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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band.

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wir uns endlich werden entschlossen haben, als ganze Deutsche in einem ganzen
Oestreich, nicht aber wie bisher als halbe Oestreicher in einem vierunddreißig-
theiligen Deutschland zu leben. Diese Existenz, wo wir mit halbem Leibe im
großen deutschen Meere plätscherten, während wir mit der andern Hälfte in
Oestreich auf dem Trocknen lagen, diese amphibienhafte Existenz muß nun ein
Ende haben."

Umgestaltung des bisherigen bundesrechtlichen Verhältnisses Oestreichs zu
Deutschland in ein rein völkerrechtliches Bündniß. wie es nur zwischen zwei
vollkommen selbständigen, einheitlichen, in sich abgeschlossenen Staaten möglich
ist. diese deutsche Reform allein kann Oestreich und Deutschland vor der Gefahr,
die beiden fortwährend droht, bewahren. "Wir sind es der innern Consolidi-
rung Oestreichs und der innern Consolidirung Deutschlands schuldig, endlich
das Verhältniß mit unsern deutschen Stammesgenossen in einer Weise zu ordnen
und festzustellen, daß, wie einst das Schwarzenberg-stadionsche Wort sehr treffend
lautete, "das einige Deutschland und das einige Oestreich" mit einander ver¬
bündet, den Gefahren der nächsten Zukunft in ruhiger Machtentwickelung ent>
gegensehen könne,n."

Soweit unsre Schrift, welche die Ueberzeugung der deutschen Autonomisten
in Oestreich vertritt, einen Standpunkt, den auch d. Bl. einnimmt, und den
wir demnächst in Briefen aus Oestreich, die uns zugesagt sind, den jetzt sich
vorbereitenden Ereignissen in Pesth und Wien gegenüber vertreten werden.
Sollten die Ungarn von dem schroffen Nechtsstandpunkt, den die Majorität
gegenwärtig einzunehmen scheint, abzugehen bewogen werden können, so wird
ohne Zweifel der Partei der deutschen Autonomisten die Aufgabe zufallen, die
Vereinbarung mit Ungarn auf constitutionellen Wege durchzuführen. Die Cen¬
tralisten sind mit ihrer Weisheit fertig. Schmerling hat sich und seine An¬
hänger unmöglich gemacht. Nur der Versuch eines gemäßigten Dualismus ist
jetzt noch möglich. Gelingt auch dieser nicht, so ist auch Oestreich unmöglich.




wir uns endlich werden entschlossen haben, als ganze Deutsche in einem ganzen
Oestreich, nicht aber wie bisher als halbe Oestreicher in einem vierunddreißig-
theiligen Deutschland zu leben. Diese Existenz, wo wir mit halbem Leibe im
großen deutschen Meere plätscherten, während wir mit der andern Hälfte in
Oestreich auf dem Trocknen lagen, diese amphibienhafte Existenz muß nun ein
Ende haben."

Umgestaltung des bisherigen bundesrechtlichen Verhältnisses Oestreichs zu
Deutschland in ein rein völkerrechtliches Bündniß. wie es nur zwischen zwei
vollkommen selbständigen, einheitlichen, in sich abgeschlossenen Staaten möglich
ist. diese deutsche Reform allein kann Oestreich und Deutschland vor der Gefahr,
die beiden fortwährend droht, bewahren. „Wir sind es der innern Consolidi-
rung Oestreichs und der innern Consolidirung Deutschlands schuldig, endlich
das Verhältniß mit unsern deutschen Stammesgenossen in einer Weise zu ordnen
und festzustellen, daß, wie einst das Schwarzenberg-stadionsche Wort sehr treffend
lautete, „das einige Deutschland und das einige Oestreich" mit einander ver¬
bündet, den Gefahren der nächsten Zukunft in ruhiger Machtentwickelung ent>
gegensehen könne,n."

Soweit unsre Schrift, welche die Ueberzeugung der deutschen Autonomisten
in Oestreich vertritt, einen Standpunkt, den auch d. Bl. einnimmt, und den
wir demnächst in Briefen aus Oestreich, die uns zugesagt sind, den jetzt sich
vorbereitenden Ereignissen in Pesth und Wien gegenüber vertreten werden.
Sollten die Ungarn von dem schroffen Nechtsstandpunkt, den die Majorität
gegenwärtig einzunehmen scheint, abzugehen bewogen werden können, so wird
ohne Zweifel der Partei der deutschen Autonomisten die Aufgabe zufallen, die
Vereinbarung mit Ungarn auf constitutionellen Wege durchzuführen. Die Cen¬
tralisten sind mit ihrer Weisheit fertig. Schmerling hat sich und seine An¬
hänger unmöglich gemacht. Nur der Versuch eines gemäßigten Dualismus ist
jetzt noch möglich. Gelingt auch dieser nicht, so ist auch Oestreich unmöglich.




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[0358] wir uns endlich werden entschlossen haben, als ganze Deutsche in einem ganzen Oestreich, nicht aber wie bisher als halbe Oestreicher in einem vierunddreißig- theiligen Deutschland zu leben. Diese Existenz, wo wir mit halbem Leibe im großen deutschen Meere plätscherten, während wir mit der andern Hälfte in Oestreich auf dem Trocknen lagen, diese amphibienhafte Existenz muß nun ein Ende haben." Umgestaltung des bisherigen bundesrechtlichen Verhältnisses Oestreichs zu Deutschland in ein rein völkerrechtliches Bündniß. wie es nur zwischen zwei vollkommen selbständigen, einheitlichen, in sich abgeschlossenen Staaten möglich ist. diese deutsche Reform allein kann Oestreich und Deutschland vor der Gefahr, die beiden fortwährend droht, bewahren. „Wir sind es der innern Consolidi- rung Oestreichs und der innern Consolidirung Deutschlands schuldig, endlich das Verhältniß mit unsern deutschen Stammesgenossen in einer Weise zu ordnen und festzustellen, daß, wie einst das Schwarzenberg-stadionsche Wort sehr treffend lautete, „das einige Deutschland und das einige Oestreich" mit einander ver¬ bündet, den Gefahren der nächsten Zukunft in ruhiger Machtentwickelung ent> gegensehen könne,n." Soweit unsre Schrift, welche die Ueberzeugung der deutschen Autonomisten in Oestreich vertritt, einen Standpunkt, den auch d. Bl. einnimmt, und den wir demnächst in Briefen aus Oestreich, die uns zugesagt sind, den jetzt sich vorbereitenden Ereignissen in Pesth und Wien gegenüber vertreten werden. Sollten die Ungarn von dem schroffen Nechtsstandpunkt, den die Majorität gegenwärtig einzunehmen scheint, abzugehen bewogen werden können, so wird ohne Zweifel der Partei der deutschen Autonomisten die Aufgabe zufallen, die Vereinbarung mit Ungarn auf constitutionellen Wege durchzuführen. Die Cen¬ tralisten sind mit ihrer Weisheit fertig. Schmerling hat sich und seine An¬ hänger unmöglich gemacht. Nur der Versuch eines gemäßigten Dualismus ist jetzt noch möglich. Gelingt auch dieser nicht, so ist auch Oestreich unmöglich.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_284469/358>, abgerufen am 16.06.2024.