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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band.

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des Areals von K> zeichnen. Es ist doch eine Lust um einen wohlbestellten
Acker/'

Wirklich steht der Besitzer von K. -- ein Deutscher -- in dein Rufe, einer
unserer wackersten Agronomen zu sein. Daß er sein Wert' nach der rationellsten
Methode betreibt, den Acker gut düngt, den Fruchtwechsel der Natur des Bo¬
dens anpaßt, einen bestimmten erheblichen Theil des Feldes mit Biehfulter
bebaut und es nie außer Acht läßt, daß der gute Stand seiner Heerden die
erste Borbedingung reicher Ernten ist, gereicht ihm zum Lobe. Es hat aber
doch noch höhern Werth, daß er den Menschen achtet. Er pflegt seine Schulen.
Zur Weihnachtszeit erscheint seine Frau in denselben, sich die armen Kinder
denen sie ein Fest bereiten will, selbst auszusuchen. Er wiederum ist es, dem
die Gemeinde Neustadt a./W. die Errichtung eines evangelischen Kirchensystcnrs
danken wird. Vor Allem: er schützt und pflegt seine Arbeiter. Als Müller,
Schmiede, Stellmacher, ganz besonders als Schäfer werden überall Deutsche
vorgezogen, auch Mi den Polen. Kein Wunder also, daß der deutsche Herr
sich mit solchen zu umgeben sucht; doch find ordentliche und fleißige Polen
nicht grundsätzlich ausgeschlossen. In nemen saubern Häuschen haben die
"Komorncks" ihre Wohnungen, erhalte" Deputate und Löhne regelmäßig und
werden nur im dringendsten Nothfall gewechselt. Es ist landesüblich, dem Diensi-
mann ein eigen Stückchen Land und je nach seinem Range die freie Unter¬
haltung von mehr oder weniger Vieh zu gestatten. Einzelne sremdhergezogene
Deutsche haben zu eigenem Schaden daran zu ändern Versucht. Der humane
Herr gönnt den Leuten die Zeit und den Boden, die sie an sein Gehöft fesseln
und ihnen einen bescheidenen Wohlstand schaffen.

Auch ein Fest veranstaltet der Besitzer von K. und mit ihm mancher Andre,
dein Gesinde gern.

Ich habe den "Erntekranz" in seiner rohesten Weise gesehen, wie er auf
Polnischen Gütern gehalten wird. Der Besitzer hatte sich Gäste aus der Stadt
geladen; der Saal wurde tanzmäßig hergerichtet, ein großes Faß Bier herbei¬
geschleppt, ein weites Schafs mit einer Mischung von ordinärem Spiritus und
Wasser gefüllt, und nun warteten die vornehmen Herrschaften der Leute. Mit Dudel¬
sack und Geige, Bormähder und Mähdcrin mit Strvhkrouen auf dem Kopfe an der
Spitze, umziehen diese dreimal das Wohnhaus, dann treten sie ein. Der Bor¬
mähder tanzt mit der pAni (Herrin), die Mähderin mit dem par (Herrn); dann
bekränzen sie ihre Tänzerinnen, erquicken sich an den wenig einladenden Getränken
ohne Imbiß -- tanzen wieder und werden endlich auf den Schüttboden
gewiesen, wo sie bei einem Laternenlicht Trunk und Tanz fortsetzen, bis Schlä¬
gerei und Erschöpfung ein Ende machen. Ab und zu sehen sich die städtischen
Gäste das Gelage an, ohne auch nur entfernt daran zu denken, in welche nahe
Beziehung der Schöpfer sie selbst zu jenen Arbeitern gesetzt.


des Areals von K> zeichnen. Es ist doch eine Lust um einen wohlbestellten
Acker/'

Wirklich steht der Besitzer von K. — ein Deutscher — in dein Rufe, einer
unserer wackersten Agronomen zu sein. Daß er sein Wert' nach der rationellsten
Methode betreibt, den Acker gut düngt, den Fruchtwechsel der Natur des Bo¬
dens anpaßt, einen bestimmten erheblichen Theil des Feldes mit Biehfulter
bebaut und es nie außer Acht läßt, daß der gute Stand seiner Heerden die
erste Borbedingung reicher Ernten ist, gereicht ihm zum Lobe. Es hat aber
doch noch höhern Werth, daß er den Menschen achtet. Er pflegt seine Schulen.
Zur Weihnachtszeit erscheint seine Frau in denselben, sich die armen Kinder
denen sie ein Fest bereiten will, selbst auszusuchen. Er wiederum ist es, dem
die Gemeinde Neustadt a./W. die Errichtung eines evangelischen Kirchensystcnrs
danken wird. Vor Allem: er schützt und pflegt seine Arbeiter. Als Müller,
Schmiede, Stellmacher, ganz besonders als Schäfer werden überall Deutsche
vorgezogen, auch Mi den Polen. Kein Wunder also, daß der deutsche Herr
sich mit solchen zu umgeben sucht; doch find ordentliche und fleißige Polen
nicht grundsätzlich ausgeschlossen. In nemen saubern Häuschen haben die
„Komorncks" ihre Wohnungen, erhalte» Deputate und Löhne regelmäßig und
werden nur im dringendsten Nothfall gewechselt. Es ist landesüblich, dem Diensi-
mann ein eigen Stückchen Land und je nach seinem Range die freie Unter¬
haltung von mehr oder weniger Vieh zu gestatten. Einzelne sremdhergezogene
Deutsche haben zu eigenem Schaden daran zu ändern Versucht. Der humane
Herr gönnt den Leuten die Zeit und den Boden, die sie an sein Gehöft fesseln
und ihnen einen bescheidenen Wohlstand schaffen.

Auch ein Fest veranstaltet der Besitzer von K. und mit ihm mancher Andre,
dein Gesinde gern.

Ich habe den „Erntekranz" in seiner rohesten Weise gesehen, wie er auf
Polnischen Gütern gehalten wird. Der Besitzer hatte sich Gäste aus der Stadt
geladen; der Saal wurde tanzmäßig hergerichtet, ein großes Faß Bier herbei¬
geschleppt, ein weites Schafs mit einer Mischung von ordinärem Spiritus und
Wasser gefüllt, und nun warteten die vornehmen Herrschaften der Leute. Mit Dudel¬
sack und Geige, Bormähder und Mähdcrin mit Strvhkrouen auf dem Kopfe an der
Spitze, umziehen diese dreimal das Wohnhaus, dann treten sie ein. Der Bor¬
mähder tanzt mit der pAni (Herrin), die Mähderin mit dem par (Herrn); dann
bekränzen sie ihre Tänzerinnen, erquicken sich an den wenig einladenden Getränken
ohne Imbiß — tanzen wieder und werden endlich auf den Schüttboden
gewiesen, wo sie bei einem Laternenlicht Trunk und Tanz fortsetzen, bis Schlä¬
gerei und Erschöpfung ein Ende machen. Ab und zu sehen sich die städtischen
Gäste das Gelage an, ohne auch nur entfernt daran zu denken, in welche nahe
Beziehung der Schöpfer sie selbst zu jenen Arbeitern gesetzt.


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[0175] des Areals von K> zeichnen. Es ist doch eine Lust um einen wohlbestellten Acker/' Wirklich steht der Besitzer von K. — ein Deutscher — in dein Rufe, einer unserer wackersten Agronomen zu sein. Daß er sein Wert' nach der rationellsten Methode betreibt, den Acker gut düngt, den Fruchtwechsel der Natur des Bo¬ dens anpaßt, einen bestimmten erheblichen Theil des Feldes mit Biehfulter bebaut und es nie außer Acht läßt, daß der gute Stand seiner Heerden die erste Borbedingung reicher Ernten ist, gereicht ihm zum Lobe. Es hat aber doch noch höhern Werth, daß er den Menschen achtet. Er pflegt seine Schulen. Zur Weihnachtszeit erscheint seine Frau in denselben, sich die armen Kinder denen sie ein Fest bereiten will, selbst auszusuchen. Er wiederum ist es, dem die Gemeinde Neustadt a./W. die Errichtung eines evangelischen Kirchensystcnrs danken wird. Vor Allem: er schützt und pflegt seine Arbeiter. Als Müller, Schmiede, Stellmacher, ganz besonders als Schäfer werden überall Deutsche vorgezogen, auch Mi den Polen. Kein Wunder also, daß der deutsche Herr sich mit solchen zu umgeben sucht; doch find ordentliche und fleißige Polen nicht grundsätzlich ausgeschlossen. In nemen saubern Häuschen haben die „Komorncks" ihre Wohnungen, erhalte» Deputate und Löhne regelmäßig und werden nur im dringendsten Nothfall gewechselt. Es ist landesüblich, dem Diensi- mann ein eigen Stückchen Land und je nach seinem Range die freie Unter¬ haltung von mehr oder weniger Vieh zu gestatten. Einzelne sremdhergezogene Deutsche haben zu eigenem Schaden daran zu ändern Versucht. Der humane Herr gönnt den Leuten die Zeit und den Boden, die sie an sein Gehöft fesseln und ihnen einen bescheidenen Wohlstand schaffen. Auch ein Fest veranstaltet der Besitzer von K. und mit ihm mancher Andre, dein Gesinde gern. Ich habe den „Erntekranz" in seiner rohesten Weise gesehen, wie er auf Polnischen Gütern gehalten wird. Der Besitzer hatte sich Gäste aus der Stadt geladen; der Saal wurde tanzmäßig hergerichtet, ein großes Faß Bier herbei¬ geschleppt, ein weites Schafs mit einer Mischung von ordinärem Spiritus und Wasser gefüllt, und nun warteten die vornehmen Herrschaften der Leute. Mit Dudel¬ sack und Geige, Bormähder und Mähdcrin mit Strvhkrouen auf dem Kopfe an der Spitze, umziehen diese dreimal das Wohnhaus, dann treten sie ein. Der Bor¬ mähder tanzt mit der pAni (Herrin), die Mähderin mit dem par (Herrn); dann bekränzen sie ihre Tänzerinnen, erquicken sich an den wenig einladenden Getränken ohne Imbiß — tanzen wieder und werden endlich auf den Schüttboden gewiesen, wo sie bei einem Laternenlicht Trunk und Tanz fortsetzen, bis Schlä¬ gerei und Erschöpfung ein Ende machen. Ab und zu sehen sich die städtischen Gäste das Gelage an, ohne auch nur entfernt daran zu denken, in welche nahe Beziehung der Schöpfer sie selbst zu jenen Arbeitern gesetzt.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_187493/175>, abgerufen am 15.05.2024.