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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band.

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jesuitische Zwecke. In einer Stadt der Provinz wirkten zwei Männer neben¬
einander, von denen man zu glauben versucht war, sie hätten unserem Anastasius
Grün zu seinem Bilde der Dicke und der Dünne gesessen.

Machen wir mit Einigen von ihnen und ihrer Predigtwcise nähere Bekannt¬
schaft. Herr Probst, auch Abgeordneter, Nespondek aus Punitz predigt am
Tage der Himmelfahrt:

"Wenn diejenigen, welche, verfolgt von den Ihrigen im polnischen Lande
gastliche Aufnahme und auf ihren Wanderungen reichliches Brod bei uns fanden,
öffentliche Zusammenkünfte halten und mit keckem Leichtsinn Programme auf¬
stellen, um sich so schnell als möglich in unsern alten Sitzen auszubreiten und
uns zu ihren Knechten zu machen, werden wir da die Hände müßig in den
Schooß legen und uns dem Schlafe überlassen? O. schlaft nur, schlaft nur
noch ein wenig, und Ihr werdet bald durch die bittern Worte des Propheten
geweckt werden: Unglück wird über dich kommen, Druck und plötzlich Elend
werben über dich hereinbrechen (Jesaias 47, 11), denn ich will dies Volk mit
Wermuth speisen und mit Galle tränken; ich will ihre Weiber und ihre
Felder den Fremdlingen geben (Ier. 8, 10; 9, 15). Wir unsrerseits
werden nicht vom hitzigen Kampfplatz weichen; wir werden Euch mit dem geist¬
lichen Arme schützen gegen zeitliche und ewige Gefahren. Wir waren in und
nut der Nation in den Epochen ihres Glanzes; wir werden ihr auch in ihrem
Drucke nicht untreu werden, bessre Zeiten von Gottes Barmherzigkeit erwartend.
Die Vorsehung bat ihre bestimmten Zeiten; unsere Sache ist es, unter Gebet
und Arbeit abzuwarten, bis diese Zeiten kommen, bis die Gerechtigkeit sich zum
Gerechten Werber." -- "Und was wollen wir. indem orr als Seelenhirten
und Hüter der göttlichen Gerechtigkeit in erster Kampfllnie stehen? Wir wollen,
daß Eure Häuser und Aecker nicht den Fremden zu Theil werden. Wir wolle",
daß Eure Söhne und Töchter und die künftigen Geschlechter nicht der Schmach
und dem Hohne preisgegeben, nicht bei den Nachbarn zum Gespött werden,
und weil wir das aufrichtig wollen, so werden wir nicht aufhören zu bitten
und unsre Warnung vom Altar und von der Kanzel zu erheben: "Hütet Euch
den falschen Propheten, die in Schafskleidern zu Euch kommen, inwendig
"ber reißende Wölfe sind. Wir sind Bein von Eurem Bern, Blut von Eurem
^tut; wir werden als Diener des lebendigen Gottes fort und fort mit
stehender Stimme das Gebet wiederholen: Vergib, Herr,, o vergib deinem
Avlke und überliesere dein Erbe nicht der Schande." -- -- "O Maria unsere
Beschützerin und Vermittlerin, wir kämpfen gegen die Hinterlist des Teu°
l^is. gegen den Herrn der Finsterniß dieser Welt, gegen die geist¬
liche Bosheit, die unterm Himmel ist; schütze uns mit deiner Rechten
Segen die Pfeile, die uns tiefe Wunden versetzen. O Maria unsere Königin,
Wanze deine heilige Fahne auf die feindlichen Mauern, damit wir triumphiren."


jesuitische Zwecke. In einer Stadt der Provinz wirkten zwei Männer neben¬
einander, von denen man zu glauben versucht war, sie hätten unserem Anastasius
Grün zu seinem Bilde der Dicke und der Dünne gesessen.

Machen wir mit Einigen von ihnen und ihrer Predigtwcise nähere Bekannt¬
schaft. Herr Probst, auch Abgeordneter, Nespondek aus Punitz predigt am
Tage der Himmelfahrt:

„Wenn diejenigen, welche, verfolgt von den Ihrigen im polnischen Lande
gastliche Aufnahme und auf ihren Wanderungen reichliches Brod bei uns fanden,
öffentliche Zusammenkünfte halten und mit keckem Leichtsinn Programme auf¬
stellen, um sich so schnell als möglich in unsern alten Sitzen auszubreiten und
uns zu ihren Knechten zu machen, werden wir da die Hände müßig in den
Schooß legen und uns dem Schlafe überlassen? O. schlaft nur, schlaft nur
noch ein wenig, und Ihr werdet bald durch die bittern Worte des Propheten
geweckt werden: Unglück wird über dich kommen, Druck und plötzlich Elend
werben über dich hereinbrechen (Jesaias 47, 11), denn ich will dies Volk mit
Wermuth speisen und mit Galle tränken; ich will ihre Weiber und ihre
Felder den Fremdlingen geben (Ier. 8, 10; 9, 15). Wir unsrerseits
werden nicht vom hitzigen Kampfplatz weichen; wir werden Euch mit dem geist¬
lichen Arme schützen gegen zeitliche und ewige Gefahren. Wir waren in und
nut der Nation in den Epochen ihres Glanzes; wir werden ihr auch in ihrem
Drucke nicht untreu werden, bessre Zeiten von Gottes Barmherzigkeit erwartend.
Die Vorsehung bat ihre bestimmten Zeiten; unsere Sache ist es, unter Gebet
und Arbeit abzuwarten, bis diese Zeiten kommen, bis die Gerechtigkeit sich zum
Gerechten Werber." — „Und was wollen wir. indem orr als Seelenhirten
und Hüter der göttlichen Gerechtigkeit in erster Kampfllnie stehen? Wir wollen,
daß Eure Häuser und Aecker nicht den Fremden zu Theil werden. Wir wolle»,
daß Eure Söhne und Töchter und die künftigen Geschlechter nicht der Schmach
und dem Hohne preisgegeben, nicht bei den Nachbarn zum Gespött werden,
und weil wir das aufrichtig wollen, so werden wir nicht aufhören zu bitten
und unsre Warnung vom Altar und von der Kanzel zu erheben: „Hütet Euch
den falschen Propheten, die in Schafskleidern zu Euch kommen, inwendig
"ber reißende Wölfe sind. Wir sind Bein von Eurem Bern, Blut von Eurem
^tut; wir werden als Diener des lebendigen Gottes fort und fort mit
stehender Stimme das Gebet wiederholen: Vergib, Herr,, o vergib deinem
Avlke und überliesere dein Erbe nicht der Schande." — — „O Maria unsere
Beschützerin und Vermittlerin, wir kämpfen gegen die Hinterlist des Teu°
l^is. gegen den Herrn der Finsterniß dieser Welt, gegen die geist¬
liche Bosheit, die unterm Himmel ist; schütze uns mit deiner Rechten
Segen die Pfeile, die uns tiefe Wunden versetzen. O Maria unsere Königin,
Wanze deine heilige Fahne auf die feindlichen Mauern, damit wir triumphiren."


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[0423] jesuitische Zwecke. In einer Stadt der Provinz wirkten zwei Männer neben¬ einander, von denen man zu glauben versucht war, sie hätten unserem Anastasius Grün zu seinem Bilde der Dicke und der Dünne gesessen. Machen wir mit Einigen von ihnen und ihrer Predigtwcise nähere Bekannt¬ schaft. Herr Probst, auch Abgeordneter, Nespondek aus Punitz predigt am Tage der Himmelfahrt: „Wenn diejenigen, welche, verfolgt von den Ihrigen im polnischen Lande gastliche Aufnahme und auf ihren Wanderungen reichliches Brod bei uns fanden, öffentliche Zusammenkünfte halten und mit keckem Leichtsinn Programme auf¬ stellen, um sich so schnell als möglich in unsern alten Sitzen auszubreiten und uns zu ihren Knechten zu machen, werden wir da die Hände müßig in den Schooß legen und uns dem Schlafe überlassen? O. schlaft nur, schlaft nur noch ein wenig, und Ihr werdet bald durch die bittern Worte des Propheten geweckt werden: Unglück wird über dich kommen, Druck und plötzlich Elend werben über dich hereinbrechen (Jesaias 47, 11), denn ich will dies Volk mit Wermuth speisen und mit Galle tränken; ich will ihre Weiber und ihre Felder den Fremdlingen geben (Ier. 8, 10; 9, 15). Wir unsrerseits werden nicht vom hitzigen Kampfplatz weichen; wir werden Euch mit dem geist¬ lichen Arme schützen gegen zeitliche und ewige Gefahren. Wir waren in und nut der Nation in den Epochen ihres Glanzes; wir werden ihr auch in ihrem Drucke nicht untreu werden, bessre Zeiten von Gottes Barmherzigkeit erwartend. Die Vorsehung bat ihre bestimmten Zeiten; unsere Sache ist es, unter Gebet und Arbeit abzuwarten, bis diese Zeiten kommen, bis die Gerechtigkeit sich zum Gerechten Werber." — „Und was wollen wir. indem orr als Seelenhirten und Hüter der göttlichen Gerechtigkeit in erster Kampfllnie stehen? Wir wollen, daß Eure Häuser und Aecker nicht den Fremden zu Theil werden. Wir wolle», daß Eure Söhne und Töchter und die künftigen Geschlechter nicht der Schmach und dem Hohne preisgegeben, nicht bei den Nachbarn zum Gespött werden, und weil wir das aufrichtig wollen, so werden wir nicht aufhören zu bitten und unsre Warnung vom Altar und von der Kanzel zu erheben: „Hütet Euch den falschen Propheten, die in Schafskleidern zu Euch kommen, inwendig "ber reißende Wölfe sind. Wir sind Bein von Eurem Bern, Blut von Eurem ^tut; wir werden als Diener des lebendigen Gottes fort und fort mit stehender Stimme das Gebet wiederholen: Vergib, Herr,, o vergib deinem Avlke und überliesere dein Erbe nicht der Schande." — — „O Maria unsere Beschützerin und Vermittlerin, wir kämpfen gegen die Hinterlist des Teu° l^is. gegen den Herrn der Finsterniß dieser Welt, gegen die geist¬ liche Bosheit, die unterm Himmel ist; schütze uns mit deiner Rechten Segen die Pfeile, die uns tiefe Wunden versetzen. O Maria unsere Königin, Wanze deine heilige Fahne auf die feindlichen Mauern, damit wir triumphiren."

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_187493/423>, abgerufen am 28.05.2024.