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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band.

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sich dann ausgesponnen, desto weiter ist die Kluft, welche die beiden Theile
trennt, und desto schärfer die Sprache, die sie gegen einander führen.

Nachdem wir mit Kummer und Bedauern diesen unbefriedigender Stand
der Angelegenheit betrachtet und über die ungünstigen Resultate, welche von
ferneren directen Mittheilungen zwischen in ihren Meinungen so entgegengesetzten
Mächten erwartet werden müssen, uns klar geworden^ hat Ihre Majestät an¬
geordnet, daß Sie mit Jnstructionen versehen werden sollen, welche hoffentlich zu
der längst gewünschten Einigung führen werden. Bei Entwerfung dieser Jn¬
structionen ist es rathsam. diejenigen Gegenstände der Berechnung voran zu
stellen, über die der Streit als erschöpft zu betrachten sein dürfte.

Der erste dieser Gegenstände bezieht sich auf die Frage, ob in Holstein
oder Lauenburg ohne ausdrückliche Genehmigung der Stände dieser Herzog-
thümer Steuern eingeführt werden oder Gesetze in Kraft treten sonnen. Diese
Frage ist durch die verneinende Entscheidung des deutschen Bundes, dessen Mit¬
glieder die Herzogthümer Holstein und Lauenburg sind, erledigt.

Eine andere Frage, die nicht weiter zu erörtern nöthig ist, ist die Ver¬
fassung von 1855.

Es ist klar, daß eine Verfassung, möge sie nach der Ansicht der Glieder
des Königreichs oder nach der der Herzogthümer gut oder schlecht sein, doch
keine Kraft in Holstein, Lauenburg und Schleswig hat, da die Herzogthümer
sie nicht angenommen haben.

Ebensowenig ist es nöthig, die Rechte Dänemarks, hinsichtlich seines Neichs-
raths, zu erörtern.

Es ist ganz klar, daß Dänemark ohne die Genehmigung Holsteins. Lauen-
burgs und Schleswigs sich selbst Gesetze geben und Steuern, die von seinem
eignen Volke zu erheben sind, auflegen kann. Es bleiben noch zwei Fragen
von großer Wichtigkeit. Die erste betrifft das Herzogthum Schleswig, die
zweite die Gesammtstaatsverfassung. Schleswig war ehemals in einer ganz
anomalen Stellung. Obgleich dem deutschen Bunde nicht angehörig, war es
doch mit Holstein, das einen Theil dieses Bundes ausmachte, verbunden.
Spätere Anordnungen haben diese unzweckmäßige Verbindung gelöst, und Schles¬
wig ist jetzt nur mit Holstein in nichtpolitischen Beziehungen, welche beide'ge-
meinschaftlich berühren, verbunden. Nichtsdestoweniger bestehen Beziehungen
zwischen Deutschland und Dänemark hinsichtlich Schleswigs, welche Anlaß zu
den gegenwärtigen Streitigkeiten gegeben haben.

Die von Dänemark eingegangene Ehrenverpflichtung gegen Schleswig,
als solche dem deutschen Bunde vom Könige von Dänemark im Jahre 1852
mitgetheilt, betrifft hauptsächlich ^wei Punkte! Der erste derselben ist das
königliche Versprechen, daß Schleswig Dänemark nicht einverleibt werden soll;
der zweite'ist wesentlich eine Verpflichtung, daß die Deutschen in Schleswig


sich dann ausgesponnen, desto weiter ist die Kluft, welche die beiden Theile
trennt, und desto schärfer die Sprache, die sie gegen einander führen.

Nachdem wir mit Kummer und Bedauern diesen unbefriedigender Stand
der Angelegenheit betrachtet und über die ungünstigen Resultate, welche von
ferneren directen Mittheilungen zwischen in ihren Meinungen so entgegengesetzten
Mächten erwartet werden müssen, uns klar geworden^ hat Ihre Majestät an¬
geordnet, daß Sie mit Jnstructionen versehen werden sollen, welche hoffentlich zu
der längst gewünschten Einigung führen werden. Bei Entwerfung dieser Jn¬
structionen ist es rathsam. diejenigen Gegenstände der Berechnung voran zu
stellen, über die der Streit als erschöpft zu betrachten sein dürfte.

Der erste dieser Gegenstände bezieht sich auf die Frage, ob in Holstein
oder Lauenburg ohne ausdrückliche Genehmigung der Stände dieser Herzog-
thümer Steuern eingeführt werden oder Gesetze in Kraft treten sonnen. Diese
Frage ist durch die verneinende Entscheidung des deutschen Bundes, dessen Mit¬
glieder die Herzogthümer Holstein und Lauenburg sind, erledigt.

Eine andere Frage, die nicht weiter zu erörtern nöthig ist, ist die Ver¬
fassung von 1855.

Es ist klar, daß eine Verfassung, möge sie nach der Ansicht der Glieder
des Königreichs oder nach der der Herzogthümer gut oder schlecht sein, doch
keine Kraft in Holstein, Lauenburg und Schleswig hat, da die Herzogthümer
sie nicht angenommen haben.

Ebensowenig ist es nöthig, die Rechte Dänemarks, hinsichtlich seines Neichs-
raths, zu erörtern.

Es ist ganz klar, daß Dänemark ohne die Genehmigung Holsteins. Lauen-
burgs und Schleswigs sich selbst Gesetze geben und Steuern, die von seinem
eignen Volke zu erheben sind, auflegen kann. Es bleiben noch zwei Fragen
von großer Wichtigkeit. Die erste betrifft das Herzogthum Schleswig, die
zweite die Gesammtstaatsverfassung. Schleswig war ehemals in einer ganz
anomalen Stellung. Obgleich dem deutschen Bunde nicht angehörig, war es
doch mit Holstein, das einen Theil dieses Bundes ausmachte, verbunden.
Spätere Anordnungen haben diese unzweckmäßige Verbindung gelöst, und Schles¬
wig ist jetzt nur mit Holstein in nichtpolitischen Beziehungen, welche beide'ge-
meinschaftlich berühren, verbunden. Nichtsdestoweniger bestehen Beziehungen
zwischen Deutschland und Dänemark hinsichtlich Schleswigs, welche Anlaß zu
den gegenwärtigen Streitigkeiten gegeben haben.

Die von Dänemark eingegangene Ehrenverpflichtung gegen Schleswig,
als solche dem deutschen Bunde vom Könige von Dänemark im Jahre 1852
mitgetheilt, betrifft hauptsächlich ^wei Punkte! Der erste derselben ist das
königliche Versprechen, daß Schleswig Dänemark nicht einverleibt werden soll;
der zweite'ist wesentlich eine Verpflichtung, daß die Deutschen in Schleswig


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114855/324>, abgerufen am 14.05.2024.