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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band.

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Der Präsident zahlt von seinen? 25.000 Doll. jährlichen Gehalts 1200
ab. Ein Herr Stevens in Philadelphia, dessen Oelquellen eme täg¬
liche Einnahme von 3000 Doll. ergeben, zahlt täglich 150 ans Gouverne¬
ment. Ein hiesiges Haus zahlte für eine einzige Schiffsladung von Spi-
'ituosen 66.000 Doll. Zoll. Und nun gar der Kaufmann Stewart in
Newyork, Jmporter von Sammet- und Seidenwaaren. 2S0.000 in einem
Jahre! -- Er importirt für 30 Millionen, und rechnet man nur sechs Pro-
cent Gewinn im Geschäft, so ergiebt das nahe an 2 Millionen jährlicher
Einkünfte. --

Vor zwei Wochen starb hier in Boston Edward Everett, einer der
geachtetsten und verdienstvollsten Männer, jedenfalls der. bedeutendste Redner
Amerikas. Nachdem die Stadt am Beerdigungstage durch Schließen der Ge¬
schäfte. Dämpfen der Kirchenglocken u. tgi. ihm die letzte Achtung erwiesen,
wurde beschlossen, ihm eine Statue zu errichten und gestern waren bereits
27.000 Doll. gezeichnet. -- Also Geld wäre noch da.

Was nun die Kriegsereignisse selbst betriff:, so lauten die Berichte darüber
so verschieden, daß man sich allmälig gewöhnt, gar nichts mehr zu glauben,
als nur das: daß endlich Kanonen und militärische Erfolge das Ende herbei¬
führen müssen. Letztere waren, wie gesagt, für die Waffen der Union in
letzterer Zeit mehrfach günstig.

Fort Fisher in Nordcarolina. das den Hafen vor Wilmington be¬
herrscht, von wo die meisten Blokadebrecher ein- und ausliefen, wurde von der
vereinigten Land- und Seemacht erstürmt und dadurch die bedeutendsten Zu¬
fuhren für den Süden abgeschnitten. Man hat berechnet, daß nicht weniger
als 23,000 Bomben, jede Secunde vier, in das Fort geworfen wurden. --

Unsere Commandirenden werden dem Kritiker in Europa nicht selten
Stoff zum Lachen geben. Sie sind gewohnt, den Mund gehörig voll zu
nehmen. Admiral Porter, der die Flotte dort commandirt, sagte unter
Anderem: Er sei zur Zeit des Krimkrieges einige Tage nach der Erstürmung
des Malakoff in Sebastopol gewesen, die dortigen Werke wären aber
nur ein Kinderspiel im Vergleich zu Fort Fisher. -- Klingt gewiß stark! --

Viel Ursache zu den oft geringen Resultaten der bisherigen Kriegführung
im Verhältniß zu den großartigen Mitteln ist wohl die Uneinigkeit oder
mehr die Unfähigkeit der Führer. Es macht daher einen günstigen Ein¬
druck, daß die Regierung ihren Fehler einsieht, einflußreiche Politiker zum
Dank für geleistete Dienste mit hohen Militärstellen zu bekleiden, und daß man
nun anfängt, damit aufzuräumen. Es sind jetzt so ziemlich alle verantwortlichen


Der Präsident zahlt von seinen? 25.000 Doll. jährlichen Gehalts 1200
ab. Ein Herr Stevens in Philadelphia, dessen Oelquellen eme täg¬
liche Einnahme von 3000 Doll. ergeben, zahlt täglich 150 ans Gouverne¬
ment. Ein hiesiges Haus zahlte für eine einzige Schiffsladung von Spi-
'ituosen 66.000 Doll. Zoll. Und nun gar der Kaufmann Stewart in
Newyork, Jmporter von Sammet- und Seidenwaaren. 2S0.000 in einem
Jahre! — Er importirt für 30 Millionen, und rechnet man nur sechs Pro-
cent Gewinn im Geschäft, so ergiebt das nahe an 2 Millionen jährlicher
Einkünfte. —

Vor zwei Wochen starb hier in Boston Edward Everett, einer der
geachtetsten und verdienstvollsten Männer, jedenfalls der. bedeutendste Redner
Amerikas. Nachdem die Stadt am Beerdigungstage durch Schließen der Ge¬
schäfte. Dämpfen der Kirchenglocken u. tgi. ihm die letzte Achtung erwiesen,
wurde beschlossen, ihm eine Statue zu errichten und gestern waren bereits
27.000 Doll. gezeichnet. — Also Geld wäre noch da.

Was nun die Kriegsereignisse selbst betriff:, so lauten die Berichte darüber
so verschieden, daß man sich allmälig gewöhnt, gar nichts mehr zu glauben,
als nur das: daß endlich Kanonen und militärische Erfolge das Ende herbei¬
führen müssen. Letztere waren, wie gesagt, für die Waffen der Union in
letzterer Zeit mehrfach günstig.

Fort Fisher in Nordcarolina. das den Hafen vor Wilmington be¬
herrscht, von wo die meisten Blokadebrecher ein- und ausliefen, wurde von der
vereinigten Land- und Seemacht erstürmt und dadurch die bedeutendsten Zu¬
fuhren für den Süden abgeschnitten. Man hat berechnet, daß nicht weniger
als 23,000 Bomben, jede Secunde vier, in das Fort geworfen wurden. —

Unsere Commandirenden werden dem Kritiker in Europa nicht selten
Stoff zum Lachen geben. Sie sind gewohnt, den Mund gehörig voll zu
nehmen. Admiral Porter, der die Flotte dort commandirt, sagte unter
Anderem: Er sei zur Zeit des Krimkrieges einige Tage nach der Erstürmung
des Malakoff in Sebastopol gewesen, die dortigen Werke wären aber
nur ein Kinderspiel im Vergleich zu Fort Fisher. — Klingt gewiß stark! —

Viel Ursache zu den oft geringen Resultaten der bisherigen Kriegführung
im Verhältniß zu den großartigen Mitteln ist wohl die Uneinigkeit oder
mehr die Unfähigkeit der Führer. Es macht daher einen günstigen Ein¬
druck, daß die Regierung ihren Fehler einsieht, einflußreiche Politiker zum
Dank für geleistete Dienste mit hohen Militärstellen zu bekleiden, und daß man
nun anfängt, damit aufzuräumen. Es sind jetzt so ziemlich alle verantwortlichen


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[0507] Der Präsident zahlt von seinen? 25.000 Doll. jährlichen Gehalts 1200 ab. Ein Herr Stevens in Philadelphia, dessen Oelquellen eme täg¬ liche Einnahme von 3000 Doll. ergeben, zahlt täglich 150 ans Gouverne¬ ment. Ein hiesiges Haus zahlte für eine einzige Schiffsladung von Spi- 'ituosen 66.000 Doll. Zoll. Und nun gar der Kaufmann Stewart in Newyork, Jmporter von Sammet- und Seidenwaaren. 2S0.000 in einem Jahre! — Er importirt für 30 Millionen, und rechnet man nur sechs Pro- cent Gewinn im Geschäft, so ergiebt das nahe an 2 Millionen jährlicher Einkünfte. — Vor zwei Wochen starb hier in Boston Edward Everett, einer der geachtetsten und verdienstvollsten Männer, jedenfalls der. bedeutendste Redner Amerikas. Nachdem die Stadt am Beerdigungstage durch Schließen der Ge¬ schäfte. Dämpfen der Kirchenglocken u. tgi. ihm die letzte Achtung erwiesen, wurde beschlossen, ihm eine Statue zu errichten und gestern waren bereits 27.000 Doll. gezeichnet. — Also Geld wäre noch da. Was nun die Kriegsereignisse selbst betriff:, so lauten die Berichte darüber so verschieden, daß man sich allmälig gewöhnt, gar nichts mehr zu glauben, als nur das: daß endlich Kanonen und militärische Erfolge das Ende herbei¬ führen müssen. Letztere waren, wie gesagt, für die Waffen der Union in letzterer Zeit mehrfach günstig. Fort Fisher in Nordcarolina. das den Hafen vor Wilmington be¬ herrscht, von wo die meisten Blokadebrecher ein- und ausliefen, wurde von der vereinigten Land- und Seemacht erstürmt und dadurch die bedeutendsten Zu¬ fuhren für den Süden abgeschnitten. Man hat berechnet, daß nicht weniger als 23,000 Bomben, jede Secunde vier, in das Fort geworfen wurden. — Unsere Commandirenden werden dem Kritiker in Europa nicht selten Stoff zum Lachen geben. Sie sind gewohnt, den Mund gehörig voll zu nehmen. Admiral Porter, der die Flotte dort commandirt, sagte unter Anderem: Er sei zur Zeit des Krimkrieges einige Tage nach der Erstürmung des Malakoff in Sebastopol gewesen, die dortigen Werke wären aber nur ein Kinderspiel im Vergleich zu Fort Fisher. — Klingt gewiß stark! — Viel Ursache zu den oft geringen Resultaten der bisherigen Kriegführung im Verhältniß zu den großartigen Mitteln ist wohl die Uneinigkeit oder mehr die Unfähigkeit der Führer. Es macht daher einen günstigen Ein¬ druck, daß die Regierung ihren Fehler einsieht, einflußreiche Politiker zum Dank für geleistete Dienste mit hohen Militärstellen zu bekleiden, und daß man nun anfängt, damit aufzuräumen. Es sind jetzt so ziemlich alle verantwortlichen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282240/507>, abgerufen am 16.05.2024.