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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band.

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von Leibrenten zu IlV-, Procent und von Capitalzinsen, Ewiggeld genannt, zu
5 Procent" realisirt wurden

Neben solchen außerordentlichen erscheinen übrigens auch ordentliche, regel¬
mäßig erhobene Steuern in dem Budget der Stadt, von welchem eine Probe,
die Rechnung vom 2. Januar bis 6, April 1388 in unserer Publication aus¬
führlich mitgetheilt ist. Denn nicht am Ende jedes Jahres fand eine Rech¬
nungsablage statt, sondern bis zum 15. Jahrhundert geschah das "in wechseln¬
den Fristen, bald nach drei, vier Monaten, bald nach längerer Zeit, bisweilen
über Jahresfrist hinaus". >

Die Abrechnung wurde von den "Losungcrn" vorgelegt, wie wir gesehen
haben, zwei Rathsherren aus dem Kreise der Ehrbaren, denen einer der in den
Rath gezogenen Handwerker behülflich war, vor einem Ausschüsse des Rathes,
der gewöhnlich aus sieben Mitgliedern bestand.

Als Einnahmen ergaben sich: "Abgaben vom Handel, Gewerbe und
Verkehr", Erträgnisse der Zölle, Taxe" für ertheilte Concessionen und Bürger-
aufnahmen; "Erträgnisse vom Grundbesitz und aus dem Gebiete der Stadt",
die Einkünfte aus der Stadt Forsten und Weihern; Polizeistrafen ^); Judcn-
zins, endlich die eigentlichen Steuern. Hier hatte man zuerst eine indirecte
Steuer von den Consumenten erhoben, das sog. "Umgeld", welches aus Getränke.
Wein, Bier und Meth gelegt und theils nach der Quantität des Maßes, theils
nach der Qualität der Sorte berechnet war, eine bedeutende, aber auch im Volk
verhaßte Einnahmequelle, die Ende des 14. und Anfang des 15. Jahrhunderts
im Durchschnitt jährlich zwischen 50,000 und 60,00" Fi. unseres Geldes ertrug,
wohl "ein Drittel und mehr der Gesammteinnahme der Stadt". Daneben
traf dann die directe Steuer, die "Losung", hauptsächlich die wohlhabenden
Bürger, vor Allen das Patriciat, dessen Fortbestand gegenüber den Zünften
Hegel ganz vorzüglich dieser Selbstbesteuerung zuschreibt. Diese directe Be¬
steuerung, bei welcher sich jeder Bürger "nach Eid und Gewissen selbst schätzte",
brachte ungefähr das Doppelte des Ungelds auf.

Endlich erscheinen auch noch Anleihen in der Liste der städtischen Ein¬
nahmen, bei denen die Stadt in der Regel 5, häusig auch nur 4 Procent zu
geben brauchte.

Die Ausgaben zerfallen natürlich in die gewöhnlichen laufenden und in
außerordentliche Besoldungen und "Liebungen", d. h. Geschenke für besondere
Bemühung im städtischen Dienste, Bestreitung von Gesandtschaften, "Königs,
Steuer" und Geschenke an fürstliche Personen, öffentliche Bauten u. A. So



"> Wir machen bei dieser Gelegenheit auf eine höchst interessante Publication des Stutt¬
garter tilciauschen Veicins (die LSstc) aufmerksam! Nürnbergs Polizeiordnungen aus dem
13.--15. Jahrhundert herausgegeben von Jos. Baader. Stuttgart.

von Leibrenten zu IlV-, Procent und von Capitalzinsen, Ewiggeld genannt, zu
5 Procent" realisirt wurden

Neben solchen außerordentlichen erscheinen übrigens auch ordentliche, regel¬
mäßig erhobene Steuern in dem Budget der Stadt, von welchem eine Probe,
die Rechnung vom 2. Januar bis 6, April 1388 in unserer Publication aus¬
führlich mitgetheilt ist. Denn nicht am Ende jedes Jahres fand eine Rech¬
nungsablage statt, sondern bis zum 15. Jahrhundert geschah das „in wechseln¬
den Fristen, bald nach drei, vier Monaten, bald nach längerer Zeit, bisweilen
über Jahresfrist hinaus". >

Die Abrechnung wurde von den „Losungcrn" vorgelegt, wie wir gesehen
haben, zwei Rathsherren aus dem Kreise der Ehrbaren, denen einer der in den
Rath gezogenen Handwerker behülflich war, vor einem Ausschüsse des Rathes,
der gewöhnlich aus sieben Mitgliedern bestand.

Als Einnahmen ergaben sich: „Abgaben vom Handel, Gewerbe und
Verkehr", Erträgnisse der Zölle, Taxe» für ertheilte Concessionen und Bürger-
aufnahmen; „Erträgnisse vom Grundbesitz und aus dem Gebiete der Stadt",
die Einkünfte aus der Stadt Forsten und Weihern; Polizeistrafen ^); Judcn-
zins, endlich die eigentlichen Steuern. Hier hatte man zuerst eine indirecte
Steuer von den Consumenten erhoben, das sog. „Umgeld", welches aus Getränke.
Wein, Bier und Meth gelegt und theils nach der Quantität des Maßes, theils
nach der Qualität der Sorte berechnet war, eine bedeutende, aber auch im Volk
verhaßte Einnahmequelle, die Ende des 14. und Anfang des 15. Jahrhunderts
im Durchschnitt jährlich zwischen 50,000 und 60,00» Fi. unseres Geldes ertrug,
wohl „ein Drittel und mehr der Gesammteinnahme der Stadt". Daneben
traf dann die directe Steuer, die „Losung", hauptsächlich die wohlhabenden
Bürger, vor Allen das Patriciat, dessen Fortbestand gegenüber den Zünften
Hegel ganz vorzüglich dieser Selbstbesteuerung zuschreibt. Diese directe Be¬
steuerung, bei welcher sich jeder Bürger „nach Eid und Gewissen selbst schätzte",
brachte ungefähr das Doppelte des Ungelds auf.

Endlich erscheinen auch noch Anleihen in der Liste der städtischen Ein¬
nahmen, bei denen die Stadt in der Regel 5, häusig auch nur 4 Procent zu
geben brauchte.

Die Ausgaben zerfallen natürlich in die gewöhnlichen laufenden und in
außerordentliche Besoldungen und „Liebungen", d. h. Geschenke für besondere
Bemühung im städtischen Dienste, Bestreitung von Gesandtschaften, „Königs,
Steuer" und Geschenke an fürstliche Personen, öffentliche Bauten u. A. So



"> Wir machen bei dieser Gelegenheit auf eine höchst interessante Publication des Stutt¬
garter tilciauschen Veicins (die LSstc) aufmerksam! Nürnbergs Polizeiordnungen aus dem
13.—15. Jahrhundert herausgegeben von Jos. Baader. Stuttgart.
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[0506] von Leibrenten zu IlV-, Procent und von Capitalzinsen, Ewiggeld genannt, zu 5 Procent" realisirt wurden Neben solchen außerordentlichen erscheinen übrigens auch ordentliche, regel¬ mäßig erhobene Steuern in dem Budget der Stadt, von welchem eine Probe, die Rechnung vom 2. Januar bis 6, April 1388 in unserer Publication aus¬ führlich mitgetheilt ist. Denn nicht am Ende jedes Jahres fand eine Rech¬ nungsablage statt, sondern bis zum 15. Jahrhundert geschah das „in wechseln¬ den Fristen, bald nach drei, vier Monaten, bald nach längerer Zeit, bisweilen über Jahresfrist hinaus". > Die Abrechnung wurde von den „Losungcrn" vorgelegt, wie wir gesehen haben, zwei Rathsherren aus dem Kreise der Ehrbaren, denen einer der in den Rath gezogenen Handwerker behülflich war, vor einem Ausschüsse des Rathes, der gewöhnlich aus sieben Mitgliedern bestand. Als Einnahmen ergaben sich: „Abgaben vom Handel, Gewerbe und Verkehr", Erträgnisse der Zölle, Taxe» für ertheilte Concessionen und Bürger- aufnahmen; „Erträgnisse vom Grundbesitz und aus dem Gebiete der Stadt", die Einkünfte aus der Stadt Forsten und Weihern; Polizeistrafen ^); Judcn- zins, endlich die eigentlichen Steuern. Hier hatte man zuerst eine indirecte Steuer von den Consumenten erhoben, das sog. „Umgeld", welches aus Getränke. Wein, Bier und Meth gelegt und theils nach der Quantität des Maßes, theils nach der Qualität der Sorte berechnet war, eine bedeutende, aber auch im Volk verhaßte Einnahmequelle, die Ende des 14. und Anfang des 15. Jahrhunderts im Durchschnitt jährlich zwischen 50,000 und 60,00» Fi. unseres Geldes ertrug, wohl „ein Drittel und mehr der Gesammteinnahme der Stadt". Daneben traf dann die directe Steuer, die „Losung", hauptsächlich die wohlhabenden Bürger, vor Allen das Patriciat, dessen Fortbestand gegenüber den Zünften Hegel ganz vorzüglich dieser Selbstbesteuerung zuschreibt. Diese directe Be¬ steuerung, bei welcher sich jeder Bürger „nach Eid und Gewissen selbst schätzte", brachte ungefähr das Doppelte des Ungelds auf. Endlich erscheinen auch noch Anleihen in der Liste der städtischen Ein¬ nahmen, bei denen die Stadt in der Regel 5, häusig auch nur 4 Procent zu geben brauchte. Die Ausgaben zerfallen natürlich in die gewöhnlichen laufenden und in außerordentliche Besoldungen und „Liebungen", d. h. Geschenke für besondere Bemühung im städtischen Dienste, Bestreitung von Gesandtschaften, „Königs, Steuer" und Geschenke an fürstliche Personen, öffentliche Bauten u. A. So "> Wir machen bei dieser Gelegenheit auf eine höchst interessante Publication des Stutt¬ garter tilciauschen Veicins (die LSstc) aufmerksam! Nürnbergs Polizeiordnungen aus dem 13.—15. Jahrhundert herausgegeben von Jos. Baader. Stuttgart.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114855/506>, abgerufen am 29.05.2024.