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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band.

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Th. Große aus Dresden stellte im deutschen Vereine seine Entwürfe
zur Ausschmückung des Leipziger Stadthauses aus, eine Cvncurrenzarbeit, die
den Preis errungen, im Vaterlande die wohlverdiente Anerkennung gefunden,
und des Künstlers Ruf gesichert hat.

Wenden wir uns nun zu den Landschaftern, zunächst zu Franz Drewer.
Er ist unbestritten zur Zeit der bedeutendste und gediegenste Landschaftsmaler
in Rom. ein Mann voll ernsten Strebens, dem es um das wahre Wesen der
Kunst Hu thun ist. Er malt großartige, ernste und stilvolle Kompositionen.
Fern von aller Manierirtheit, von der Sucht, durch Effect und complicirten
Farbenreiz wirken zu wollen, sind seine Bilder gleich ergreifend durch den Total-
eindruck wie durch das Detail der Ausführung und durch Naturwahrheit.
Wie Overbecks Compositionen erhaben über denen seiner Nachahmer, so ver¬
schwindet als leichte Waare gegen Franz Drewers Bilder, was wir sonst von
Landschaftsmalerei in Rom sahen, und uns überkam unwillkürlich der Wunsch,
ihn als Lehrer an einer unserer deutschen Kunstschulen wirken zu sehen, um
durch seine Richtung unsere deutsche Landschaftsmalerei auf den richtigen Weg
zurückzulenken, von welchem sie durch unglückselige Nachahmung französischer
Vorbilder und durch die Sucht nach Farbeneffect auf Kosten der Naturwahrheit
abgekommen ist. Ein großes Bild in F. Drewers Atelier, eine Landschaft im
Charakter des Sabiner Gebirges machte allerdings den Eindruck einer großen
Studie, sollte aber auch nichts Anderes sein. Was der Künstler zu leisten ver¬
mag, bewiesen ein^,Hain mit mythologischer Staffage" (Hylas mit den Nymphen)
und eine "Waldgegend am Fuße des Soracte".

Ganz entgegengesetzt dem F. Drewer ist Lindemann-Frommelts Richtung.
Wie poetisch seine Bilder sind, wie bestechend durch Licht. Dust, Farbe und ge¬
schmackvolles Arrangement, so zeigen sie doch eine prononcirte conventionelle
Manier, welche sie nicht über das Niveau von Salonbildern sich erheben läßt.
Andererseits ist es aber nicht zu leugnen, daß Lindemann-Frommelt die
Sehnsucht nach dem Lande voll Sonnenschein, wo im dunklen Laube die
Orangen glühen, zu wecken weiß. Sein "Nemi-See", den wir kürzlich in
Deutschland wiederfanden, ist ein zartes und ein duftigweiches Bild, voll ita¬
lienischer Gluth, aber alles Andere, nur nicht der Nemi-See. Der Maler
darf sich gewisse Freiheiten erlauben, er darf aber nie den Charakter einer be¬
stimmten Landschaft total verändern. In Lindemann-Frommelts Atelier in Rom
fanden wir zwei große Ansichten von Potsdam, auf Bestellung des Königs von
Preußen gemalt. In der That, Potsdam war uns nie so schön erschienen,
wie auf diesen Bildern, aber es war dieser Ort mit italienischer Luftperspective,
italienischen Baumformen und Terraintönen; wo waren da die Kiefern, Birken,
die mageren Sand- und Heideflächen des BrauhausbergeS und von Nvvaves?
Des Künstlers stärkste Serte sind seine Aquarellen, von denen wir einen ganzen


Th. Große aus Dresden stellte im deutschen Vereine seine Entwürfe
zur Ausschmückung des Leipziger Stadthauses aus, eine Cvncurrenzarbeit, die
den Preis errungen, im Vaterlande die wohlverdiente Anerkennung gefunden,
und des Künstlers Ruf gesichert hat.

Wenden wir uns nun zu den Landschaftern, zunächst zu Franz Drewer.
Er ist unbestritten zur Zeit der bedeutendste und gediegenste Landschaftsmaler
in Rom. ein Mann voll ernsten Strebens, dem es um das wahre Wesen der
Kunst Hu thun ist. Er malt großartige, ernste und stilvolle Kompositionen.
Fern von aller Manierirtheit, von der Sucht, durch Effect und complicirten
Farbenreiz wirken zu wollen, sind seine Bilder gleich ergreifend durch den Total-
eindruck wie durch das Detail der Ausführung und durch Naturwahrheit.
Wie Overbecks Compositionen erhaben über denen seiner Nachahmer, so ver¬
schwindet als leichte Waare gegen Franz Drewers Bilder, was wir sonst von
Landschaftsmalerei in Rom sahen, und uns überkam unwillkürlich der Wunsch,
ihn als Lehrer an einer unserer deutschen Kunstschulen wirken zu sehen, um
durch seine Richtung unsere deutsche Landschaftsmalerei auf den richtigen Weg
zurückzulenken, von welchem sie durch unglückselige Nachahmung französischer
Vorbilder und durch die Sucht nach Farbeneffect auf Kosten der Naturwahrheit
abgekommen ist. Ein großes Bild in F. Drewers Atelier, eine Landschaft im
Charakter des Sabiner Gebirges machte allerdings den Eindruck einer großen
Studie, sollte aber auch nichts Anderes sein. Was der Künstler zu leisten ver¬
mag, bewiesen ein^,Hain mit mythologischer Staffage" (Hylas mit den Nymphen)
und eine „Waldgegend am Fuße des Soracte".

Ganz entgegengesetzt dem F. Drewer ist Lindemann-Frommelts Richtung.
Wie poetisch seine Bilder sind, wie bestechend durch Licht. Dust, Farbe und ge¬
schmackvolles Arrangement, so zeigen sie doch eine prononcirte conventionelle
Manier, welche sie nicht über das Niveau von Salonbildern sich erheben läßt.
Andererseits ist es aber nicht zu leugnen, daß Lindemann-Frommelt die
Sehnsucht nach dem Lande voll Sonnenschein, wo im dunklen Laube die
Orangen glühen, zu wecken weiß. Sein „Nemi-See", den wir kürzlich in
Deutschland wiederfanden, ist ein zartes und ein duftigweiches Bild, voll ita¬
lienischer Gluth, aber alles Andere, nur nicht der Nemi-See. Der Maler
darf sich gewisse Freiheiten erlauben, er darf aber nie den Charakter einer be¬
stimmten Landschaft total verändern. In Lindemann-Frommelts Atelier in Rom
fanden wir zwei große Ansichten von Potsdam, auf Bestellung des Königs von
Preußen gemalt. In der That, Potsdam war uns nie so schön erschienen,
wie auf diesen Bildern, aber es war dieser Ort mit italienischer Luftperspective,
italienischen Baumformen und Terraintönen; wo waren da die Kiefern, Birken,
die mageren Sand- und Heideflächen des BrauhausbergeS und von Nvvaves?
Des Künstlers stärkste Serte sind seine Aquarellen, von denen wir einen ganzen


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[0526] Th. Große aus Dresden stellte im deutschen Vereine seine Entwürfe zur Ausschmückung des Leipziger Stadthauses aus, eine Cvncurrenzarbeit, die den Preis errungen, im Vaterlande die wohlverdiente Anerkennung gefunden, und des Künstlers Ruf gesichert hat. Wenden wir uns nun zu den Landschaftern, zunächst zu Franz Drewer. Er ist unbestritten zur Zeit der bedeutendste und gediegenste Landschaftsmaler in Rom. ein Mann voll ernsten Strebens, dem es um das wahre Wesen der Kunst Hu thun ist. Er malt großartige, ernste und stilvolle Kompositionen. Fern von aller Manierirtheit, von der Sucht, durch Effect und complicirten Farbenreiz wirken zu wollen, sind seine Bilder gleich ergreifend durch den Total- eindruck wie durch das Detail der Ausführung und durch Naturwahrheit. Wie Overbecks Compositionen erhaben über denen seiner Nachahmer, so ver¬ schwindet als leichte Waare gegen Franz Drewers Bilder, was wir sonst von Landschaftsmalerei in Rom sahen, und uns überkam unwillkürlich der Wunsch, ihn als Lehrer an einer unserer deutschen Kunstschulen wirken zu sehen, um durch seine Richtung unsere deutsche Landschaftsmalerei auf den richtigen Weg zurückzulenken, von welchem sie durch unglückselige Nachahmung französischer Vorbilder und durch die Sucht nach Farbeneffect auf Kosten der Naturwahrheit abgekommen ist. Ein großes Bild in F. Drewers Atelier, eine Landschaft im Charakter des Sabiner Gebirges machte allerdings den Eindruck einer großen Studie, sollte aber auch nichts Anderes sein. Was der Künstler zu leisten ver¬ mag, bewiesen ein^,Hain mit mythologischer Staffage" (Hylas mit den Nymphen) und eine „Waldgegend am Fuße des Soracte". Ganz entgegengesetzt dem F. Drewer ist Lindemann-Frommelts Richtung. Wie poetisch seine Bilder sind, wie bestechend durch Licht. Dust, Farbe und ge¬ schmackvolles Arrangement, so zeigen sie doch eine prononcirte conventionelle Manier, welche sie nicht über das Niveau von Salonbildern sich erheben läßt. Andererseits ist es aber nicht zu leugnen, daß Lindemann-Frommelt die Sehnsucht nach dem Lande voll Sonnenschein, wo im dunklen Laube die Orangen glühen, zu wecken weiß. Sein „Nemi-See", den wir kürzlich in Deutschland wiederfanden, ist ein zartes und ein duftigweiches Bild, voll ita¬ lienischer Gluth, aber alles Andere, nur nicht der Nemi-See. Der Maler darf sich gewisse Freiheiten erlauben, er darf aber nie den Charakter einer be¬ stimmten Landschaft total verändern. In Lindemann-Frommelts Atelier in Rom fanden wir zwei große Ansichten von Potsdam, auf Bestellung des Königs von Preußen gemalt. In der That, Potsdam war uns nie so schön erschienen, wie auf diesen Bildern, aber es war dieser Ort mit italienischer Luftperspective, italienischen Baumformen und Terraintönen; wo waren da die Kiefern, Birken, die mageren Sand- und Heideflächen des BrauhausbergeS und von Nvvaves? Des Künstlers stärkste Serte sind seine Aquarellen, von denen wir einen ganzen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114855/526>, abgerufen am 15.05.2024.