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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band.

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Trümmern. Heiterer dagegen ist die Geschichte des Mankos aus Karystos.
Dieser arbeitete anfangs als Knecht auf seines Vaters Feldern. Als aber einst
die Schar am Pfluge losgegangen war und Mankos mit der bloßen Hand sie
wieder hineinhämmerte, glaubte der Vater darin die Bestimmung seines Soh¬
nes zur Mopffechterei zu erkennen und brachte ihn nach Olympia. Hier wurde
er wohl zugelassen, aber beim Kampfe trotz seiner Stärke so zugerichtet, daß
er beim Zusammentreffen mit dem letzten Antagonisten zu unterliegen drohte.
Da rief ihm der Vater zu: "Lieber Sohn! nur den vom Pfluge!" woraus die¬
ser sich ermannte und einen solchen Hammerschlag herabsausen ließ, daß der
Andere den Kampf aufgab.

Im Faustkampf traten seit der einundvierzigsten Olympiade auch Kna¬
ben auf. Ihm folgte bis zur siebenundsiebzigsten Olympiade das Pankration,
Von da an das Pentathlon. Das Pankration bestand in einer Verbindung
des Ring- und Faustkampfes, erforderte also eine außerordentliche Ent¬
wickelung der gesammten Muskulatur und setzte fast alle Theile des Leibes
in angreifende und abwehrende Bewegung. Jede Art der Gewalt und der
List war hier erlaubt; auch endete der Kampf nicht mit dem Niederstürzen des
einen Theils, sondern wurde noch auf dem Boden im Ringen fortgesetzt. Die
Schläge sollten hier aber nicht mit geballter Faust, sondern nur mit gekrümm¬
ten Fingern gegeben werden und der Gebrauch der Zähne war auch hier ver¬
pönt. Die Schlagriemen kamen beim Pankration auch nicht in Anwendung,
und das Haar wurde oben in einen Schöpf zurückgebunden, um nicht so leicht
erfaßt werden zu können. Daß auch dieser Kampf leicht in Rohheit und Bru¬
talität ausartete, sieht man an einem ebenfalls von Pausanias erzählten Falle.
Den Pantrattonisten Arrachion hielt sein Gegner mit den Füßen umschlungen
und preßte zugleich mit den Händen seinen Hals zusammen. Arrachion selbst
zerquetschte aber unterdessen eine Zehe seines Feindes und als dieser vom
Schmerz überwältigt um Schonung bat, war er selbst bereits verschieden, und
die Eleer zierten nun seinen Leichnam mit dem Siegerkranze.

Das Pentathlon endlich war unstreitig derjenige Theil der gymnischen
Wettstreite, in welchem die Trefflichkeit eines nach allen Seiten hin harmonisch
ausgebildeten Körpers sich am vollkommensten bewähren konnte; denn es bestand
im Sprunge, Lause, Diskoswerfcn, Wurfspießschleudern und Ringen. Alk
diese Uebungen wurden, um das Feierliche zu erhöhen und die Kämpfer an¬
zufeuern, unter Flötenklang ausgeführt. Interessant ist zunächst der Sprung
schon deshalb, weil sich die Alten dabei anstatt der Springstangen einer Art
von bleiernen Handeln bedienten, eines Geräthes, das beim heutigen Turnen
nur zur Stärkung der Armmuskeln in Geltung gekommen ist. Man findet de¬
ren zweierlei Arten, sowohl halbrunde mit Handhaben zum Hineinstecken der
Hände, als auch kolbenförmige, die in der Mitte etwas schwächer sind, um sie


Trümmern. Heiterer dagegen ist die Geschichte des Mankos aus Karystos.
Dieser arbeitete anfangs als Knecht auf seines Vaters Feldern. Als aber einst
die Schar am Pfluge losgegangen war und Mankos mit der bloßen Hand sie
wieder hineinhämmerte, glaubte der Vater darin die Bestimmung seines Soh¬
nes zur Mopffechterei zu erkennen und brachte ihn nach Olympia. Hier wurde
er wohl zugelassen, aber beim Kampfe trotz seiner Stärke so zugerichtet, daß
er beim Zusammentreffen mit dem letzten Antagonisten zu unterliegen drohte.
Da rief ihm der Vater zu: „Lieber Sohn! nur den vom Pfluge!" woraus die¬
ser sich ermannte und einen solchen Hammerschlag herabsausen ließ, daß der
Andere den Kampf aufgab.

Im Faustkampf traten seit der einundvierzigsten Olympiade auch Kna¬
ben auf. Ihm folgte bis zur siebenundsiebzigsten Olympiade das Pankration,
Von da an das Pentathlon. Das Pankration bestand in einer Verbindung
des Ring- und Faustkampfes, erforderte also eine außerordentliche Ent¬
wickelung der gesammten Muskulatur und setzte fast alle Theile des Leibes
in angreifende und abwehrende Bewegung. Jede Art der Gewalt und der
List war hier erlaubt; auch endete der Kampf nicht mit dem Niederstürzen des
einen Theils, sondern wurde noch auf dem Boden im Ringen fortgesetzt. Die
Schläge sollten hier aber nicht mit geballter Faust, sondern nur mit gekrümm¬
ten Fingern gegeben werden und der Gebrauch der Zähne war auch hier ver¬
pönt. Die Schlagriemen kamen beim Pankration auch nicht in Anwendung,
und das Haar wurde oben in einen Schöpf zurückgebunden, um nicht so leicht
erfaßt werden zu können. Daß auch dieser Kampf leicht in Rohheit und Bru¬
talität ausartete, sieht man an einem ebenfalls von Pausanias erzählten Falle.
Den Pantrattonisten Arrachion hielt sein Gegner mit den Füßen umschlungen
und preßte zugleich mit den Händen seinen Hals zusammen. Arrachion selbst
zerquetschte aber unterdessen eine Zehe seines Feindes und als dieser vom
Schmerz überwältigt um Schonung bat, war er selbst bereits verschieden, und
die Eleer zierten nun seinen Leichnam mit dem Siegerkranze.

Das Pentathlon endlich war unstreitig derjenige Theil der gymnischen
Wettstreite, in welchem die Trefflichkeit eines nach allen Seiten hin harmonisch
ausgebildeten Körpers sich am vollkommensten bewähren konnte; denn es bestand
im Sprunge, Lause, Diskoswerfcn, Wurfspießschleudern und Ringen. Alk
diese Uebungen wurden, um das Feierliche zu erhöhen und die Kämpfer an¬
zufeuern, unter Flötenklang ausgeführt. Interessant ist zunächst der Sprung
schon deshalb, weil sich die Alten dabei anstatt der Springstangen einer Art
von bleiernen Handeln bedienten, eines Geräthes, das beim heutigen Turnen
nur zur Stärkung der Armmuskeln in Geltung gekommen ist. Man findet de¬
ren zweierlei Arten, sowohl halbrunde mit Handhaben zum Hineinstecken der
Hände, als auch kolbenförmige, die in der Mitte etwas schwächer sind, um sie


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115393/100>, abgerufen am 31.05.2024.