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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band.

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Philologischer Kritik hergestellten Texte, wie auf die historische Behandlung des
Ueberlieferten verwandte, so wird man nicht umhin können, diesen Anfängen
bereits einen Platz neben den bedeutendsten monumentalen Publicationen ein¬
zuräumen.

Die Leitung der Herausgabe war von der Commission dem durch seine
Arbeiten auf dem Gebiete der Städtegeschichte rühmlichst bekannten Professor
Karl Hegel in Erlangen übertragen worden, der seinerseits mehrere jüngere
Gelehrte zu dem Unternehmen beizog. von denen bei der Bearbeitung des
vorliegenden Bandes Dr. von Kern als Historiker, Dr. Lexer als Philolog
thätig waren.

Ueber die Chroniken selbst ist es schwierig, einen Bericht zu geben, der
auch nur annähernd dasjenige charakterisirte, was ihnen ihren hohen Werth
und Reiz verleiht. Es wird die Bemerkung genügen müssen, daß der Ver¬
sasser der ersten, Ulman Strömer, einer der Rathsherrn der Stadt, über sich
und sein Geschlecht und über eine Reihe von Ereignissen seiner Zeit Nachricht
gibt, die mit seiner Person und seinen Geschäften in Beziehung stehen. Es
war ein bedeutender und einflußreicher Mann. In dem Regiment der
Stadt spielte er lange Zeit eine der hervorragendsten Rollen und auch in den
auswärtigen Angelegenheiten Nürnbergs wurde er mit Vorliebe verwandt, wie
er denn nur im Jahre 1380 vier auswärtige Missionen verrichtet, nachdem er
1384 einer der Abgeordneten gewesen war, welche in Nördlingen den Beitritt
Nürnbergs zum schwäbischen Städtebünde abschlossen. Aber auch als Privat¬
mann war er in seinen Verhältnissen danach angethan, als einer der hervor¬
ragendsten Bürger der Stadt zu gelten.

Die Anlage der ersten Papiermühle in Nürnberg bezeugt seine lebhafte
industrielle Thätigkeit, wie denn auch sonst aus seinen Aufzeichnungen hervor¬
geht, "daß er Großhandel mit Waaren aller Art betneb", und die großen
Häuser- und Güterkäufe, von denen er berichtet, beweisen den günstigen
Erfolg seiner merkantilen Bestrebungen. -- Die zweite Chronik, über deren
Verfasser kein Aufschluß gegeben werden kann, entstand zwischen 1420 und
1440 und erhält ihren Werth-durch die Glaubwürdigkeit ihres Verfassers als
eines Zeitgenossen, der über seine Zeit berichtet. Ihre Bedeutung beruht haupt¬
sächlich in der Berichtigung und Aufklärung von Details der Nürnbergischen
Geschichte, die doch bei dem Zusammenhange mit der politischen Geschichte
Deutschlands auch eines allgemeinen Nutzens nicht entbehren. --

Wenn die Chroniken selbst als unmittelbare Abbilder der Zeit, in der sie ent¬
standen, und als unverändert auch in ihrer äußeren Form, wie sie hier vorgelegt
werden, nicht ermangeln, unser lebhaftestes Interesse wach zu rufen., so ist das
wohl in noch höherem Grade durch die zahlreichen Beilagen geschehen, deren
Bearbeitung nach dem reichen archivalischen Material? wir dem Fleiße des


Grenzboten IV. 1862. 62

Philologischer Kritik hergestellten Texte, wie auf die historische Behandlung des
Ueberlieferten verwandte, so wird man nicht umhin können, diesen Anfängen
bereits einen Platz neben den bedeutendsten monumentalen Publicationen ein¬
zuräumen.

Die Leitung der Herausgabe war von der Commission dem durch seine
Arbeiten auf dem Gebiete der Städtegeschichte rühmlichst bekannten Professor
Karl Hegel in Erlangen übertragen worden, der seinerseits mehrere jüngere
Gelehrte zu dem Unternehmen beizog. von denen bei der Bearbeitung des
vorliegenden Bandes Dr. von Kern als Historiker, Dr. Lexer als Philolog
thätig waren.

Ueber die Chroniken selbst ist es schwierig, einen Bericht zu geben, der
auch nur annähernd dasjenige charakterisirte, was ihnen ihren hohen Werth
und Reiz verleiht. Es wird die Bemerkung genügen müssen, daß der Ver¬
sasser der ersten, Ulman Strömer, einer der Rathsherrn der Stadt, über sich
und sein Geschlecht und über eine Reihe von Ereignissen seiner Zeit Nachricht
gibt, die mit seiner Person und seinen Geschäften in Beziehung stehen. Es
war ein bedeutender und einflußreicher Mann. In dem Regiment der
Stadt spielte er lange Zeit eine der hervorragendsten Rollen und auch in den
auswärtigen Angelegenheiten Nürnbergs wurde er mit Vorliebe verwandt, wie
er denn nur im Jahre 1380 vier auswärtige Missionen verrichtet, nachdem er
1384 einer der Abgeordneten gewesen war, welche in Nördlingen den Beitritt
Nürnbergs zum schwäbischen Städtebünde abschlossen. Aber auch als Privat¬
mann war er in seinen Verhältnissen danach angethan, als einer der hervor¬
ragendsten Bürger der Stadt zu gelten.

Die Anlage der ersten Papiermühle in Nürnberg bezeugt seine lebhafte
industrielle Thätigkeit, wie denn auch sonst aus seinen Aufzeichnungen hervor¬
geht, „daß er Großhandel mit Waaren aller Art betneb", und die großen
Häuser- und Güterkäufe, von denen er berichtet, beweisen den günstigen
Erfolg seiner merkantilen Bestrebungen. — Die zweite Chronik, über deren
Verfasser kein Aufschluß gegeben werden kann, entstand zwischen 1420 und
1440 und erhält ihren Werth-durch die Glaubwürdigkeit ihres Verfassers als
eines Zeitgenossen, der über seine Zeit berichtet. Ihre Bedeutung beruht haupt¬
sächlich in der Berichtigung und Aufklärung von Details der Nürnbergischen
Geschichte, die doch bei dem Zusammenhange mit der politischen Geschichte
Deutschlands auch eines allgemeinen Nutzens nicht entbehren. —

Wenn die Chroniken selbst als unmittelbare Abbilder der Zeit, in der sie ent¬
standen, und als unverändert auch in ihrer äußeren Form, wie sie hier vorgelegt
werden, nicht ermangeln, unser lebhaftestes Interesse wach zu rufen., so ist das
wohl in noch höherem Grade durch die zahlreichen Beilagen geschehen, deren
Bearbeitung nach dem reichen archivalischen Material? wir dem Fleiße des


Grenzboten IV. 1862. 62
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[0501] Philologischer Kritik hergestellten Texte, wie auf die historische Behandlung des Ueberlieferten verwandte, so wird man nicht umhin können, diesen Anfängen bereits einen Platz neben den bedeutendsten monumentalen Publicationen ein¬ zuräumen. Die Leitung der Herausgabe war von der Commission dem durch seine Arbeiten auf dem Gebiete der Städtegeschichte rühmlichst bekannten Professor Karl Hegel in Erlangen übertragen worden, der seinerseits mehrere jüngere Gelehrte zu dem Unternehmen beizog. von denen bei der Bearbeitung des vorliegenden Bandes Dr. von Kern als Historiker, Dr. Lexer als Philolog thätig waren. Ueber die Chroniken selbst ist es schwierig, einen Bericht zu geben, der auch nur annähernd dasjenige charakterisirte, was ihnen ihren hohen Werth und Reiz verleiht. Es wird die Bemerkung genügen müssen, daß der Ver¬ sasser der ersten, Ulman Strömer, einer der Rathsherrn der Stadt, über sich und sein Geschlecht und über eine Reihe von Ereignissen seiner Zeit Nachricht gibt, die mit seiner Person und seinen Geschäften in Beziehung stehen. Es war ein bedeutender und einflußreicher Mann. In dem Regiment der Stadt spielte er lange Zeit eine der hervorragendsten Rollen und auch in den auswärtigen Angelegenheiten Nürnbergs wurde er mit Vorliebe verwandt, wie er denn nur im Jahre 1380 vier auswärtige Missionen verrichtet, nachdem er 1384 einer der Abgeordneten gewesen war, welche in Nördlingen den Beitritt Nürnbergs zum schwäbischen Städtebünde abschlossen. Aber auch als Privat¬ mann war er in seinen Verhältnissen danach angethan, als einer der hervor¬ ragendsten Bürger der Stadt zu gelten. Die Anlage der ersten Papiermühle in Nürnberg bezeugt seine lebhafte industrielle Thätigkeit, wie denn auch sonst aus seinen Aufzeichnungen hervor¬ geht, „daß er Großhandel mit Waaren aller Art betneb", und die großen Häuser- und Güterkäufe, von denen er berichtet, beweisen den günstigen Erfolg seiner merkantilen Bestrebungen. — Die zweite Chronik, über deren Verfasser kein Aufschluß gegeben werden kann, entstand zwischen 1420 und 1440 und erhält ihren Werth-durch die Glaubwürdigkeit ihres Verfassers als eines Zeitgenossen, der über seine Zeit berichtet. Ihre Bedeutung beruht haupt¬ sächlich in der Berichtigung und Aufklärung von Details der Nürnbergischen Geschichte, die doch bei dem Zusammenhange mit der politischen Geschichte Deutschlands auch eines allgemeinen Nutzens nicht entbehren. — Wenn die Chroniken selbst als unmittelbare Abbilder der Zeit, in der sie ent¬ standen, und als unverändert auch in ihrer äußeren Form, wie sie hier vorgelegt werden, nicht ermangeln, unser lebhaftestes Interesse wach zu rufen., so ist das wohl in noch höherem Grade durch die zahlreichen Beilagen geschehen, deren Bearbeitung nach dem reichen archivalischen Material? wir dem Fleiße des Grenzboten IV. 1862. 62

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114855/501>, abgerufen am 14.05.2024.