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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band.

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Heinrich von Treitschke.

Historische und Politische Aufsätze, vornehmlich zur neuesten deutschen Geschichte.
Leipzig, S. Hirzel. 1865.

Beim Beginn des Jahres ist es einem Blatt, welches die neuen Bil¬
dungen des deutschen Lebens zu beurtheilen hat, besondere Freude, seine
Thätigkeit mit Besprechung einer starken, aufsteigenden Menschenkraft zu be¬
ginnen. Der Name des Mannes, welcher der ersten Seite dieses Jahrgangs
vorgesetzt wird, ist den Deutschen nicht mehr fremd. Seine Gedichte, Volks,
wirthschaftliche Abhandlungen, einzelne Essays in größern Zeitschriften haben
ihm bereits den Antheil der Leser gewonnen. Eine fruchtbare Thätigkeit als
akademischer Lehrer, auf zwei Universitäten bewährt, hat ihn zu einem
Lieblinge seiner akademischen Jugend gemacht; wem Gelegenheit wurde die
Gewalt seines Vertrags vor größerem Publikum, zuletzt bei einem unserer
großen nationalen Feste zu beobachten, der hat sicher einen dauernden Ein¬
druck davongetragen. Das vorliegende Werk aber ist das erste größere Buch,
durch welches er als Lehrer der Geschichte mit seinem Volke in Verbindung tritt.
Es ist ganz darnach angethan seine Persönlichkeit und seine Ueberzeugungen in
weiten Kreisen bekannt zu machen und darf als der Anfang einer schriftstelle¬
rischen Thätigkeit betrachtet werden, welche ihn. wir sind davon überzeugt,
in den politischen Kämpfen unseres Volkes zu einem werthvollen Bundesge¬
nossen oder gefürchteten Gegner machen wird.

An jedem ersten größeren Werke eines frischen Talentes hängt eine edle
Poesie. Nicht nur für den Schriftsteller, welcher dadurch die Stellung bezeichnet,
die er in dem literarischen Leben seiner Nation zu behaupten beabsichtigt, eben
so sehr für die Leser. Unbefangene Anerkennung, so weit diese nicht durch die
eigene Parteistellung des Lesers beschränkt wird, und warme Empfindung für
das Originelle des neuen Bekannten kommen entgegen, das Tüchtige imponirt,
auch die Kritik scheut vorsichtig die Grenzen des Talentes abzustecken, eine


Grenzboteli I. 1865. 1
Heinrich von Treitschke.

Historische und Politische Aufsätze, vornehmlich zur neuesten deutschen Geschichte.
Leipzig, S. Hirzel. 1865.

Beim Beginn des Jahres ist es einem Blatt, welches die neuen Bil¬
dungen des deutschen Lebens zu beurtheilen hat, besondere Freude, seine
Thätigkeit mit Besprechung einer starken, aufsteigenden Menschenkraft zu be¬
ginnen. Der Name des Mannes, welcher der ersten Seite dieses Jahrgangs
vorgesetzt wird, ist den Deutschen nicht mehr fremd. Seine Gedichte, Volks,
wirthschaftliche Abhandlungen, einzelne Essays in größern Zeitschriften haben
ihm bereits den Antheil der Leser gewonnen. Eine fruchtbare Thätigkeit als
akademischer Lehrer, auf zwei Universitäten bewährt, hat ihn zu einem
Lieblinge seiner akademischen Jugend gemacht; wem Gelegenheit wurde die
Gewalt seines Vertrags vor größerem Publikum, zuletzt bei einem unserer
großen nationalen Feste zu beobachten, der hat sicher einen dauernden Ein¬
druck davongetragen. Das vorliegende Werk aber ist das erste größere Buch,
durch welches er als Lehrer der Geschichte mit seinem Volke in Verbindung tritt.
Es ist ganz darnach angethan seine Persönlichkeit und seine Ueberzeugungen in
weiten Kreisen bekannt zu machen und darf als der Anfang einer schriftstelle¬
rischen Thätigkeit betrachtet werden, welche ihn. wir sind davon überzeugt,
in den politischen Kämpfen unseres Volkes zu einem werthvollen Bundesge¬
nossen oder gefürchteten Gegner machen wird.

An jedem ersten größeren Werke eines frischen Talentes hängt eine edle
Poesie. Nicht nur für den Schriftsteller, welcher dadurch die Stellung bezeichnet,
die er in dem literarischen Leben seiner Nation zu behaupten beabsichtigt, eben
so sehr für die Leser. Unbefangene Anerkennung, so weit diese nicht durch die
eigene Parteistellung des Lesers beschränkt wird, und warme Empfindung für
das Originelle des neuen Bekannten kommen entgegen, das Tüchtige imponirt,
auch die Kritik scheut vorsichtig die Grenzen des Talentes abzustecken, eine


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[0007] Heinrich von Treitschke. Historische und Politische Aufsätze, vornehmlich zur neuesten deutschen Geschichte. Leipzig, S. Hirzel. 1865. Beim Beginn des Jahres ist es einem Blatt, welches die neuen Bil¬ dungen des deutschen Lebens zu beurtheilen hat, besondere Freude, seine Thätigkeit mit Besprechung einer starken, aufsteigenden Menschenkraft zu be¬ ginnen. Der Name des Mannes, welcher der ersten Seite dieses Jahrgangs vorgesetzt wird, ist den Deutschen nicht mehr fremd. Seine Gedichte, Volks, wirthschaftliche Abhandlungen, einzelne Essays in größern Zeitschriften haben ihm bereits den Antheil der Leser gewonnen. Eine fruchtbare Thätigkeit als akademischer Lehrer, auf zwei Universitäten bewährt, hat ihn zu einem Lieblinge seiner akademischen Jugend gemacht; wem Gelegenheit wurde die Gewalt seines Vertrags vor größerem Publikum, zuletzt bei einem unserer großen nationalen Feste zu beobachten, der hat sicher einen dauernden Ein¬ druck davongetragen. Das vorliegende Werk aber ist das erste größere Buch, durch welches er als Lehrer der Geschichte mit seinem Volke in Verbindung tritt. Es ist ganz darnach angethan seine Persönlichkeit und seine Ueberzeugungen in weiten Kreisen bekannt zu machen und darf als der Anfang einer schriftstelle¬ rischen Thätigkeit betrachtet werden, welche ihn. wir sind davon überzeugt, in den politischen Kämpfen unseres Volkes zu einem werthvollen Bundesge¬ nossen oder gefürchteten Gegner machen wird. An jedem ersten größeren Werke eines frischen Talentes hängt eine edle Poesie. Nicht nur für den Schriftsteller, welcher dadurch die Stellung bezeichnet, die er in dem literarischen Leben seiner Nation zu behaupten beabsichtigt, eben so sehr für die Leser. Unbefangene Anerkennung, so weit diese nicht durch die eigene Parteistellung des Lesers beschränkt wird, und warme Empfindung für das Originelle des neuen Bekannten kommen entgegen, das Tüchtige imponirt, auch die Kritik scheut vorsichtig die Grenzen des Talentes abzustecken, eine Grenzboteli I. 1865. 1

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282240/7>, abgerufen am 29.04.2024.