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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band.

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unter ihnen unsere Vorfahren blutig erkämpften: Ehre, Unabhängigkeit, Handel,
Kunstfleiß und Wissenschaft.

Für gleiche Güter sind kleinere Völker in den Kampf gezogen gegen mäch¬
tigere Feinde und haben den Sieg und Freiheit davon getragen. Gedenkt des
Kampfes der Schweizer und heldenmüthigen Niederländer, der Spanier und
Nüssen. Selbst unsere Feinde haben uns gelehrt, was zu thun ist, als man
ihre Freiheit bedrohte.

Große Opfer werden von allen Ständen gefordert werden; denn unser
Beginnen ist groß und nicht geringe die Zahl und die Mittel unserer Feinde.
Aber Vertrauen auf Gott, Ausdauer, Muth und der mächtige Beistand er¬
probter Bundesgenossen wird unsern redlichen Anstrengungen siegreichen Lohn ge¬
währen.

Welche Opfer auch vom Einzelnen gefordert werden mögen, sie wiegen
die heiligen Güter nicht auf, für die wir sie hingeben, für die wir streiten
und siegen müssen, wenn wir nicht aufhören wollen, Preußen und Deutsche
zu sein.

Es ist der letzte entscheidende Kampf, dem wir entgegengehn, und keinen
andern Ausweg gibt es, als einen ehrenvollen Frieden oder einen ruhmvollen
Untergang. Auch diesem würdet ihr getrost entgegengehen, um der Ehre wil¬
len, weil ehrlos der Preuße und der Deutsche nicht zu leben vermag.

Allein, wir dürfen mit Zuversicht vertrauen; Gott und unser fester Wille
werden unserer gerechten Sache den Sieg verleihen, mit ihm glorreichen Frie¬
den und die Wiederkehr einer glücklicheren Zeit." --

Dieser Entwurf erhielt durch den Staatskanzler an demselben Tage, an
welchem er vorgelegt worden war, einzelne geringe stilistische Abänderungen,
und statt des fünften Absatzes, beginnend mit den Worten:

"Für gleiche Güter :c."
nachstehende Fassungsänderung, ebenfalls von des Staatskanzlers eigenhändiger
Handschrift:

"Gedenkt des großen Beispiels unserer mächtigen Verbündeten, der Rus¬
sen, gedenkt der Spanier, der Portugiesen. Kleine Völker sind für gleiche
Güter gegen mächtigere Feinde in den Kampf gezogen und haben den Sieg
errungen. Erinnert euch an die heldenmüthigen Schweizer und Nieder¬
länder."

Zu dem siebenten Absatz machte der Staatskanzler den ferneren schönen
Zusatz zu den Worten: der letzte entscheidende Kampf

"für unsere Existenz, unsere Unabhängigkeit, unsern Wohlstand."

Hierauf wurde das Concept durch den Hofrath Barbe ins Reine ge¬
schrieben und dem Staatskanzler noch einmal vorgelegt, der nochmals zwei Zu¬
sätze vornahm.


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unter ihnen unsere Vorfahren blutig erkämpften: Ehre, Unabhängigkeit, Handel,
Kunstfleiß und Wissenschaft.

Für gleiche Güter sind kleinere Völker in den Kampf gezogen gegen mäch¬
tigere Feinde und haben den Sieg und Freiheit davon getragen. Gedenkt des
Kampfes der Schweizer und heldenmüthigen Niederländer, der Spanier und
Nüssen. Selbst unsere Feinde haben uns gelehrt, was zu thun ist, als man
ihre Freiheit bedrohte.

Große Opfer werden von allen Ständen gefordert werden; denn unser
Beginnen ist groß und nicht geringe die Zahl und die Mittel unserer Feinde.
Aber Vertrauen auf Gott, Ausdauer, Muth und der mächtige Beistand er¬
probter Bundesgenossen wird unsern redlichen Anstrengungen siegreichen Lohn ge¬
währen.

Welche Opfer auch vom Einzelnen gefordert werden mögen, sie wiegen
die heiligen Güter nicht auf, für die wir sie hingeben, für die wir streiten
und siegen müssen, wenn wir nicht aufhören wollen, Preußen und Deutsche
zu sein.

Es ist der letzte entscheidende Kampf, dem wir entgegengehn, und keinen
andern Ausweg gibt es, als einen ehrenvollen Frieden oder einen ruhmvollen
Untergang. Auch diesem würdet ihr getrost entgegengehen, um der Ehre wil¬
len, weil ehrlos der Preuße und der Deutsche nicht zu leben vermag.

Allein, wir dürfen mit Zuversicht vertrauen; Gott und unser fester Wille
werden unserer gerechten Sache den Sieg verleihen, mit ihm glorreichen Frie¬
den und die Wiederkehr einer glücklicheren Zeit." —

Dieser Entwurf erhielt durch den Staatskanzler an demselben Tage, an
welchem er vorgelegt worden war, einzelne geringe stilistische Abänderungen,
und statt des fünften Absatzes, beginnend mit den Worten:

„Für gleiche Güter :c."
nachstehende Fassungsänderung, ebenfalls von des Staatskanzlers eigenhändiger
Handschrift:

„Gedenkt des großen Beispiels unserer mächtigen Verbündeten, der Rus¬
sen, gedenkt der Spanier, der Portugiesen. Kleine Völker sind für gleiche
Güter gegen mächtigere Feinde in den Kampf gezogen und haben den Sieg
errungen. Erinnert euch an die heldenmüthigen Schweizer und Nieder¬
länder."

Zu dem siebenten Absatz machte der Staatskanzler den ferneren schönen
Zusatz zu den Worten: der letzte entscheidende Kampf

„für unsere Existenz, unsere Unabhängigkeit, unsern Wohlstand."

Hierauf wurde das Concept durch den Hofrath Barbe ins Reine ge¬
schrieben und dem Staatskanzler noch einmal vorgelegt, der nochmals zwei Zu¬
sätze vornahm.


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[0501] unter ihnen unsere Vorfahren blutig erkämpften: Ehre, Unabhängigkeit, Handel, Kunstfleiß und Wissenschaft. Für gleiche Güter sind kleinere Völker in den Kampf gezogen gegen mäch¬ tigere Feinde und haben den Sieg und Freiheit davon getragen. Gedenkt des Kampfes der Schweizer und heldenmüthigen Niederländer, der Spanier und Nüssen. Selbst unsere Feinde haben uns gelehrt, was zu thun ist, als man ihre Freiheit bedrohte. Große Opfer werden von allen Ständen gefordert werden; denn unser Beginnen ist groß und nicht geringe die Zahl und die Mittel unserer Feinde. Aber Vertrauen auf Gott, Ausdauer, Muth und der mächtige Beistand er¬ probter Bundesgenossen wird unsern redlichen Anstrengungen siegreichen Lohn ge¬ währen. Welche Opfer auch vom Einzelnen gefordert werden mögen, sie wiegen die heiligen Güter nicht auf, für die wir sie hingeben, für die wir streiten und siegen müssen, wenn wir nicht aufhören wollen, Preußen und Deutsche zu sein. Es ist der letzte entscheidende Kampf, dem wir entgegengehn, und keinen andern Ausweg gibt es, als einen ehrenvollen Frieden oder einen ruhmvollen Untergang. Auch diesem würdet ihr getrost entgegengehen, um der Ehre wil¬ len, weil ehrlos der Preuße und der Deutsche nicht zu leben vermag. Allein, wir dürfen mit Zuversicht vertrauen; Gott und unser fester Wille werden unserer gerechten Sache den Sieg verleihen, mit ihm glorreichen Frie¬ den und die Wiederkehr einer glücklicheren Zeit." — Dieser Entwurf erhielt durch den Staatskanzler an demselben Tage, an welchem er vorgelegt worden war, einzelne geringe stilistische Abänderungen, und statt des fünften Absatzes, beginnend mit den Worten: „Für gleiche Güter :c." nachstehende Fassungsänderung, ebenfalls von des Staatskanzlers eigenhändiger Handschrift: „Gedenkt des großen Beispiels unserer mächtigen Verbündeten, der Rus¬ sen, gedenkt der Spanier, der Portugiesen. Kleine Völker sind für gleiche Güter gegen mächtigere Feinde in den Kampf gezogen und haben den Sieg errungen. Erinnert euch an die heldenmüthigen Schweizer und Nieder¬ länder." Zu dem siebenten Absatz machte der Staatskanzler den ferneren schönen Zusatz zu den Worten: der letzte entscheidende Kampf „für unsere Existenz, unsere Unabhängigkeit, unsern Wohlstand." Hierauf wurde das Concept durch den Hofrath Barbe ins Reine ge¬ schrieben und dem Staatskanzler noch einmal vorgelegt, der nochmals zwei Zu¬ sätze vornahm. 62*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115393/501>, abgerufen am 29.05.2024.