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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band.

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zur Zeit, als Ibrahim Pascha in Syrien Ordnung und Sicherheit geschaffen,
zwei jüdische Handwerker über den Jordan gegangen seien, um bei den Beduinen
Arbeit zu suchen. Eines Tages kamen fremde Araber zu den Zelten und als
sie sahen, daß jene beiden nicht mit den Uebrigen und nur Brot und Milch
aßen, fragten sie, wer die Männer seien. Als man ihnen mittheilte, daß es
Juden seien, lachten sie und sagten: "Die Jehud Chebr kennen wir besser.
Das sind riesige Männer und nicht wie diese klein und schwächlich."

Vor wenigen Jahren, so berichtete unser Rabbi weiter, gingen zwei Juden
zur Grabhöhle des Rabbi Allda bei Tabcmjeh beten. Während sie ihre An¬
dacht verrichteten, sprengten zwei arabisch gekleidete Reiter heran und hielten
still, bis jene ihr Gebet gesprochen. Dann fragten sie. welcher Zadik hier
begraben-liege. Als ihnen der große Rabbi Allda genannt wurde, stiegen sie
ab, gingen in die Gruft und sprachen dort ein hebräisches Gebet so laut, daß
die beiden ausierhalb gebliebenen Männer es deutlich vernahmen. Dann stiegen
sie wieder zu Pferde. Gefragt, wer sie seien, antworteten sie: "Jehud Chebr!
Verlasset die Stelle, wo ihr steht, nicht eher, als bis wir euch aus dem Gesicht
sind, wir beschwören euch bei dem alleinigen Gott, dem Gott Israels." Darauf
ließen sie ihren Thieren die Zügel schießen und jagten davon.

Im Jahre 1846 veranlaßte Rabbi Schwarz in Gemeinschaft mit Freun¬
den einen afrikanischen Juden Aaran, der Sprache und Sitten der arabischen
Stämme genau kannte, die Jehud Chebr aufzusuchen. Er kam aber nur bis
Zanaa. da weiterhin eine Fehde zwischen den Beduincnstämmen ausgebrochen
und das Reisen unsicher war. Doch wollte er deshalb seinen Plan nicht auf¬
geben und zwar um so weniger, als er von den Arabern gehört habe, daß
weiter nach Osten der jüdisch-arabische Stamm Benjamin seine Zelte aufschlage.
Ob Aaran die Reise wirklich weiter verfolgt hat und zurückgekehrt ist, sagt
unsre Quelle nicht.

Noch sicherer als die Nachrichten über die in Arabien wohnenden Juden
sind die, welche wir über die abyssimschen haben. Schon Bruce stattete über
dieselben Bericht ab.

Fränkl gibt über sie unter Andern folgende Notizen. Der Rabbi Mosche
Jaffe, der im Jahre 1847 eine Reise nach Bombay unternommen hatte, erhielt
Vom Gouverneur von Aden die Kunde, daß vierzig Tagereisen vom rothen
Meer ein bisher unbekanntes afrikanisches Reich entdeckt worden und ein wan¬
dernder Goldschmied Rabbi Chai Levi erzählte dem Reisenden, daß er einst in
Habesch mit einem Juden aus Aethiopien zusammengekommen sei, der ein mit
hebräischer Quadratschrift geschriebenes Buch besessen und ihm mitgetheilt habe,
daß in der Nachbarschaft der Stadt Härrcir viele Juden wohnen.

Ferner meldete im selben Jahre der preußische Arzt Dr. Asch6 dem Rabbi
Schwarz brieflich, daß laut Urkunden, die ihm der Oberrabbincr in Kairo ge-


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zur Zeit, als Ibrahim Pascha in Syrien Ordnung und Sicherheit geschaffen,
zwei jüdische Handwerker über den Jordan gegangen seien, um bei den Beduinen
Arbeit zu suchen. Eines Tages kamen fremde Araber zu den Zelten und als
sie sahen, daß jene beiden nicht mit den Uebrigen und nur Brot und Milch
aßen, fragten sie, wer die Männer seien. Als man ihnen mittheilte, daß es
Juden seien, lachten sie und sagten: „Die Jehud Chebr kennen wir besser.
Das sind riesige Männer und nicht wie diese klein und schwächlich."

Vor wenigen Jahren, so berichtete unser Rabbi weiter, gingen zwei Juden
zur Grabhöhle des Rabbi Allda bei Tabcmjeh beten. Während sie ihre An¬
dacht verrichteten, sprengten zwei arabisch gekleidete Reiter heran und hielten
still, bis jene ihr Gebet gesprochen. Dann fragten sie. welcher Zadik hier
begraben-liege. Als ihnen der große Rabbi Allda genannt wurde, stiegen sie
ab, gingen in die Gruft und sprachen dort ein hebräisches Gebet so laut, daß
die beiden ausierhalb gebliebenen Männer es deutlich vernahmen. Dann stiegen
sie wieder zu Pferde. Gefragt, wer sie seien, antworteten sie: „Jehud Chebr!
Verlasset die Stelle, wo ihr steht, nicht eher, als bis wir euch aus dem Gesicht
sind, wir beschwören euch bei dem alleinigen Gott, dem Gott Israels." Darauf
ließen sie ihren Thieren die Zügel schießen und jagten davon.

Im Jahre 1846 veranlaßte Rabbi Schwarz in Gemeinschaft mit Freun¬
den einen afrikanischen Juden Aaran, der Sprache und Sitten der arabischen
Stämme genau kannte, die Jehud Chebr aufzusuchen. Er kam aber nur bis
Zanaa. da weiterhin eine Fehde zwischen den Beduincnstämmen ausgebrochen
und das Reisen unsicher war. Doch wollte er deshalb seinen Plan nicht auf¬
geben und zwar um so weniger, als er von den Arabern gehört habe, daß
weiter nach Osten der jüdisch-arabische Stamm Benjamin seine Zelte aufschlage.
Ob Aaran die Reise wirklich weiter verfolgt hat und zurückgekehrt ist, sagt
unsre Quelle nicht.

Noch sicherer als die Nachrichten über die in Arabien wohnenden Juden
sind die, welche wir über die abyssimschen haben. Schon Bruce stattete über
dieselben Bericht ab.

Fränkl gibt über sie unter Andern folgende Notizen. Der Rabbi Mosche
Jaffe, der im Jahre 1847 eine Reise nach Bombay unternommen hatte, erhielt
Vom Gouverneur von Aden die Kunde, daß vierzig Tagereisen vom rothen
Meer ein bisher unbekanntes afrikanisches Reich entdeckt worden und ein wan¬
dernder Goldschmied Rabbi Chai Levi erzählte dem Reisenden, daß er einst in
Habesch mit einem Juden aus Aethiopien zusammengekommen sei, der ein mit
hebräischer Quadratschrift geschriebenes Buch besessen und ihm mitgetheilt habe,
daß in der Nachbarschaft der Stadt Härrcir viele Juden wohnen.

Ferner meldete im selben Jahre der preußische Arzt Dr. Asch6 dem Rabbi
Schwarz brieflich, daß laut Urkunden, die ihm der Oberrabbincr in Kairo ge-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115393/83>, abgerufen am 09.06.2024.