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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band.

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daß Baden zu zwei Drittel katholisch ist; auf den Kreisversammlungen selbst
haben sie es höchstens auf einer zu einer Mehrheit gebracht. In Freiburg aber,
a"i Sitz des Erzbischofs. machten sie bei der Wahlmänncrwahl die Erfahrung,
daß von 76 Wahlmännern nur 5 ihrer Farbe waren, und in Karlsruhe erlitten
sie die Demüthigung, daß eine große Anzahl Kandidaten, lauter angesehene
Männer, welche sie aus ihre Listen gesetzt hatten, öffentlich den Irrthum oder
die Fälschung erklärten. In Heidelberg vereinigten sie von 1600 Stimmen
"ur etwa 160 auf ihre Candidaten. Es erging ihnen diesmal umgekehrt wie
bei den Ortsschulrathwahlcn: bei diesen verhinderten sie nicht das Zustande-
kommen der Wahlen, und bei den Krcisversammlnngswahlen gelang es ihnen
uicht, die Mehrheit zu erreichen.

Nach diesem Stand der Dinge in Baden ist es thöricht, wenn Nach-
Uchten von einem Einlenken der Regierung der Curie in Freiburg gegenüber
frechen: solche Nachrichten gehen auch wohl nur von den Organen der Ultra-
montanen aus, welche entweder die öffentliche Meinung unsicher machen wollen,
das alte Spiel des Fischers im Trüben wieder treiben zu können, oder
das schmerzende Bewußtsein völliger Niederlage diuch Aussprengung von Näch¬
sten in hämischer Schadenfreude zu mildern suchen. Einige schwache Seelen
fassen sich most immer noch einschüchtern, und an deren Bangen ergötzt man
Reh dann.

Ich habe mich länger bei Bade" aufgehalten, als bei irgendeinem
andern Staate Südwesters, ich habe Ihnen aber oben meine Gründe dafür
^gesprochen. Auch bin ich etwas aus die Seitenstraßen gegangen, absichtlich die
la durch die Tagespresse hinlänglich besorgten Hauptstraßen nur des Zusammen-
)angs megen berührend. Ich hoffe, daß Sie damit einverstanden sind. Einen
nel nur wollen Sie mir noch zu werfen erlauben aus die Presse der Ultramon-
^a"en in einem Augenblicke, wo das lang gewünschte neue Gesetz über Presse und
crains- und Versammlungsrecht der badischen Landesvertretung endlich vor-
'^t. Die ultramontane Presse zählt im Südwesten zu ihren Hauptvertretern
Mainzer Journal mit Abendblatt i" Mainz, den Badischen Beobachter in
arlsvuhc, den Boltsbotcn in München, die Pfälzer Zeitung in der bayerischen
,^>alz. Als kleinere Ableger kann man noch aufzählen die Hessischen Bolksblättcr
Darmstadt und verschiedene andere Blätter in Bayern. In der preußischen
heinprovinz ist ein Hauptorgan neben den Kölnischen Blättern das Echo der
Gegenwart in Aachen. Die Presse ist nicht schlecht besorgt von den Ultra-
"'o"kamen, es arbeiten in ihr sicher viele Freiwillige, denen solches auch das
Ankommen der Orden, der Peterspfcnnig und andere besondere Mittel erlauben.
"6 Mainzer Journal hat sich notorisch hoher Unterstützung von Wien her
ku ^ ^' Ultramontanen ist auch von weit- und menschen-
" igen Personen besorgt, sie weiß zu verschweigen, was ihrer Sache, und zu


daß Baden zu zwei Drittel katholisch ist; auf den Kreisversammlungen selbst
haben sie es höchstens auf einer zu einer Mehrheit gebracht. In Freiburg aber,
a»i Sitz des Erzbischofs. machten sie bei der Wahlmänncrwahl die Erfahrung,
daß von 76 Wahlmännern nur 5 ihrer Farbe waren, und in Karlsruhe erlitten
sie die Demüthigung, daß eine große Anzahl Kandidaten, lauter angesehene
Männer, welche sie aus ihre Listen gesetzt hatten, öffentlich den Irrthum oder
die Fälschung erklärten. In Heidelberg vereinigten sie von 1600 Stimmen
"ur etwa 160 auf ihre Candidaten. Es erging ihnen diesmal umgekehrt wie
bei den Ortsschulrathwahlcn: bei diesen verhinderten sie nicht das Zustande-
kommen der Wahlen, und bei den Krcisversammlnngswahlen gelang es ihnen
uicht, die Mehrheit zu erreichen.

Nach diesem Stand der Dinge in Baden ist es thöricht, wenn Nach-
Uchten von einem Einlenken der Regierung der Curie in Freiburg gegenüber
frechen: solche Nachrichten gehen auch wohl nur von den Organen der Ultra-
montanen aus, welche entweder die öffentliche Meinung unsicher machen wollen,
das alte Spiel des Fischers im Trüben wieder treiben zu können, oder
das schmerzende Bewußtsein völliger Niederlage diuch Aussprengung von Näch¬
sten in hämischer Schadenfreude zu mildern suchen. Einige schwache Seelen
fassen sich most immer noch einschüchtern, und an deren Bangen ergötzt man
Reh dann.

Ich habe mich länger bei Bade» aufgehalten, als bei irgendeinem
andern Staate Südwesters, ich habe Ihnen aber oben meine Gründe dafür
^gesprochen. Auch bin ich etwas aus die Seitenstraßen gegangen, absichtlich die
la durch die Tagespresse hinlänglich besorgten Hauptstraßen nur des Zusammen-
)angs megen berührend. Ich hoffe, daß Sie damit einverstanden sind. Einen
nel nur wollen Sie mir noch zu werfen erlauben aus die Presse der Ultramon-
^a»en in einem Augenblicke, wo das lang gewünschte neue Gesetz über Presse und
crains- und Versammlungsrecht der badischen Landesvertretung endlich vor-
'^t. Die ultramontane Presse zählt im Südwesten zu ihren Hauptvertretern
Mainzer Journal mit Abendblatt i» Mainz, den Badischen Beobachter in
arlsvuhc, den Boltsbotcn in München, die Pfälzer Zeitung in der bayerischen
,^>alz. Als kleinere Ableger kann man noch aufzählen die Hessischen Bolksblättcr
Darmstadt und verschiedene andere Blätter in Bayern. In der preußischen
heinprovinz ist ein Hauptorgan neben den Kölnischen Blättern das Echo der
Gegenwart in Aachen. Die Presse ist nicht schlecht besorgt von den Ultra-
"'o»kamen, es arbeiten in ihr sicher viele Freiwillige, denen solches auch das
Ankommen der Orden, der Peterspfcnnig und andere besondere Mittel erlauben.
"6 Mainzer Journal hat sich notorisch hoher Unterstützung von Wien her
ku ^ ^' Ultramontanen ist auch von weit- und menschen-
" igen Personen besorgt, sie weiß zu verschweigen, was ihrer Sache, und zu


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[0117] daß Baden zu zwei Drittel katholisch ist; auf den Kreisversammlungen selbst haben sie es höchstens auf einer zu einer Mehrheit gebracht. In Freiburg aber, a»i Sitz des Erzbischofs. machten sie bei der Wahlmänncrwahl die Erfahrung, daß von 76 Wahlmännern nur 5 ihrer Farbe waren, und in Karlsruhe erlitten sie die Demüthigung, daß eine große Anzahl Kandidaten, lauter angesehene Männer, welche sie aus ihre Listen gesetzt hatten, öffentlich den Irrthum oder die Fälschung erklärten. In Heidelberg vereinigten sie von 1600 Stimmen "ur etwa 160 auf ihre Candidaten. Es erging ihnen diesmal umgekehrt wie bei den Ortsschulrathwahlcn: bei diesen verhinderten sie nicht das Zustande- kommen der Wahlen, und bei den Krcisversammlnngswahlen gelang es ihnen uicht, die Mehrheit zu erreichen. Nach diesem Stand der Dinge in Baden ist es thöricht, wenn Nach- Uchten von einem Einlenken der Regierung der Curie in Freiburg gegenüber frechen: solche Nachrichten gehen auch wohl nur von den Organen der Ultra- montanen aus, welche entweder die öffentliche Meinung unsicher machen wollen, das alte Spiel des Fischers im Trüben wieder treiben zu können, oder das schmerzende Bewußtsein völliger Niederlage diuch Aussprengung von Näch¬ sten in hämischer Schadenfreude zu mildern suchen. Einige schwache Seelen fassen sich most immer noch einschüchtern, und an deren Bangen ergötzt man Reh dann. Ich habe mich länger bei Bade» aufgehalten, als bei irgendeinem andern Staate Südwesters, ich habe Ihnen aber oben meine Gründe dafür ^gesprochen. Auch bin ich etwas aus die Seitenstraßen gegangen, absichtlich die la durch die Tagespresse hinlänglich besorgten Hauptstraßen nur des Zusammen- )angs megen berührend. Ich hoffe, daß Sie damit einverstanden sind. Einen nel nur wollen Sie mir noch zu werfen erlauben aus die Presse der Ultramon- ^a»en in einem Augenblicke, wo das lang gewünschte neue Gesetz über Presse und crains- und Versammlungsrecht der badischen Landesvertretung endlich vor- '^t. Die ultramontane Presse zählt im Südwesten zu ihren Hauptvertretern Mainzer Journal mit Abendblatt i» Mainz, den Badischen Beobachter in arlsvuhc, den Boltsbotcn in München, die Pfälzer Zeitung in der bayerischen ,^>alz. Als kleinere Ableger kann man noch aufzählen die Hessischen Bolksblättcr Darmstadt und verschiedene andere Blätter in Bayern. In der preußischen heinprovinz ist ein Hauptorgan neben den Kölnischen Blättern das Echo der Gegenwart in Aachen. Die Presse ist nicht schlecht besorgt von den Ultra- "'o»kamen, es arbeiten in ihr sicher viele Freiwillige, denen solches auch das Ankommen der Orden, der Peterspfcnnig und andere besondere Mittel erlauben. "6 Mainzer Journal hat sich notorisch hoher Unterstützung von Wien her ku ^ ^' Ultramontanen ist auch von weit- und menschen- " igen Personen besorgt, sie weiß zu verschweigen, was ihrer Sache, und zu

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285025/117>, abgerufen am 15.05.2024.