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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band.

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kostbares und vor allem ein dauerhafteres färbendes Bildmaterial zu finden, eine
ganze Reihe von neueren Versuchen, einmal die Silbersalze durch andre Metall"
(Uralt-, Eisen") Salze und andrerseits diese sämmtlich durch das sicherste Dauer
verheißende Pigment, die Kohle, zu ersetzen. Das Kohlenbild ist vorläufig
noch immer das Ziel derartiger Bestrebungen, und die schönen Erfolge, welche
bereits mit ihrer Anwendung durch Poitevin, Swan u. a. erreicht sind, bürgen
dafür, daß ihm die Zukunft der Photographie gehört.

Gleichzeitig neben diesen technischen Eroberungen her gingen die auf die
Erweiterung des Umkreises des photographischen Könnens überhaupt gerichteten
Arbeiten. Die unbegrenzte Vervielfältigungsfähigkeit, welche durch die Erfindung
der Papierphotographie und des Negativbildes gewonnen war, ist zwar eine
unschätzbare Errungenschaft. Aber auch hier ist der Proceß der Vervielfältigung
selbst noch immer ein umständlicher, verhältnißmäßig langsamer, nicht für absolut
gleichmäßige Resultate bürgender. Immer wieder muß das Papier auf die
Negativplatte gelegt, immer wieder beide dem Sonnenlicht ausgesetzt werden;
trübe Tage und Wochen bringen den ganzen Vervielfältigungsproceß ins Stocken.
Hier mußte ein Ausweg, ein neues Verfahren zu finden sein, wenn anders die
Photographie ihre Mission als erstes aller bildlichen Reproductionsmittel im
vollsten Umfange erfüllen sollte. Dies Verfahren konnte nur das des Drucks
der Platte sein, das einzige, welches Schnelligkeit und Sicherheit bei einfacher
mechanischer Handhabung vereinigt. Die bestimmten Hoffnungen dereinstiger
Erfindung des photographischen Drucks sind früher oft genug getäuscht und oft
genug verhöhnt -- und endlich doch glänzend erfüllt worden. Es handelte sich
darum, das photographische Bild auf eine Metall- oder Steinplatte zu bringen
und das Geheimniß zu entdecken, diese dann so zu behandeln, wie ein gravirtes,
geätztes oder gezeichnetes, ohne daß es von seinen, nur den photographischen
gegebnen, Vorzügen in Treue, Schärfe, Feinheit, Modellirung, etwas verliere,
und es in solcher Gestalt druckfähig wie jeden Kupfer- und Stahlstich oder jede
Lithographie zu machen. Die ersten Versuche in dieser Richtung gingen von
Franzosen und Engländern aus. Oft von erfreulichem Gelingen gekrönt, er"
reichte es doch weder Poitevin, noch Niepce, noch Talbot, von ihren Metall-
und Steinplatten mehr als nur eine sehr beschränkte Anzahl von Drucken ab-
zuziehn. In Deutschland haben neuerdings dagegen die Arbeiten zu den besten
und befriedigendsten Resultaten geführt. Die wiener Staatsdruckerei zeigt in
ihren Proben jedes derartige Problem gelöst, verwandelt das photographische
Bild in Druckplatten und Druckstöcke, also für Hoch- und Tiefdruck, und zieht
mit der Kupfer- und Buchdruckprcsse Blätter davon herunter, welche die Eigen¬
schaften der Photographie mit denen des besten Schwarzkunststichs zu vereinigen
scheinen. Und in Berlin, wo man besonders auf die Uebertragung des Bildes
auf die Steinplatte hin experimentirte, auf die sogenannte "Photolithographie"


kostbares und vor allem ein dauerhafteres färbendes Bildmaterial zu finden, eine
ganze Reihe von neueren Versuchen, einmal die Silbersalze durch andre Metall«
(Uralt-, Eisen«) Salze und andrerseits diese sämmtlich durch das sicherste Dauer
verheißende Pigment, die Kohle, zu ersetzen. Das Kohlenbild ist vorläufig
noch immer das Ziel derartiger Bestrebungen, und die schönen Erfolge, welche
bereits mit ihrer Anwendung durch Poitevin, Swan u. a. erreicht sind, bürgen
dafür, daß ihm die Zukunft der Photographie gehört.

Gleichzeitig neben diesen technischen Eroberungen her gingen die auf die
Erweiterung des Umkreises des photographischen Könnens überhaupt gerichteten
Arbeiten. Die unbegrenzte Vervielfältigungsfähigkeit, welche durch die Erfindung
der Papierphotographie und des Negativbildes gewonnen war, ist zwar eine
unschätzbare Errungenschaft. Aber auch hier ist der Proceß der Vervielfältigung
selbst noch immer ein umständlicher, verhältnißmäßig langsamer, nicht für absolut
gleichmäßige Resultate bürgender. Immer wieder muß das Papier auf die
Negativplatte gelegt, immer wieder beide dem Sonnenlicht ausgesetzt werden;
trübe Tage und Wochen bringen den ganzen Vervielfältigungsproceß ins Stocken.
Hier mußte ein Ausweg, ein neues Verfahren zu finden sein, wenn anders die
Photographie ihre Mission als erstes aller bildlichen Reproductionsmittel im
vollsten Umfange erfüllen sollte. Dies Verfahren konnte nur das des Drucks
der Platte sein, das einzige, welches Schnelligkeit und Sicherheit bei einfacher
mechanischer Handhabung vereinigt. Die bestimmten Hoffnungen dereinstiger
Erfindung des photographischen Drucks sind früher oft genug getäuscht und oft
genug verhöhnt — und endlich doch glänzend erfüllt worden. Es handelte sich
darum, das photographische Bild auf eine Metall- oder Steinplatte zu bringen
und das Geheimniß zu entdecken, diese dann so zu behandeln, wie ein gravirtes,
geätztes oder gezeichnetes, ohne daß es von seinen, nur den photographischen
gegebnen, Vorzügen in Treue, Schärfe, Feinheit, Modellirung, etwas verliere,
und es in solcher Gestalt druckfähig wie jeden Kupfer- und Stahlstich oder jede
Lithographie zu machen. Die ersten Versuche in dieser Richtung gingen von
Franzosen und Engländern aus. Oft von erfreulichem Gelingen gekrönt, er«
reichte es doch weder Poitevin, noch Niepce, noch Talbot, von ihren Metall-
und Steinplatten mehr als nur eine sehr beschränkte Anzahl von Drucken ab-
zuziehn. In Deutschland haben neuerdings dagegen die Arbeiten zu den besten
und befriedigendsten Resultaten geführt. Die wiener Staatsdruckerei zeigt in
ihren Proben jedes derartige Problem gelöst, verwandelt das photographische
Bild in Druckplatten und Druckstöcke, also für Hoch- und Tiefdruck, und zieht
mit der Kupfer- und Buchdruckprcsse Blätter davon herunter, welche die Eigen¬
schaften der Photographie mit denen des besten Schwarzkunststichs zu vereinigen
scheinen. Und in Berlin, wo man besonders auf die Uebertragung des Bildes
auf die Steinplatte hin experimentirte, auf die sogenannte „Photolithographie"


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285025/183>, abgerufen am 29.05.2024.