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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band.

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auf einer Zeile den Städten Schenegel und Bvnist statt Schmieget und Bomsi
begegnen, so mögen diese Druckfehler hingehen. Wie aber, wenn ein 1862
erschienenes geographisches Wert'*), das sich in 1513 Seiten über Deutschland.
Posen und Preußen verbreitet, unser Kempen in den Kreis Schroda verlegt?
Das ist ein Fehler etwa, wie eine Versetzung von Stendal in den Kreis Wol-
mirstedt oder Wanzlebcn.

Sie verdienen deshalb gewiß den Dank der deutschen Bewohner unserer
Provinz, wenn Sie den folgenden Zeilen die Aufnahme in Ihr geschätztes Blatt
gewähren. Von welchem Gesichtspunkt aus sie geschrieben sind, ergibt dem
Kundigen schon die Überschrift. Die Polen kennen keine Provinz Posen. Ihnen
genügte es, daß Herr v. Bonin seinen ersten Erlaß als "Ober-Präsident der
Provinz Posen" unterzeichnete, um denselben Unwillen und Trotz gegen ihn
zu kehren, mit dem sie seinen Vorgänger verfolgt hatten. Dieses eine Wort
sagt für uns aus, daß wir uns als Unterthanen des Königs von Preußen, als
Bürger des preußischen Staats und unsere Heimath als einen integrirenden
Bestandtheil desselben ansehen; während sich mit der sonst unverfänglichen Be¬
zeichnung "Großherzogthum" hier sofort die Vorstellung von einer bloßen Per¬
sonalunion des Ländchens mit der Krone Preußen verbindet. "Großpvlen"
vollends führt uns in die polnischen Zeiten "xolslcie eias^" zurück, indem es die
dermaligen Grenzen verwischt. Posen umfaßt nämlich nur die ehemaligen Woy-
wodschasten Posen, Gnesen, Kalisch, Sieradz, Vrzesc-Kujawien und Ino-
wraclaw, resp. Theile derselben. Das alte Großpolen reichte nach Norden,
wie nach Osten hin weiter.

Indem ich dies schreibe, bemerke ich, daß ich mich auch von einer Unart
nicht werde freihalten können, in welche nicht nur wir Deutsche, sondern auch
die Polen, so oft sie deutsch schreiben, verfallen. Ich meine die stehende, aber
dabei doch völlig willkürliche Vermischung deutscher und polnischer Orthographie
und Ortsbezeichnung überhaupt. Wir schreiben Krotoschin (Krows^u), Schwer-
senz (L'wiU'-tzciii). Pleschen (?1ö82ö>v), Schildberg (0stilles^o, Sander (8W-
motul/) u. s. w. Dagegen Xe"2'min (Koschmin), ^arocin (Jarotschin), I)".-
dri^ca (Dobbr'schyza), Kosten (Kostr'schilt) u. s. f.; ja wir statuiren Bastard-
namen, wie Xivns und Santomysl, anstatt entweder deutsch Kschonz und
Santomischel oder polnisch Xiq6 und ^airic-in^"! zu schreiben.

Die Provinz Posen bildet ein etwas unregelmäßig angelegtes stumpf¬
winkliges Dreieck, dessen Spitze sich nach Westen zu kehrt. Sie können letz¬
tere sowohl in Waldowstränk, wo die alte Berliner Chaussee in die Provinz
eintritt, als bei dem Bahnhof Creuz suchen, wo die Ostbahn sich mit der



") Das von Daniel.

auf einer Zeile den Städten Schenegel und Bvnist statt Schmieget und Bomsi
begegnen, so mögen diese Druckfehler hingehen. Wie aber, wenn ein 1862
erschienenes geographisches Wert'*), das sich in 1513 Seiten über Deutschland.
Posen und Preußen verbreitet, unser Kempen in den Kreis Schroda verlegt?
Das ist ein Fehler etwa, wie eine Versetzung von Stendal in den Kreis Wol-
mirstedt oder Wanzlebcn.

Sie verdienen deshalb gewiß den Dank der deutschen Bewohner unserer
Provinz, wenn Sie den folgenden Zeilen die Aufnahme in Ihr geschätztes Blatt
gewähren. Von welchem Gesichtspunkt aus sie geschrieben sind, ergibt dem
Kundigen schon die Überschrift. Die Polen kennen keine Provinz Posen. Ihnen
genügte es, daß Herr v. Bonin seinen ersten Erlaß als „Ober-Präsident der
Provinz Posen" unterzeichnete, um denselben Unwillen und Trotz gegen ihn
zu kehren, mit dem sie seinen Vorgänger verfolgt hatten. Dieses eine Wort
sagt für uns aus, daß wir uns als Unterthanen des Königs von Preußen, als
Bürger des preußischen Staats und unsere Heimath als einen integrirenden
Bestandtheil desselben ansehen; während sich mit der sonst unverfänglichen Be¬
zeichnung „Großherzogthum" hier sofort die Vorstellung von einer bloßen Per¬
sonalunion des Ländchens mit der Krone Preußen verbindet. „Großpvlen"
vollends führt uns in die polnischen Zeiten „xolslcie eias^" zurück, indem es die
dermaligen Grenzen verwischt. Posen umfaßt nämlich nur die ehemaligen Woy-
wodschasten Posen, Gnesen, Kalisch, Sieradz, Vrzesc-Kujawien und Ino-
wraclaw, resp. Theile derselben. Das alte Großpolen reichte nach Norden,
wie nach Osten hin weiter.

Indem ich dies schreibe, bemerke ich, daß ich mich auch von einer Unart
nicht werde freihalten können, in welche nicht nur wir Deutsche, sondern auch
die Polen, so oft sie deutsch schreiben, verfallen. Ich meine die stehende, aber
dabei doch völlig willkürliche Vermischung deutscher und polnischer Orthographie
und Ortsbezeichnung überhaupt. Wir schreiben Krotoschin (Krows^u), Schwer-
senz (L'wiU'-tzciii). Pleschen (?1ö82ö>v), Schildberg (0stilles^o, Sander (8W-
motul/) u. s. w. Dagegen Xe»2'min (Koschmin), ^arocin (Jarotschin), I)«.-
dri^ca (Dobbr'schyza), Kosten (Kostr'schilt) u. s. f.; ja wir statuiren Bastard-
namen, wie Xivns und Santomysl, anstatt entweder deutsch Kschonz und
Santomischel oder polnisch Xiq6 und ^airic-in^«! zu schreiben.

Die Provinz Posen bildet ein etwas unregelmäßig angelegtes stumpf¬
winkliges Dreieck, dessen Spitze sich nach Westen zu kehrt. Sie können letz¬
tere sowohl in Waldowstränk, wo die alte Berliner Chaussee in die Provinz
eintritt, als bei dem Bahnhof Creuz suchen, wo die Ostbahn sich mit der



") Das von Daniel.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_187493/130>, abgerufen am 28.04.2024.