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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band.

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Punkte Rom aus Priester in alle Welt, welche in unbedingtem Gehorsam gegen
das Oberhaupt in Rom die Seelen und mit den Seelen die Staaten beherrschten.
Daß dies allmälig und nach der Möglichkeit dieser bösen Zeit wieder so werde,
daß mit den modernen Mitteln der Staatskunst die modernen Staaten so weit
irgend thunlich wieder der allgemeinen Priesterherrschaft unterworfen werden,
das ist das Ziel des Ul tra in o n t a ni s in u s.

Wir erinnern uns, daß er im Jahr 1839 in Baden im Staatsministerium
saß und jenes Concordat vorbereitet hatte, welches der Curie in Freiburg und
damit derjenigen in Rom den gesammten Staat in die Hände liefern sollte,
von der Beherrschung der Kinderseelen in den Schulen, der Männer und Frauen
in Gemeinde, Kirche und häuslicher Beeinflussung vermittelst Ehegesetz, Ver¬
waltung des katholischen Stiftungsvcrmögens und Verleihung der Mittel des¬
selben nur an kirchlich Gesinnte bis zur Beherrschung der ganzen Bevölkerung
durch die Mittel der höheren Staatsverwaltung. Aehnlich war es in Würtem-
berg eingeleitet; in Bayern trieb man es etwas gemächlicher, weil man ohnehin
dort schon weit genug war und das Ministerium v. d. Pfordten-Reigersberg
sich gefällig zeigte. In Hessen-Darmstadt gewährte Herr v. Dalwigk, wie
man sagt, gefesselt durch Erreichung großer Gefälligkeiten, was man wollte.
Auch in Nassau war man drauf und dran, eine Convention mit dem Papstthum
zu schließen, wie die mit Herrn v. Dalwigk vereinbarte war, und auf die wir
des Weitem zurückkommen.

Mit den eben genannten Staaten aber ist so ziemlich das Gebiet des süd¬
westlichen Deutschland gezeichnet, von dem hier in Bezug auf das Treiben der
Ultramontanen die Rede sein soll. Betrachten wir dasselbe etwas genauer.

Der Südwesten Deutschlands zeigt zunächst folgende konfessionellen Ver¬
hältnisse. Es leben

inBaden unter1.369.291Seelenetwa896,683 Katholiken
Bayern "4,689,8373.270.404
Hohenzollern64,67662,321
Nassau "456,667208.000
Grvßh. Hessen "836,907224.038
Würtemberg "1,720,708327.037
Frankfurt "87,00016.000
Hessen-Homburg,,26,8174,300
Im Ganzen unter 9,271,802 Seelen etwa3,209,003 Katholiken.

Während in den sämmtlichen genannten Staaten die Zahl der Ka¬
tholiken über die Hälfte der Bevölkerung hinausragt, und wieder in den
fünf letzten weit unter der Hälfte bleibt, ist sie in den drei ersten die
weit überwiegende. Und hier ist auch der Hauptsitz des Ultramontanismus


Punkte Rom aus Priester in alle Welt, welche in unbedingtem Gehorsam gegen
das Oberhaupt in Rom die Seelen und mit den Seelen die Staaten beherrschten.
Daß dies allmälig und nach der Möglichkeit dieser bösen Zeit wieder so werde,
daß mit den modernen Mitteln der Staatskunst die modernen Staaten so weit
irgend thunlich wieder der allgemeinen Priesterherrschaft unterworfen werden,
das ist das Ziel des Ul tra in o n t a ni s in u s.

Wir erinnern uns, daß er im Jahr 1839 in Baden im Staatsministerium
saß und jenes Concordat vorbereitet hatte, welches der Curie in Freiburg und
damit derjenigen in Rom den gesammten Staat in die Hände liefern sollte,
von der Beherrschung der Kinderseelen in den Schulen, der Männer und Frauen
in Gemeinde, Kirche und häuslicher Beeinflussung vermittelst Ehegesetz, Ver¬
waltung des katholischen Stiftungsvcrmögens und Verleihung der Mittel des¬
selben nur an kirchlich Gesinnte bis zur Beherrschung der ganzen Bevölkerung
durch die Mittel der höheren Staatsverwaltung. Aehnlich war es in Würtem-
berg eingeleitet; in Bayern trieb man es etwas gemächlicher, weil man ohnehin
dort schon weit genug war und das Ministerium v. d. Pfordten-Reigersberg
sich gefällig zeigte. In Hessen-Darmstadt gewährte Herr v. Dalwigk, wie
man sagt, gefesselt durch Erreichung großer Gefälligkeiten, was man wollte.
Auch in Nassau war man drauf und dran, eine Convention mit dem Papstthum
zu schließen, wie die mit Herrn v. Dalwigk vereinbarte war, und auf die wir
des Weitem zurückkommen.

Mit den eben genannten Staaten aber ist so ziemlich das Gebiet des süd¬
westlichen Deutschland gezeichnet, von dem hier in Bezug auf das Treiben der
Ultramontanen die Rede sein soll. Betrachten wir dasselbe etwas genauer.

Der Südwesten Deutschlands zeigt zunächst folgende konfessionellen Ver¬
hältnisse. Es leben

inBaden unter1.369.291Seelenetwa896,683 Katholiken
Bayern „4,689,8373.270.404
Hohenzollern64,67662,321
Nassau „456,667208.000
Grvßh. Hessen „836,907224.038
Würtemberg „1,720,708327.037
Frankfurt „87,00016.000
Hessen-Homburg,,26,8174,300
Im Ganzen unter 9,271,802 Seelen etwa3,209,003 Katholiken.

Während in den sämmtlichen genannten Staaten die Zahl der Ka¬
tholiken über die Hälfte der Bevölkerung hinausragt, und wieder in den
fünf letzten weit unter der Hälfte bleibt, ist sie in den drei ersten die
weit überwiegende. Und hier ist auch der Hauptsitz des Ultramontanismus


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[0104] Punkte Rom aus Priester in alle Welt, welche in unbedingtem Gehorsam gegen das Oberhaupt in Rom die Seelen und mit den Seelen die Staaten beherrschten. Daß dies allmälig und nach der Möglichkeit dieser bösen Zeit wieder so werde, daß mit den modernen Mitteln der Staatskunst die modernen Staaten so weit irgend thunlich wieder der allgemeinen Priesterherrschaft unterworfen werden, das ist das Ziel des Ul tra in o n t a ni s in u s. Wir erinnern uns, daß er im Jahr 1839 in Baden im Staatsministerium saß und jenes Concordat vorbereitet hatte, welches der Curie in Freiburg und damit derjenigen in Rom den gesammten Staat in die Hände liefern sollte, von der Beherrschung der Kinderseelen in den Schulen, der Männer und Frauen in Gemeinde, Kirche und häuslicher Beeinflussung vermittelst Ehegesetz, Ver¬ waltung des katholischen Stiftungsvcrmögens und Verleihung der Mittel des¬ selben nur an kirchlich Gesinnte bis zur Beherrschung der ganzen Bevölkerung durch die Mittel der höheren Staatsverwaltung. Aehnlich war es in Würtem- berg eingeleitet; in Bayern trieb man es etwas gemächlicher, weil man ohnehin dort schon weit genug war und das Ministerium v. d. Pfordten-Reigersberg sich gefällig zeigte. In Hessen-Darmstadt gewährte Herr v. Dalwigk, wie man sagt, gefesselt durch Erreichung großer Gefälligkeiten, was man wollte. Auch in Nassau war man drauf und dran, eine Convention mit dem Papstthum zu schließen, wie die mit Herrn v. Dalwigk vereinbarte war, und auf die wir des Weitem zurückkommen. Mit den eben genannten Staaten aber ist so ziemlich das Gebiet des süd¬ westlichen Deutschland gezeichnet, von dem hier in Bezug auf das Treiben der Ultramontanen die Rede sein soll. Betrachten wir dasselbe etwas genauer. Der Südwesten Deutschlands zeigt zunächst folgende konfessionellen Ver¬ hältnisse. Es leben inBaden unter1.369.291Seelenetwa896,683 Katholiken Bayern „4,689,8373.270.404 Hohenzollern64,67662,321 Nassau „456,667208.000 Grvßh. Hessen „836,907224.038 Würtemberg „1,720,708327.037 Frankfurt „87,00016.000 Hessen-Homburg,,26,8174,300 Im Ganzen unter 9,271,802 Seelen etwa3,209,003 Katholiken. Während in den sämmtlichen genannten Staaten die Zahl der Ka¬ tholiken über die Hälfte der Bevölkerung hinausragt, und wieder in den fünf letzten weit unter der Hälfte bleibt, ist sie in den drei ersten die weit überwiegende. Und hier ist auch der Hauptsitz des Ultramontanismus

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285025/104>, abgerufen am 16.05.2024.