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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band.

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denn insofern bei ihnen von Charakter die Rede ist. bietet derselbe die schroff¬
sten Gegensätze dar. In einem einzigen Begriffe könnte ihr beiderseitiger Geist
vielleicht eine Ähnlichkeit darbieten: in dem Drange nach zu spielenden Rollen.
Auf diesem Felde aber hat noch nie eine bleibende Vereinigung stattgefunden;
Individuen, welche in diesem Sinne vorschreiten, begegnen sich, in einzelnen
Fällen können sie sich sogar die Hand bieten; aber bald tritt Zwiespalt unter
ihnen ein.

Auf einer anderen Seite gestehe ich recht aufrichtig, daß wir die Opposi¬
tion in Bundesangelegenheiten nicht fürchten und der Grund unserer Ruhe ist
einfach der unseres vollen Gefühles, daß wir und alle mit der unsngen gleich-
gesinnten Bundesregierungen nicht nur nichts Uebles suchen, sondern allein
dem wahren und gemeinnützigen Guten nachstreben.

Die Opposition gegen solche Absichten und insbesondere wenn sie ferne
von jeder Art von Schwindelei und Schwäche sind, ist stets ein elendes und
seichtes Spiel.

Um dasselbe zu tödten. bedarf es nur einiger Geduld. Das wahre Recht
um zu siegen bedarf nur einer gleichmäßigen Unterstützung eines ruhigen und ge¬
messenen Vorschreitens, eines unerschütterlichen Willens. Wie sehr derselbe bei
uns besteht, ist längst an den Orten, wo wahres Licht leuchtet, klar und deut¬
lich erkannt. Daß wir in dieser Beziehung ganz auf den ...schen Hof zu rechnen
befugt sind, wissen wir und daß wir auch heute in unserer Ruhe begriffen
werden, stelle ich ganz außer Zweifel.

Die einzige oben berührte Geistesverwandtschaft zwischen den Königen von
Bayern und Würtemberg abgerechnet, finde ich übrigens -- und dies zwar
hauptsächlich dort, wo die größere Gemeinschaft der Ansichten vermuthet wer¬
den könnte -- lauter sich entgegenstrebende Bedingungen ihres moralischen, wie
ihres politischen Wesens. Das, was Bayern will, kann Würtemberg ein für
allemal nicht wollen; selbst im Anschein vereint, wird sich ihr Gang in einer
jeden einzelnen Vorkommenheit stets trennen. Die von dem König von Bayern
geträumte Selbständigkeit umfaßt ein zu weites Feld, als daß die Selbständig¬
keit seiner minder mächtigen Nachbarn nicht aus selbem verdrängt werden sollte.
Die beiden Fürsten geizen nach Popularität; die Verfolgung einer und derselben
Braut vereinigt die Menschen nicht.

Uebrigens besteht noch der ganz eigene Umstand, daß die beiden Herren
sich persönlich und unversöhnlich abgeneigt sind, ein Umstand, der bei der ge¬
ringsten Gelegenheit in ein Helles Licht treten wird, weil es nebstbei deren
Individualität so bedingt.

Das ganze Gebäude der Vereinigung ist demnach ein reines Hirngespinst,
das nur durch die Fehler, welche Andere beginge", zur praktischen und gefähr¬
lichen Anwendung kommen könnte. Dies ist mein aufrichtiges Glaubens-


denn insofern bei ihnen von Charakter die Rede ist. bietet derselbe die schroff¬
sten Gegensätze dar. In einem einzigen Begriffe könnte ihr beiderseitiger Geist
vielleicht eine Ähnlichkeit darbieten: in dem Drange nach zu spielenden Rollen.
Auf diesem Felde aber hat noch nie eine bleibende Vereinigung stattgefunden;
Individuen, welche in diesem Sinne vorschreiten, begegnen sich, in einzelnen
Fällen können sie sich sogar die Hand bieten; aber bald tritt Zwiespalt unter
ihnen ein.

Auf einer anderen Seite gestehe ich recht aufrichtig, daß wir die Opposi¬
tion in Bundesangelegenheiten nicht fürchten und der Grund unserer Ruhe ist
einfach der unseres vollen Gefühles, daß wir und alle mit der unsngen gleich-
gesinnten Bundesregierungen nicht nur nichts Uebles suchen, sondern allein
dem wahren und gemeinnützigen Guten nachstreben.

Die Opposition gegen solche Absichten und insbesondere wenn sie ferne
von jeder Art von Schwindelei und Schwäche sind, ist stets ein elendes und
seichtes Spiel.

Um dasselbe zu tödten. bedarf es nur einiger Geduld. Das wahre Recht
um zu siegen bedarf nur einer gleichmäßigen Unterstützung eines ruhigen und ge¬
messenen Vorschreitens, eines unerschütterlichen Willens. Wie sehr derselbe bei
uns besteht, ist längst an den Orten, wo wahres Licht leuchtet, klar und deut¬
lich erkannt. Daß wir in dieser Beziehung ganz auf den ...schen Hof zu rechnen
befugt sind, wissen wir und daß wir auch heute in unserer Ruhe begriffen
werden, stelle ich ganz außer Zweifel.

Die einzige oben berührte Geistesverwandtschaft zwischen den Königen von
Bayern und Würtemberg abgerechnet, finde ich übrigens — und dies zwar
hauptsächlich dort, wo die größere Gemeinschaft der Ansichten vermuthet wer¬
den könnte — lauter sich entgegenstrebende Bedingungen ihres moralischen, wie
ihres politischen Wesens. Das, was Bayern will, kann Würtemberg ein für
allemal nicht wollen; selbst im Anschein vereint, wird sich ihr Gang in einer
jeden einzelnen Vorkommenheit stets trennen. Die von dem König von Bayern
geträumte Selbständigkeit umfaßt ein zu weites Feld, als daß die Selbständig¬
keit seiner minder mächtigen Nachbarn nicht aus selbem verdrängt werden sollte.
Die beiden Fürsten geizen nach Popularität; die Verfolgung einer und derselben
Braut vereinigt die Menschen nicht.

Uebrigens besteht noch der ganz eigene Umstand, daß die beiden Herren
sich persönlich und unversöhnlich abgeneigt sind, ein Umstand, der bei der ge¬
ringsten Gelegenheit in ein Helles Licht treten wird, weil es nebstbei deren
Individualität so bedingt.

Das ganze Gebäude der Vereinigung ist demnach ein reines Hirngespinst,
das nur durch die Fehler, welche Andere beginge», zur praktischen und gefähr¬
lichen Anwendung kommen könnte. Dies ist mein aufrichtiges Glaubens-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285025/132>, abgerufen am 16.05.2024.