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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band.

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Landesvertretung jedenfalls noch einige neue Momente liefert, so glaube"
wir unseren Bericht über den Landtag nicht passender abschließen zu können
als durch Mittheilung dieses in der Landtagsversammlung zwar vollständig
verlesenen, aber bisher noch nicht an die Oeffentlichkeit getretenen Actenstücks,
Dasselbe lautet:


"G. P. M. Unser Nachbarland Preußen unterhält sich sehr viel über
Militärorganisation und Luxus daselbst. Ich meine: Militär in unVerhältniß-
mäßiger Zahl ist immer eine Landescalamität, sowohl reguläres, als in Form
der Landwehr, indem der Landwehrmann seinem Geschäftsbetriebe entrückt wird,
welcher dadurch erlahmt und wodurch der Nationalwohlstand leidet. Mecklen¬
burg ist insofern besser gestellt, als es keine Großmacht über Kräfte sein will
und daher auch nur so vieles Militär auf den Beinen hat, als es bundesbeschluß-
mäßig haben muß. Man kann nicht behaupten, daß bei uns übermäßiger
Militärluxus vorhanden ist, insofern es das Aeußere des Militärs betrifft; denn
daß auf Reinlichkeit gehalten werden muß, versteht sich von selbst. Die kleinen
Ornamente von Gold und Silber sind zu unbedeutend, um Besorgnisse zu er¬
regen, wirken nur auf den äußern Glanz und schmeicheln der Eitelkeit der
jungen Leute. Man hat den Soldatenstand "glänzendes Elend" genannt. Er
kann es unter Umständen auch sein, und mag es immerhin gut sein, wenn
selbiges durch etwas äußeren Glanz verdeckt wird! -- Es ist indessen in Mecklen¬
burg innerer Militärluxus insofern vorhanden, als uns die Kräfte der jungen
Leute zu einer Zeit entzogen werden, wo wir solche nach unseren eigenthüm¬
lichen mecklenburgischen Verhältnissen nothwendig gebrauchen könnten, nämlich
zur Erntezeit und wird der Nationalwohlstand dadurch, daß w" sie entbehren
müssen, gar sehr beeinträchtigt. Man kann es daher nur angemessen halten,
wenn sämmtliches Militär auf zwei Monate, vom Is. Juli bis 13. September
jeden Jahres beurlaubt würde. Zur militärischen Ausbildung werden 10 Mo¬
nate des Jahres vollkommen genügen. Das Militär würde sich während dieser
Zeit hauptsächlich mit Erntcarbeiten beschäftigen und könnte durch sie so viel ver¬
dienen, daß es für die übrige knappe Zeit eine Zulage hätte; daneben wäre
auch für die harmonische Ausbildung der körperlichen Kräfte gesorgt! -- Durch
die Eisenbahnen und Telegraphen ist jetzt die Möglichkeit gegeben, das Militär
augenblicklich wieder einzuberufen, wenn wider Verhoffen IIg.irmbg.I g.no poros
erscheinen sollte! -- Welcher Nutzen durch diese Anordnung für die Landwirth¬
schaft und den Nationalwohlstand erwachsen müßte, liegt zu Tage. Derselbe
ist von so großer Bedeutung, daß dadurch die Militärhaltung aufhören würde,
eine fühlbare Last des Landes zu sein."



Landesvertretung jedenfalls noch einige neue Momente liefert, so glaube»
wir unseren Bericht über den Landtag nicht passender abschließen zu können
als durch Mittheilung dieses in der Landtagsversammlung zwar vollständig
verlesenen, aber bisher noch nicht an die Oeffentlichkeit getretenen Actenstücks,
Dasselbe lautet:


„G. P. M. Unser Nachbarland Preußen unterhält sich sehr viel über
Militärorganisation und Luxus daselbst. Ich meine: Militär in unVerhältniß-
mäßiger Zahl ist immer eine Landescalamität, sowohl reguläres, als in Form
der Landwehr, indem der Landwehrmann seinem Geschäftsbetriebe entrückt wird,
welcher dadurch erlahmt und wodurch der Nationalwohlstand leidet. Mecklen¬
burg ist insofern besser gestellt, als es keine Großmacht über Kräfte sein will
und daher auch nur so vieles Militär auf den Beinen hat, als es bundesbeschluß-
mäßig haben muß. Man kann nicht behaupten, daß bei uns übermäßiger
Militärluxus vorhanden ist, insofern es das Aeußere des Militärs betrifft; denn
daß auf Reinlichkeit gehalten werden muß, versteht sich von selbst. Die kleinen
Ornamente von Gold und Silber sind zu unbedeutend, um Besorgnisse zu er¬
regen, wirken nur auf den äußern Glanz und schmeicheln der Eitelkeit der
jungen Leute. Man hat den Soldatenstand „glänzendes Elend" genannt. Er
kann es unter Umständen auch sein, und mag es immerhin gut sein, wenn
selbiges durch etwas äußeren Glanz verdeckt wird! — Es ist indessen in Mecklen¬
burg innerer Militärluxus insofern vorhanden, als uns die Kräfte der jungen
Leute zu einer Zeit entzogen werden, wo wir solche nach unseren eigenthüm¬
lichen mecklenburgischen Verhältnissen nothwendig gebrauchen könnten, nämlich
zur Erntezeit und wird der Nationalwohlstand dadurch, daß w" sie entbehren
müssen, gar sehr beeinträchtigt. Man kann es daher nur angemessen halten,
wenn sämmtliches Militär auf zwei Monate, vom Is. Juli bis 13. September
jeden Jahres beurlaubt würde. Zur militärischen Ausbildung werden 10 Mo¬
nate des Jahres vollkommen genügen. Das Militär würde sich während dieser
Zeit hauptsächlich mit Erntcarbeiten beschäftigen und könnte durch sie so viel ver¬
dienen, daß es für die übrige knappe Zeit eine Zulage hätte; daneben wäre
auch für die harmonische Ausbildung der körperlichen Kräfte gesorgt! — Durch
die Eisenbahnen und Telegraphen ist jetzt die Möglichkeit gegeben, das Militär
augenblicklich wieder einzuberufen, wenn wider Verhoffen IIg.irmbg.I g.no poros
erscheinen sollte! — Welcher Nutzen durch diese Anordnung für die Landwirth¬
schaft und den Nationalwohlstand erwachsen müßte, liegt zu Tage. Derselbe
ist von so großer Bedeutung, daß dadurch die Militärhaltung aufhören würde,
eine fühlbare Last des Landes zu sein."



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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_187493/198>, abgerufen am 28.04.2024.