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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band.

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curs wenigstens mit ziemlich guten Zeugnissen absolvirt hatte, zum Feuerwerker
befördert werden! Für diese Aspiranten und die jüngsten Feuerwerker bestand
jedoch noch ein obligater zweijähriger Lehrcurs für Physik und Chemie, fran¬
zösische Sprache und Geschichte, Erst nach einer Zeit von wenigstens vier
Jahren erfolgte die Beförderung zum Oberfcuerwerker und nach einer fast
gleichen Frist jene zum Lieutenant.

So dauerte es also unter den günstigsten Verhältnissen fünfzehn bis sech¬
zehn, gewöhnlich aber gegen zwanzig Jahre, bevor der Artillerist das Ziel
seiner Wünsche, das goldene Porteepee erreichen konnte!

Nur die schon onväbnten k. k. Kadetten, "Kaiser-Cadctten" genannt, hatten
ein etwas rascheres Fortkommen zu erwarten. Die Stellung dieser Leute war
eine eigenthümliche und hatte viele Ähnlichkeit mit jener der preußischen Porte-
<zy"zefähnriche. Nur jene gewöhnlichen Cadetten, welche Söhne verdienter Artil¬
lerieoffiziere waren, hatten auf die Ernennung zu k. k. Cadetten Anspruch. Sie
verrichteten sodann den Dienst der Feuerwerker, trugen aber die Uniform der
Oberfeuerwerker und wurden gleichzeitig mit denselben zu Oberoffizieren beför¬
dert. Doch verging auch bei ihnen eine Zeit von acht bis zehn Jahren von
dem Eintritt? bis zur Erlangung des Offiziersgrades.

Das Bombardiercorps war somit gleichzeitig eine Militärakademie und
eine für den activen Dienst bestimmte Truppe. Denn alle Individuen dieses
Corps waren wirkliche Soldaten. In Friedenszeiten war zwar nur ein Theil
der ältesten Ober- und Unterfeuerwerker in den Laboratorien und Regimcnts-
schulen zur Aufsicht und als Lehrer angestellt; im Kriege aber mußten auch du
Bombardiere und die übrigen Unteroffiziere ausrücken. Sie wurden dann theils
bei den Feldbatterien, theils bei den Belagerungsparks und in Festungen
verwendet.

Waren die Offiziere, welche die Artillerie aus dem Bombardiercorps erhielt,
eben nicht besonders salonmäßig und selbst in wissenschaftlicher Beziehung
ziemlich einseitig ausgebildet, so hatten sie doch das, was sie gelernt hatten,
gründlich inne, waren also jedenfalls tüchtige Fachmänner und zeichneten sich
vor den Zöglingen einer Akademie durch Erfahrung und Selbständigkeit vor¬
theilhaft aus. Auch der jüngste Artillerieoffizier war in jedem Zweige seines
vielumfassenden Berufes vollkommen bewandert.

Es scheint allerdings eine harte Aufgabe für einen jungen Menschen zu
sein, sieben bis acht Jahre als Kanonier und Bombardier -- also als Gemeiner
-- hinzubringen! Aber die jungen Leute tröstete nicht nur die Allgemeinheit
ihres Schicksales, sondern auch die Ueberzeugung, mit der Beförderung zum
Feuerwerker ihre Zukunft gesichert zu haben. Denn von dieser Charge an
gegangen ging das Avancement bis zu den höchsten Stellen der Artillerie nach
der Anciennetät fort. Die pecuniäre Stellung aber konnte jeder auf verfehle-


curs wenigstens mit ziemlich guten Zeugnissen absolvirt hatte, zum Feuerwerker
befördert werden! Für diese Aspiranten und die jüngsten Feuerwerker bestand
jedoch noch ein obligater zweijähriger Lehrcurs für Physik und Chemie, fran¬
zösische Sprache und Geschichte, Erst nach einer Zeit von wenigstens vier
Jahren erfolgte die Beförderung zum Oberfcuerwerker und nach einer fast
gleichen Frist jene zum Lieutenant.

So dauerte es also unter den günstigsten Verhältnissen fünfzehn bis sech¬
zehn, gewöhnlich aber gegen zwanzig Jahre, bevor der Artillerist das Ziel
seiner Wünsche, das goldene Porteepee erreichen konnte!

Nur die schon onväbnten k. k. Kadetten, „Kaiser-Cadctten" genannt, hatten
ein etwas rascheres Fortkommen zu erwarten. Die Stellung dieser Leute war
eine eigenthümliche und hatte viele Ähnlichkeit mit jener der preußischen Porte-
<zy«zefähnriche. Nur jene gewöhnlichen Cadetten, welche Söhne verdienter Artil¬
lerieoffiziere waren, hatten auf die Ernennung zu k. k. Cadetten Anspruch. Sie
verrichteten sodann den Dienst der Feuerwerker, trugen aber die Uniform der
Oberfeuerwerker und wurden gleichzeitig mit denselben zu Oberoffizieren beför¬
dert. Doch verging auch bei ihnen eine Zeit von acht bis zehn Jahren von
dem Eintritt? bis zur Erlangung des Offiziersgrades.

Das Bombardiercorps war somit gleichzeitig eine Militärakademie und
eine für den activen Dienst bestimmte Truppe. Denn alle Individuen dieses
Corps waren wirkliche Soldaten. In Friedenszeiten war zwar nur ein Theil
der ältesten Ober- und Unterfeuerwerker in den Laboratorien und Regimcnts-
schulen zur Aufsicht und als Lehrer angestellt; im Kriege aber mußten auch du
Bombardiere und die übrigen Unteroffiziere ausrücken. Sie wurden dann theils
bei den Feldbatterien, theils bei den Belagerungsparks und in Festungen
verwendet.

Waren die Offiziere, welche die Artillerie aus dem Bombardiercorps erhielt,
eben nicht besonders salonmäßig und selbst in wissenschaftlicher Beziehung
ziemlich einseitig ausgebildet, so hatten sie doch das, was sie gelernt hatten,
gründlich inne, waren also jedenfalls tüchtige Fachmänner und zeichneten sich
vor den Zöglingen einer Akademie durch Erfahrung und Selbständigkeit vor¬
theilhaft aus. Auch der jüngste Artillerieoffizier war in jedem Zweige seines
vielumfassenden Berufes vollkommen bewandert.

Es scheint allerdings eine harte Aufgabe für einen jungen Menschen zu
sein, sieben bis acht Jahre als Kanonier und Bombardier — also als Gemeiner
— hinzubringen! Aber die jungen Leute tröstete nicht nur die Allgemeinheit
ihres Schicksales, sondern auch die Ueberzeugung, mit der Beförderung zum
Feuerwerker ihre Zukunft gesichert zu haben. Denn von dieser Charge an
gegangen ging das Avancement bis zu den höchsten Stellen der Artillerie nach
der Anciennetät fort. Die pecuniäre Stellung aber konnte jeder auf verfehle-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_187493/117>, abgerufen am 15.05.2024.