen Villa Borghese.

Es gehören diese in der Nähe Roms gelegenen Landsitze der vornehmen
römischen Familien zu dem Reizendsten, was man sehen kann. Da keiner
dem andern gleicht, überall die anmuthigsten Abwechselungen herrschen, jeder
einen anderen Blick auf Rom bittet, so ist schon an gewöhnlichen Tagen der
Besuch lohnend — um wie viel mehr heut am Tombola-Tage.

Wenn wir zum Thore hinaustreten, so streckt sich vor uns die lange gerade
Straße nach Ponte molle zu. Rechts unterhalb der hohen Mauern des Pincio.
die dem Volksglauben zu Folge sich senkten, als Petrus und Paulus zur Richt¬
stätte geführt wurden, die in neuester Zeit aber mit einer Umkleidung versehen
worden, erblicken wir ein triumphbogenartiges Portal, den Eingang zu den
Rasen- und Waldflächen, den Hügeln und Thälern der Villa. ^

Die Fürsten Borghese sind sehr reich. Sie sind Sanesischen Ursprungs,
groß geworden durch Paul den Fünften. Der älteste Sohn hat den Titel:
Fürst von Sulmona. Eine jetzt mit der Hauptlinie verbundene Secundogenitur
bildet die Aldobrandinische Erbschaft, von Papst Clemens des Achten Familie
kommend, mit dem Titel Fürst Aldobrandini.

Die Anlagen der Villa hatten während der Belagerung 1849 furchtbar
gelitten; denn Garibaldi's Freischaaren hatten dort ihr Bivouak aufgeschlagen;
namentlich war der zunächst an die Stadt stoßende Theil, die ehemals Giusti-
nianischen Gärten, welche Don Camillo Borghese, des ersten Napoleon Schwager,
in den Park hineinzog, mit Raphaels Casino und dem Hause, welches man
nach der einstigen Besitzerin, der unseligen Cenci benannte, gänzlich verwüstet.
Leider blieb das geschmacklose weiter im Innern gelegene Aegyptische Thor
stehen. Andere kleinere Wirthschaftsgebäude waren niedergebrannt worden;
ihre Ruinen ragen hier und da aus dem hohen Grase und Gebüsch hervor.
Einen Theil der Pinien hatte man zu Bivouccksfeucrn verbrannt. Noch immer
wird an der Wiederherstellung der Gebäude gearbeitet, und dies ist vielleicht
der Grund, weshalb der Fürst gegen die testamentarischer Bestimmungen der Cenci
den Park an Montagen ganz geschlossen, an den übrigen Tagen nur von Mit¬
tag bis zum Ave Maria geöffnet hält.

Grüne, mit duftigen Kräutern und im Frühling mit einem Teppich von


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[0017] Im Frühjahr Pflegt das Governo in den Räumen der Villa Borghese an einem oder zwei Sonntagen dem Volke eine Tombola zu geben. Es ist dies eine Art öffentlichen Lotto's, aus welchem der Staat eine beträchtliche Einnahme zieht, ohne jene anständigen Skrupel, welche die Spielbanken in Baden-Baden, Ems oder Wiesbaden den deutschen Kammern zuweilen erregen. An solchen Tagen findet von den Mittagsstunden an eine wahre Völkerwanderung den Corso und die gleichfalls nach der Porta del Popolo einmündenden Ripetta und Babuina hinab statt. Alte und Junge, Hohe und Geringe. Arme und Reiche ziehen festlich geputzt hinaus in die Räume der lieblichen Villa Borghese. Es gehören diese in der Nähe Roms gelegenen Landsitze der vornehmen römischen Familien zu dem Reizendsten, was man sehen kann. Da keiner dem andern gleicht, überall die anmuthigsten Abwechselungen herrschen, jeder einen anderen Blick auf Rom bittet, so ist schon an gewöhnlichen Tagen der Besuch lohnend — um wie viel mehr heut am Tombola-Tage. Wenn wir zum Thore hinaustreten, so streckt sich vor uns die lange gerade Straße nach Ponte molle zu. Rechts unterhalb der hohen Mauern des Pincio. die dem Volksglauben zu Folge sich senkten, als Petrus und Paulus zur Richt¬ stätte geführt wurden, die in neuester Zeit aber mit einer Umkleidung versehen worden, erblicken wir ein triumphbogenartiges Portal, den Eingang zu den Rasen- und Waldflächen, den Hügeln und Thälern der Villa. ^ Die Fürsten Borghese sind sehr reich. Sie sind Sanesischen Ursprungs, groß geworden durch Paul den Fünften. Der älteste Sohn hat den Titel: Fürst von Sulmona. Eine jetzt mit der Hauptlinie verbundene Secundogenitur bildet die Aldobrandinische Erbschaft, von Papst Clemens des Achten Familie kommend, mit dem Titel Fürst Aldobrandini. Die Anlagen der Villa hatten während der Belagerung 1849 furchtbar gelitten; denn Garibaldi's Freischaaren hatten dort ihr Bivouak aufgeschlagen; namentlich war der zunächst an die Stadt stoßende Theil, die ehemals Giusti- nianischen Gärten, welche Don Camillo Borghese, des ersten Napoleon Schwager, in den Park hineinzog, mit Raphaels Casino und dem Hause, welches man nach der einstigen Besitzerin, der unseligen Cenci benannte, gänzlich verwüstet. Leider blieb das geschmacklose weiter im Innern gelegene Aegyptische Thor stehen. Andere kleinere Wirthschaftsgebäude waren niedergebrannt worden; ihre Ruinen ragen hier und da aus dem hohen Grase und Gebüsch hervor. Einen Theil der Pinien hatte man zu Bivouccksfeucrn verbrannt. Noch immer wird an der Wiederherstellung der Gebäude gearbeitet, und dies ist vielleicht der Grund, weshalb der Fürst gegen die testamentarischer Bestimmungen der Cenci den Park an Montagen ganz geschlossen, an den übrigen Tagen nur von Mit¬ tag bis zum Ave Maria geöffnet hält. Grüne, mit duftigen Kräutern und im Frühling mit einem Teppich von Grenzboten IV. is62. 2

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114855/17>, abgerufen am 14.05.2024.