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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band.

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Cam. Je nun, etwas Fett aus Bocksbohnen und Wasser destillirt aus
Fimo Virgineo und gemischt mit Blumen, welche in der Mitternacht wachsen,
wenn die Bauern den Tag über tüchtig Meth gezecht haben.


Bart.

In der That, eine höchst kostbare Arznei für diesen Menschen.

Z Cam. uerst werde ich ihm die Hörner abnehmen. Bartold, reich die
Säge her. (Zum Bean gewendet.) Esel, sperrst du dich gegen deinen Arzt!

Bart. Hemme sein Ungestüm und binde ihn wie ein stetiges Pferd. Aber
trotzdem nimm dich in Acht, daß er dich nicht mit seinen greulichen Nägeln
anrührt oder dich mit dem gehörnten Kopfe verletzt.

Cam. (Indem er dem Beanus die Hörner absagt.) Wie hart und wie fest ein¬
gewachsen diese Hörner sind! Sieh nur, die Säge ist aus Rand und Band
gegangen und fast alle ihre Zähne sind zerbrochen. Schau dich mal um, täp¬
pisches Vieh, da diese Hörner; vorher konntest du sie nicht sehen und schenktest
uns keinen Glauben.

Bart. Guter Gott, kein Ochse und kein wildes Waldgethier, dessen Kopf
mit solch einer Last beschwert wäre.


Cam.

Was hab' ich mit dem Zahnbrecher gemacht?


Bart.

Hier hast du ihn.

R Cam. eck das Maul her. (Er bricht dem Beanus die Hauer aus.) Hier den
einen Zahn, Bartold. und da hast du den andern.

Bart. Diese Zähne werde ich mir aufheben und bisweilen als Sehens¬
würdigkeit ausstellen. Ich lasse mir dann von den Zuschauern Geld dafür
zahlen wie die, welche Meerungeheuer zeigen.

Cam. Bring ein Becken, gieß Wasser hinein und lege wohlriechende
Kräuter darauf, damit ihm der Bart eingerieben und dann geschoren werde.


Bart.

Alles ist bereit.


Cam.

Was für Kräuter hast du hineingethan?

Bart. Weiß nicht recht, wie sie heißen; aber sie wachsen im Garten, wo
die Mistgrube ausläuft.

R Cam. echt gethan. Nun halt das Kinn steif und mele nicht. Der
Bart ist hinreichend benetzt, aber wo ist die Pflugschaar, mein Rasirmesser?


Bart.

Neben dir aus der Bank.

Cam. (Nachdem er dem Beanus den falschen Bart abgeschnitten.) Da sieh mal,
Johannes, deinen Bart, schwarz wie der des Apostels, der Christum verrieth.
Von dir aber glaube ich, daß du ehrlich bist und daß, wie's im Sprichwort
heißt*), alle vorsichtige Gäste sind, welche, wenn du in die Herberge trittst,
ihre Sachen bei Seite schaffen. ,



*) Vermuthlich ein ähnliches Sprichwort wie: Mutter laß den Hund los und häng die
Wäsche ab, die Komödianten (oder fahrenden Schüler) kommen.
Grenzboten II. 18K6. 2?

Cam. Je nun, etwas Fett aus Bocksbohnen und Wasser destillirt aus
Fimo Virgineo und gemischt mit Blumen, welche in der Mitternacht wachsen,
wenn die Bauern den Tag über tüchtig Meth gezecht haben.


Bart.

In der That, eine höchst kostbare Arznei für diesen Menschen.

Z Cam. uerst werde ich ihm die Hörner abnehmen. Bartold, reich die
Säge her. (Zum Bean gewendet.) Esel, sperrst du dich gegen deinen Arzt!

Bart. Hemme sein Ungestüm und binde ihn wie ein stetiges Pferd. Aber
trotzdem nimm dich in Acht, daß er dich nicht mit seinen greulichen Nägeln
anrührt oder dich mit dem gehörnten Kopfe verletzt.

Cam. (Indem er dem Beanus die Hörner absagt.) Wie hart und wie fest ein¬
gewachsen diese Hörner sind! Sieh nur, die Säge ist aus Rand und Band
gegangen und fast alle ihre Zähne sind zerbrochen. Schau dich mal um, täp¬
pisches Vieh, da diese Hörner; vorher konntest du sie nicht sehen und schenktest
uns keinen Glauben.

Bart. Guter Gott, kein Ochse und kein wildes Waldgethier, dessen Kopf
mit solch einer Last beschwert wäre.


Cam.

Was hab' ich mit dem Zahnbrecher gemacht?


Bart.

Hier hast du ihn.

R Cam. eck das Maul her. (Er bricht dem Beanus die Hauer aus.) Hier den
einen Zahn, Bartold. und da hast du den andern.

Bart. Diese Zähne werde ich mir aufheben und bisweilen als Sehens¬
würdigkeit ausstellen. Ich lasse mir dann von den Zuschauern Geld dafür
zahlen wie die, welche Meerungeheuer zeigen.

Cam. Bring ein Becken, gieß Wasser hinein und lege wohlriechende
Kräuter darauf, damit ihm der Bart eingerieben und dann geschoren werde.


Bart.

Alles ist bereit.


Cam.

Was für Kräuter hast du hineingethan?

Bart. Weiß nicht recht, wie sie heißen; aber sie wachsen im Garten, wo
die Mistgrube ausläuft.

R Cam. echt gethan. Nun halt das Kinn steif und mele nicht. Der
Bart ist hinreichend benetzt, aber wo ist die Pflugschaar, mein Rasirmesser?


Bart.

Neben dir aus der Bank.

Cam. (Nachdem er dem Beanus den falschen Bart abgeschnitten.) Da sieh mal,
Johannes, deinen Bart, schwarz wie der des Apostels, der Christum verrieth.
Von dir aber glaube ich, daß du ehrlich bist und daß, wie's im Sprichwort
heißt*), alle vorsichtige Gäste sind, welche, wenn du in die Herberge trittst,
ihre Sachen bei Seite schaffen. ,



*) Vermuthlich ein ähnliches Sprichwort wie: Mutter laß den Hund los und häng die
Wäsche ab, die Komödianten (oder fahrenden Schüler) kommen.
Grenzboten II. 18K6. 2?
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[0229] Cam. Je nun, etwas Fett aus Bocksbohnen und Wasser destillirt aus Fimo Virgineo und gemischt mit Blumen, welche in der Mitternacht wachsen, wenn die Bauern den Tag über tüchtig Meth gezecht haben. Bart. In der That, eine höchst kostbare Arznei für diesen Menschen. Z Cam. uerst werde ich ihm die Hörner abnehmen. Bartold, reich die Säge her. (Zum Bean gewendet.) Esel, sperrst du dich gegen deinen Arzt! Bart. Hemme sein Ungestüm und binde ihn wie ein stetiges Pferd. Aber trotzdem nimm dich in Acht, daß er dich nicht mit seinen greulichen Nägeln anrührt oder dich mit dem gehörnten Kopfe verletzt. Cam. (Indem er dem Beanus die Hörner absagt.) Wie hart und wie fest ein¬ gewachsen diese Hörner sind! Sieh nur, die Säge ist aus Rand und Band gegangen und fast alle ihre Zähne sind zerbrochen. Schau dich mal um, täp¬ pisches Vieh, da diese Hörner; vorher konntest du sie nicht sehen und schenktest uns keinen Glauben. Bart. Guter Gott, kein Ochse und kein wildes Waldgethier, dessen Kopf mit solch einer Last beschwert wäre. Cam. Was hab' ich mit dem Zahnbrecher gemacht? Bart. Hier hast du ihn. R Cam. eck das Maul her. (Er bricht dem Beanus die Hauer aus.) Hier den einen Zahn, Bartold. und da hast du den andern. Bart. Diese Zähne werde ich mir aufheben und bisweilen als Sehens¬ würdigkeit ausstellen. Ich lasse mir dann von den Zuschauern Geld dafür zahlen wie die, welche Meerungeheuer zeigen. Cam. Bring ein Becken, gieß Wasser hinein und lege wohlriechende Kräuter darauf, damit ihm der Bart eingerieben und dann geschoren werde. Bart. Alles ist bereit. Cam. Was für Kräuter hast du hineingethan? Bart. Weiß nicht recht, wie sie heißen; aber sie wachsen im Garten, wo die Mistgrube ausläuft. R Cam. echt gethan. Nun halt das Kinn steif und mele nicht. Der Bart ist hinreichend benetzt, aber wo ist die Pflugschaar, mein Rasirmesser? Bart. Neben dir aus der Bank. Cam. (Nachdem er dem Beanus den falschen Bart abgeschnitten.) Da sieh mal, Johannes, deinen Bart, schwarz wie der des Apostels, der Christum verrieth. Von dir aber glaube ich, daß du ehrlich bist und daß, wie's im Sprichwort heißt*), alle vorsichtige Gäste sind, welche, wenn du in die Herberge trittst, ihre Sachen bei Seite schaffen. , *) Vermuthlich ein ähnliches Sprichwort wie: Mutter laß den Hund los und häng die Wäsche ab, die Komödianten (oder fahrenden Schüler) kommen. Grenzboten II. 18K6. 2?

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285025/229>, abgerufen am 05.06.2024.