Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

daß er ein Mann von Charakter ist; im Gegentheil, wir legen seine Schrift mit
dem Eindruck des allcrentschicdenstcn Gegentheils davon hinweg, und wenn wir be¬
klagen, daß man ihm in Angeln manches Unbegründete nachsagte, wundern können
wir uns darüber nicht. Schließlich machen wir auf die Mittheilungen über seinen
Nachfolger Thics (Seite 174--138) aufmerksam, die das einzige Amüsante in dieser
Jeicmiade und ein sehr interessantes Capitel Schleswiger Kirchen- und Schulzuständc
der Gegenwart bilden.


Die evangelische Bewegung in Italien. Nach einem mehrjährigen
Aufenthalt in Italien geschildert von C. Nitzsch. Berlin, Verlag von Wilhelm
Hertz. 1863.

Dankenswerthe Beiträge zur Kunde der religiösen Bewegung, die infolge der
politischen Umgestaltung Italiens namentlich im Norden der Halbinsel begonnen hat,
sowie der kirchlichen Zustände in Italien überhaupt. Etwas weitschweifiger als billig,
auch etwas salbungsvoller, als Nichttheologen angenehm finden werden, im Ganzen
aber recht verständig und instructiv, werden der Charakter der religiösen Bewegung
unter den Italienern, der Unterschied derselben von der mehr politischen, die von
Pater Gavazzi, Passaglia u. A. angeregt ist, der Grad von Empfänglichkeit des
dortigen Volkes für den evangelischen Glauben, dessen sittliches Leben, der Einfluß
des Klerus u. d. in. geschildert. Dann folgt eine Uebersicht über den gegenwärtigen
Stand der Evangclisation und die beiden Parteien: Waldenser und evangelische Ver¬
eine, über die wir nach einer Rede des Verfassers bei der letzten Hauptversammlung
des Gustav-Adolf-Vereins das Nöthigste bereits mitgetheilt haben. Endlich bespricht
die Schrift die Frage, wie sich die nichtitalienischen Protestanten zu diesen Vor¬
gängen zu verhalten haben.


Aus dem Leben der Vögel. Eine naturpsychologische Skizze von Dr.
I. G. Fischer. Leipzig, Friedrich Brandstetter. 1863.

Ein Versuch, die Seele der Vögel darzustellen, der zwar keinen Anspruch aus
streng wissenschaftliche Entwickelung und Begründung macht, aber mit seinen großen-
theils aus eigner Beobachtung des Verfassers (er ist Professor in Stuttgart) stam¬
menden Beispielen sehr interessante Streiflichter auf den betreffenden Gegenstand wirft
und zu weiterer Verfolgung der Sache anzuregen geeignet ist. Die Geschichte von
dem rcutlinger Gänserich (S. 39), der, als um die gewöhnliche Stunde keine
Fütterung erfolgt und selbst schnatternde Mahnrufe die bei einer Kaffeevisite sitzende
Herrin nicht herbeiführen, auf einen Stein vor dem Hause steigt und die Hausglocke
zieht, ist. wenn der Gewährsmann des Erzählers wirklich gut ist, ein höchst beach-
tenswerthes Beispiel, daß selbst im Gehirn der Vögelfamilie, die gewöhnlich für die
einfältigste gilt, ein gewisses Verbinden von Ursache und Wirkung stattfindet.




Verantwortlicher Redacteur: or. Moritz Busch.
Nerlaa von F. L. Herbig. -- Druck von C, E, Elbert in Leipzig.

daß er ein Mann von Charakter ist; im Gegentheil, wir legen seine Schrift mit
dem Eindruck des allcrentschicdenstcn Gegentheils davon hinweg, und wenn wir be¬
klagen, daß man ihm in Angeln manches Unbegründete nachsagte, wundern können
wir uns darüber nicht. Schließlich machen wir auf die Mittheilungen über seinen
Nachfolger Thics (Seite 174—138) aufmerksam, die das einzige Amüsante in dieser
Jeicmiade und ein sehr interessantes Capitel Schleswiger Kirchen- und Schulzuständc
der Gegenwart bilden.


Die evangelische Bewegung in Italien. Nach einem mehrjährigen
Aufenthalt in Italien geschildert von C. Nitzsch. Berlin, Verlag von Wilhelm
Hertz. 1863.

Dankenswerthe Beiträge zur Kunde der religiösen Bewegung, die infolge der
politischen Umgestaltung Italiens namentlich im Norden der Halbinsel begonnen hat,
sowie der kirchlichen Zustände in Italien überhaupt. Etwas weitschweifiger als billig,
auch etwas salbungsvoller, als Nichttheologen angenehm finden werden, im Ganzen
aber recht verständig und instructiv, werden der Charakter der religiösen Bewegung
unter den Italienern, der Unterschied derselben von der mehr politischen, die von
Pater Gavazzi, Passaglia u. A. angeregt ist, der Grad von Empfänglichkeit des
dortigen Volkes für den evangelischen Glauben, dessen sittliches Leben, der Einfluß
des Klerus u. d. in. geschildert. Dann folgt eine Uebersicht über den gegenwärtigen
Stand der Evangclisation und die beiden Parteien: Waldenser und evangelische Ver¬
eine, über die wir nach einer Rede des Verfassers bei der letzten Hauptversammlung
des Gustav-Adolf-Vereins das Nöthigste bereits mitgetheilt haben. Endlich bespricht
die Schrift die Frage, wie sich die nichtitalienischen Protestanten zu diesen Vor¬
gängen zu verhalten haben.


Aus dem Leben der Vögel. Eine naturpsychologische Skizze von Dr.
I. G. Fischer. Leipzig, Friedrich Brandstetter. 1863.

Ein Versuch, die Seele der Vögel darzustellen, der zwar keinen Anspruch aus
streng wissenschaftliche Entwickelung und Begründung macht, aber mit seinen großen-
theils aus eigner Beobachtung des Verfassers (er ist Professor in Stuttgart) stam¬
menden Beispielen sehr interessante Streiflichter auf den betreffenden Gegenstand wirft
und zu weiterer Verfolgung der Sache anzuregen geeignet ist. Die Geschichte von
dem rcutlinger Gänserich (S. 39), der, als um die gewöhnliche Stunde keine
Fütterung erfolgt und selbst schnatternde Mahnrufe die bei einer Kaffeevisite sitzende
Herrin nicht herbeiführen, auf einen Stein vor dem Hause steigt und die Hausglocke
zieht, ist. wenn der Gewährsmann des Erzählers wirklich gut ist, ein höchst beach-
tenswerthes Beispiel, daß selbst im Gehirn der Vögelfamilie, die gewöhnlich für die
einfältigste gilt, ein gewisses Verbinden von Ursache und Wirkung stattfindet.




Verantwortlicher Redacteur: or. Moritz Busch.
Nerlaa von F. L. Herbig. — Druck von C, E, Elbert in Leipzig.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0084" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/188111"/>
            <p xml:id="ID_205" prev="#ID_204"> daß er ein Mann von Charakter ist; im Gegentheil, wir legen seine Schrift mit<lb/>
dem Eindruck des allcrentschicdenstcn Gegentheils davon hinweg, und wenn wir be¬<lb/>
klagen, daß man ihm in Angeln manches Unbegründete nachsagte, wundern können<lb/>
wir uns darüber nicht. Schließlich machen wir auf die Mittheilungen über seinen<lb/>
Nachfolger Thics (Seite 174&#x2014;138) aufmerksam, die das einzige Amüsante in dieser<lb/>
Jeicmiade und ein sehr interessantes Capitel Schleswiger Kirchen- und Schulzuständc<lb/>
der Gegenwart bilden.</p><lb/>
          </div>
          <div n="2">
            <head> Die evangelische Bewegung in Italien. Nach einem mehrjährigen<lb/>
Aufenthalt in Italien geschildert von C. Nitzsch. Berlin, Verlag von Wilhelm<lb/>
Hertz. 1863.</head><lb/>
            <p xml:id="ID_206"> Dankenswerthe Beiträge zur Kunde der religiösen Bewegung, die infolge der<lb/>
politischen Umgestaltung Italiens namentlich im Norden der Halbinsel begonnen hat,<lb/>
sowie der kirchlichen Zustände in Italien überhaupt. Etwas weitschweifiger als billig,<lb/>
auch etwas salbungsvoller, als Nichttheologen angenehm finden werden, im Ganzen<lb/>
aber recht verständig und instructiv, werden der Charakter der religiösen Bewegung<lb/>
unter den Italienern, der Unterschied derselben von der mehr politischen, die von<lb/>
Pater Gavazzi, Passaglia u. A. angeregt ist, der Grad von Empfänglichkeit des<lb/>
dortigen Volkes für den evangelischen Glauben, dessen sittliches Leben, der Einfluß<lb/>
des Klerus u. d. in. geschildert. Dann folgt eine Uebersicht über den gegenwärtigen<lb/>
Stand der Evangclisation und die beiden Parteien: Waldenser und evangelische Ver¬<lb/>
eine, über die wir nach einer Rede des Verfassers bei der letzten Hauptversammlung<lb/>
des Gustav-Adolf-Vereins das Nöthigste bereits mitgetheilt haben. Endlich bespricht<lb/>
die Schrift die Frage, wie sich die nichtitalienischen Protestanten zu diesen Vor¬<lb/>
gängen zu verhalten haben.</p><lb/>
          </div>
          <div n="2">
            <head> Aus dem Leben der Vögel. Eine naturpsychologische Skizze von Dr.<lb/>
I. G. Fischer.  Leipzig, Friedrich Brandstetter. 1863.</head><lb/>
            <p xml:id="ID_207"> Ein Versuch, die Seele der Vögel darzustellen, der zwar keinen Anspruch aus<lb/>
streng wissenschaftliche Entwickelung und Begründung macht, aber mit seinen großen-<lb/>
theils aus eigner Beobachtung des Verfassers (er ist Professor in Stuttgart) stam¬<lb/>
menden Beispielen sehr interessante Streiflichter auf den betreffenden Gegenstand wirft<lb/>
und zu weiterer Verfolgung der Sache anzuregen geeignet ist. Die Geschichte von<lb/>
dem rcutlinger Gänserich (S. 39), der, als um die gewöhnliche Stunde keine<lb/>
Fütterung erfolgt und selbst schnatternde Mahnrufe die bei einer Kaffeevisite sitzende<lb/>
Herrin nicht herbeiführen, auf einen Stein vor dem Hause steigt und die Hausglocke<lb/>
zieht, ist. wenn der Gewährsmann des Erzählers wirklich gut ist, ein höchst beach-<lb/>
tenswerthes Beispiel, daß selbst im Gehirn der Vögelfamilie, die gewöhnlich für die<lb/>
einfältigste gilt, ein gewisses Verbinden von Ursache und Wirkung stattfindet.</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
            <note type="byline"> Verantwortlicher Redacteur: or. Moritz Busch.<lb/>
Nerlaa von F. L. Herbig. &#x2014; Druck von C, E, Elbert in Leipzig.</note><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0084] daß er ein Mann von Charakter ist; im Gegentheil, wir legen seine Schrift mit dem Eindruck des allcrentschicdenstcn Gegentheils davon hinweg, und wenn wir be¬ klagen, daß man ihm in Angeln manches Unbegründete nachsagte, wundern können wir uns darüber nicht. Schließlich machen wir auf die Mittheilungen über seinen Nachfolger Thics (Seite 174—138) aufmerksam, die das einzige Amüsante in dieser Jeicmiade und ein sehr interessantes Capitel Schleswiger Kirchen- und Schulzuständc der Gegenwart bilden. Die evangelische Bewegung in Italien. Nach einem mehrjährigen Aufenthalt in Italien geschildert von C. Nitzsch. Berlin, Verlag von Wilhelm Hertz. 1863. Dankenswerthe Beiträge zur Kunde der religiösen Bewegung, die infolge der politischen Umgestaltung Italiens namentlich im Norden der Halbinsel begonnen hat, sowie der kirchlichen Zustände in Italien überhaupt. Etwas weitschweifiger als billig, auch etwas salbungsvoller, als Nichttheologen angenehm finden werden, im Ganzen aber recht verständig und instructiv, werden der Charakter der religiösen Bewegung unter den Italienern, der Unterschied derselben von der mehr politischen, die von Pater Gavazzi, Passaglia u. A. angeregt ist, der Grad von Empfänglichkeit des dortigen Volkes für den evangelischen Glauben, dessen sittliches Leben, der Einfluß des Klerus u. d. in. geschildert. Dann folgt eine Uebersicht über den gegenwärtigen Stand der Evangclisation und die beiden Parteien: Waldenser und evangelische Ver¬ eine, über die wir nach einer Rede des Verfassers bei der letzten Hauptversammlung des Gustav-Adolf-Vereins das Nöthigste bereits mitgetheilt haben. Endlich bespricht die Schrift die Frage, wie sich die nichtitalienischen Protestanten zu diesen Vor¬ gängen zu verhalten haben. Aus dem Leben der Vögel. Eine naturpsychologische Skizze von Dr. I. G. Fischer. Leipzig, Friedrich Brandstetter. 1863. Ein Versuch, die Seele der Vögel darzustellen, der zwar keinen Anspruch aus streng wissenschaftliche Entwickelung und Begründung macht, aber mit seinen großen- theils aus eigner Beobachtung des Verfassers (er ist Professor in Stuttgart) stam¬ menden Beispielen sehr interessante Streiflichter auf den betreffenden Gegenstand wirft und zu weiterer Verfolgung der Sache anzuregen geeignet ist. Die Geschichte von dem rcutlinger Gänserich (S. 39), der, als um die gewöhnliche Stunde keine Fütterung erfolgt und selbst schnatternde Mahnrufe die bei einer Kaffeevisite sitzende Herrin nicht herbeiführen, auf einen Stein vor dem Hause steigt und die Hausglocke zieht, ist. wenn der Gewährsmann des Erzählers wirklich gut ist, ein höchst beach- tenswerthes Beispiel, daß selbst im Gehirn der Vögelfamilie, die gewöhnlich für die einfältigste gilt, ein gewisses Verbinden von Ursache und Wirkung stattfindet. Verantwortlicher Redacteur: or. Moritz Busch. Nerlaa von F. L. Herbig. — Druck von C, E, Elbert in Leipzig.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_360476
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_360476/84
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_360476/84>, abgerufen am 19.05.2024.