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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band.

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auf antike Gegenstände in der Skulptur, sondern auch in der Malerei, und was
er so sehnlich von Rafaels Pinsel dargestellt zu sehen wünschte, war nichts
Anderes als der Triumph des indischen Bachus. Als Rafael eine Zeichnung
davon entworfen, gab er dem Drängen des Bischofs von Adria so weit nach,
daß er den Entwurf durch einen seiner Schüler nach Ferrara sandte; doch ver¬
rieth dieser nach seiner Rückkehr, daß der Friaulier Pellegrino da Udine. am
Hof von Ferrara angestellt, mit demselben Gegenstand betraut worden sei.
Schon beim nächsten Besuch Costabilis theilte Rafael. den dies verdrossen. Seiner
Ehrwürden mit, baß er es vorzöge, für den Herzog einen andern-Gegenstand
zu wählen. Hiervon benachrichtigt Costabili den Herzog in einem vom 11. Sep¬
tember 1617 dcttirten Brief, hinzufügend, daß Rafael bereit sei, für den Herzog
weiter zu arbeiten, vorausgesetzt, daß dieser mit der Wahl eines andern
Gegenstandes zufrieden sei. Sein (Rafaels) größtes Bestreben ginge dahin,
des Herzogs Excellenz zu dienen, dessen Wohlwollen er bestens empfohlen zu
sein wünsche.

Die Antwort Alfonzos ist verloren gegangen, doch geht aus zwei, vom
23. Sept. und 27. October 1517 dcttirten Briefen so viel hervor, daß er geant¬
wortet hat.

Inzwischen hatte Rafael, wahrscheinlich um nicht das Mißfallen seines
Gönners zu erregen, diesem die Cartons zur Geschichte Papst Leos des Drit¬
ten als Geschenk übersendet, deren Malerei in dem Torre Borgia im Vatikan
von ihm beendet worden war. Als Anerkennung für dies Geschenk sowohl wie
als eine theilweise Vorausbezahlung für das noch zu erwartende Bild erhielt
Rafael vom Herzog die Summe von fünfzig Dukaten zugeschickt.

Ein Brief Costabilis vom November desselben Jahres enthält außer der
Nachricht, daß Rafael das Geld angenommen, noch die interessante Mit¬
theilung, daß die betreffenden Cartons schon vor geraumer Zeit den Händen
eines Maulthiertreibers anvertraut gewesen, um dem Herzog überbracht zu wer¬
den, durch Irrthum indessen in Rom liegen geblieben seien.

So hatte denn bis dahin, also nach einjährigen Unterhandlungen., Alfonzo
noch kein Gemälde, sondern nur eine Zeichnung vom Triumph des Bachus,
Rafael dagegen fünfzig Dukaten als Vorschuß empfangen.

Was den Entwurf des Bachus betrifft, so ist die einzige Zeichnung, die
sich diesem Gegenstand nähert, in einem kleinen Foliobano enthalten, der früher
Carlo Maraldi in Rom gehörte und jetzt in der Sammlung des Grafen Leicester
in England- aufbewahrt wird. Passavant erwähnt dieser Zeichnung als der
Copie eines antiken Basreliefs, und hält es für zweifelhaft, ob sie wirklich von
"der Hand des großen Meisters herrühre.

Die Cartons Leos des Dritten sind verschwunden. Die vier nächsten
Briefe des Bischofs von Adria, vom 4. December 1S17, 1. März, 28. März


auf antike Gegenstände in der Skulptur, sondern auch in der Malerei, und was
er so sehnlich von Rafaels Pinsel dargestellt zu sehen wünschte, war nichts
Anderes als der Triumph des indischen Bachus. Als Rafael eine Zeichnung
davon entworfen, gab er dem Drängen des Bischofs von Adria so weit nach,
daß er den Entwurf durch einen seiner Schüler nach Ferrara sandte; doch ver¬
rieth dieser nach seiner Rückkehr, daß der Friaulier Pellegrino da Udine. am
Hof von Ferrara angestellt, mit demselben Gegenstand betraut worden sei.
Schon beim nächsten Besuch Costabilis theilte Rafael. den dies verdrossen. Seiner
Ehrwürden mit, baß er es vorzöge, für den Herzog einen andern-Gegenstand
zu wählen. Hiervon benachrichtigt Costabili den Herzog in einem vom 11. Sep¬
tember 1617 dcttirten Brief, hinzufügend, daß Rafael bereit sei, für den Herzog
weiter zu arbeiten, vorausgesetzt, daß dieser mit der Wahl eines andern
Gegenstandes zufrieden sei. Sein (Rafaels) größtes Bestreben ginge dahin,
des Herzogs Excellenz zu dienen, dessen Wohlwollen er bestens empfohlen zu
sein wünsche.

Die Antwort Alfonzos ist verloren gegangen, doch geht aus zwei, vom
23. Sept. und 27. October 1517 dcttirten Briefen so viel hervor, daß er geant¬
wortet hat.

Inzwischen hatte Rafael, wahrscheinlich um nicht das Mißfallen seines
Gönners zu erregen, diesem die Cartons zur Geschichte Papst Leos des Drit¬
ten als Geschenk übersendet, deren Malerei in dem Torre Borgia im Vatikan
von ihm beendet worden war. Als Anerkennung für dies Geschenk sowohl wie
als eine theilweise Vorausbezahlung für das noch zu erwartende Bild erhielt
Rafael vom Herzog die Summe von fünfzig Dukaten zugeschickt.

Ein Brief Costabilis vom November desselben Jahres enthält außer der
Nachricht, daß Rafael das Geld angenommen, noch die interessante Mit¬
theilung, daß die betreffenden Cartons schon vor geraumer Zeit den Händen
eines Maulthiertreibers anvertraut gewesen, um dem Herzog überbracht zu wer¬
den, durch Irrthum indessen in Rom liegen geblieben seien.

So hatte denn bis dahin, also nach einjährigen Unterhandlungen., Alfonzo
noch kein Gemälde, sondern nur eine Zeichnung vom Triumph des Bachus,
Rafael dagegen fünfzig Dukaten als Vorschuß empfangen.

Was den Entwurf des Bachus betrifft, so ist die einzige Zeichnung, die
sich diesem Gegenstand nähert, in einem kleinen Foliobano enthalten, der früher
Carlo Maraldi in Rom gehörte und jetzt in der Sammlung des Grafen Leicester
in England- aufbewahrt wird. Passavant erwähnt dieser Zeichnung als der
Copie eines antiken Basreliefs, und hält es für zweifelhaft, ob sie wirklich von
"der Hand des großen Meisters herrühre.

Die Cartons Leos des Dritten sind verschwunden. Die vier nächsten
Briefe des Bischofs von Adria, vom 4. December 1S17, 1. März, 28. März


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115393/30>, abgerufen am 15.05.2024.