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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band.

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rend dieses schwierigen Rückzugs Augenblicke der Unordnung, aber welche Armee'
wäre unter ähnlichen Umständen der Gefahr vollständig entkommen, und auf
alle Fälle bleibt die Thatsache bestehen, daß die Potomac-Armee, in einem
Lande, welches .nur Hemmnisse für sie bot, und von Streitkräften doppelt so
stark als sie selbst angegriffen, glücklich eine Position gewonnen hatte, in der
sie außer Gefahr und nach Eintreffen hinreichender Verstärkungen im Stande
war, die Offensive wieder zu ergreifen." .

Als die Bundestruppen sich sämmtlich auf den Abhängen von Malvern
Hill aufgestellt, versuchten die Conföderirten, die sich inzwischen ebenfalls hier con-
centrirt, einen letzten Angriff. 'Mac Clellan traf in der Nacht vom 30. Juni
aus den 1. Juli die nöthigen Maßregeln, sie wohl zu empfangen. Er stellte
die gesammte Artillerie, wenigstens 300 Geschütze, aus diesen Höhen in der
Weise auf. daß sie das Feuer der Infanterie über den Abhang hin, welchen
die Angreifer ungedeckt zu ersteigen hatten, nicht genirte. Mit dem Feuer dieser
Artillerie verbanden sich die hundertpfündigen Bomben der Kanonenboote,
welche wie Tags vorher beauftragt waren, die Flanke der Stellung zu decken.
E" war Thorheit, sich auf solche Hindernisse zu stürzen. Dennoch versuchten
es die Conföderirten. Wiederholt wagten sie den Sturm auf Malvern Hill,
aber ohne jemals auch nur einen Augenblick Aussicht auf Erfolg zu haben.
Der Tag war für sie nichts als eine nutzlose Schlächterei. Ihre Verluste waren
sehr beträchtlich, die der Föderalisten unbedeutend. Dieser Erfolg hatte zwei
Ursachen: zunächst die glückliche Voraussicht des Generals, der trotz aller
Hindernisse,, welche die Natur des Bodens der Fortschaffung seiner zahlreichen
Artillerie entgegenstellte, nichts unterließ, sie mit sich fortzubringen, und dann
die Festigkeit der Truppen, die er befehligte. Man macht keinen Feldzug wie
den, welchen sie durchgemacht hatten, man geht nicht durch Prüfungen, wie
die. durch welche sie gegangen waren, ohne mehr oder mind'er kriegsgewohnt
daraus hervorzugehen. Wäre ihre anfängliche Organisation besser gewesen, so
würden die, welche diesen rauhen Feldzug überlebten -- ich scheue mich nicht es
auszusprechen -- sich getrost den ersten Soldaten der Welt haben an die Seite
stellen können.

Am Abend dieses letzten Kampfes zog sich der Feind erschöpft zurück, um
nicht wieder zu erscheinen, und die Potomac-Armee nahm, um sich auszuruhen,
Stellung bei Harrisons Bar, einem Orte, der von ihren Ingenieuren und der
Marine gewählt worden, weil er die Vertheidigung und Verproviantirung er¬
leichterte. Der Feldzug gegen Richmond war beendigt, ohne Erfolg
zwar, aber nicht ohne Ehre. Die Ehre war gerettet, aber Ine, welche auf den
Erfolg gerechnet und von ihm eine rasche Wiederherstellung der großen ameri¬
kanischen Union erwartet hatten, sahen ihre Hoffnungen leider getäuscht.




rend dieses schwierigen Rückzugs Augenblicke der Unordnung, aber welche Armee'
wäre unter ähnlichen Umständen der Gefahr vollständig entkommen, und auf
alle Fälle bleibt die Thatsache bestehen, daß die Potomac-Armee, in einem
Lande, welches .nur Hemmnisse für sie bot, und von Streitkräften doppelt so
stark als sie selbst angegriffen, glücklich eine Position gewonnen hatte, in der
sie außer Gefahr und nach Eintreffen hinreichender Verstärkungen im Stande
war, die Offensive wieder zu ergreifen." .

Als die Bundestruppen sich sämmtlich auf den Abhängen von Malvern
Hill aufgestellt, versuchten die Conföderirten, die sich inzwischen ebenfalls hier con-
centrirt, einen letzten Angriff. 'Mac Clellan traf in der Nacht vom 30. Juni
aus den 1. Juli die nöthigen Maßregeln, sie wohl zu empfangen. Er stellte
die gesammte Artillerie, wenigstens 300 Geschütze, aus diesen Höhen in der
Weise auf. daß sie das Feuer der Infanterie über den Abhang hin, welchen
die Angreifer ungedeckt zu ersteigen hatten, nicht genirte. Mit dem Feuer dieser
Artillerie verbanden sich die hundertpfündigen Bomben der Kanonenboote,
welche wie Tags vorher beauftragt waren, die Flanke der Stellung zu decken.
E» war Thorheit, sich auf solche Hindernisse zu stürzen. Dennoch versuchten
es die Conföderirten. Wiederholt wagten sie den Sturm auf Malvern Hill,
aber ohne jemals auch nur einen Augenblick Aussicht auf Erfolg zu haben.
Der Tag war für sie nichts als eine nutzlose Schlächterei. Ihre Verluste waren
sehr beträchtlich, die der Föderalisten unbedeutend. Dieser Erfolg hatte zwei
Ursachen: zunächst die glückliche Voraussicht des Generals, der trotz aller
Hindernisse,, welche die Natur des Bodens der Fortschaffung seiner zahlreichen
Artillerie entgegenstellte, nichts unterließ, sie mit sich fortzubringen, und dann
die Festigkeit der Truppen, die er befehligte. Man macht keinen Feldzug wie
den, welchen sie durchgemacht hatten, man geht nicht durch Prüfungen, wie
die. durch welche sie gegangen waren, ohne mehr oder mind'er kriegsgewohnt
daraus hervorzugehen. Wäre ihre anfängliche Organisation besser gewesen, so
würden die, welche diesen rauhen Feldzug überlebten — ich scheue mich nicht es
auszusprechen — sich getrost den ersten Soldaten der Welt haben an die Seite
stellen können.

Am Abend dieses letzten Kampfes zog sich der Feind erschöpft zurück, um
nicht wieder zu erscheinen, und die Potomac-Armee nahm, um sich auszuruhen,
Stellung bei Harrisons Bar, einem Orte, der von ihren Ingenieuren und der
Marine gewählt worden, weil er die Vertheidigung und Verproviantirung er¬
leichterte. Der Feldzug gegen Richmond war beendigt, ohne Erfolg
zwar, aber nicht ohne Ehre. Die Ehre war gerettet, aber Ine, welche auf den
Erfolg gerechnet und von ihm eine rasche Wiederherstellung der großen ameri¬
kanischen Union erwartet hatten, sahen ihre Hoffnungen leider getäuscht.




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114855/480>, abgerufen am 14.05.2024.