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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band.

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d. h. Suppe. 3) Huotiäis, ein Muß. 4) ^requeuter, mageres Fleisch, 8) daS
Hauptessen liarv, auf deutsch Braten, 6) Nurrquam, Käse, und 7) ^liquaväo,
Aepfel und Birnen, wozu es Covent gegeben hätte.

Für die Beköstigung zahlte der Student, der in einer Collegiatsburse wohnte,
1517 in Leipzig wöchentlich fünf Groschen, wobei noch einmal daran erinnert
wird, daß das Geld damals einen beträchtlich höhern Werth hatte als jetzt.
An derselben Universität wurde 1410 der von den Facultätsgebühren befreit,
welcher eidlich versichern und durch zwei Eideshelfer bekräftigen konnte, daß er
jährlich nicht mehr als 6 Floren (Goldgulden, damals nicht ganz 2 Thaler
werth) zu verzehren hatte; später, im fünfzehnten Jahrhundert, wo das Geld
schlechter geworden, bedürfte ein Musensohn hier durchschnittlich etwa 34 rheinische
Gulden das Jahr, in Heidelberg dagegen kam er nach dem Manuale Scholarium
um 1480 mit ungefähr 20, nach Hautz*) um 1510 mit etwa 10 Gulden aus.
Arme Studiosen lebten von Freitischen und suchten sich durch Famuliren bei
einem ihrer Herren Magister etwas zu verdienen. Da sie am Tage Bedienten¬
arbeit verrichteten, so studirten sie viel bei Nacht und wenn die Uebrigen
schliefen. "Nicht selten lernten sie." wie das Manuale Cap. 17 hierzu bemerkt,
"mehr in den Wissenschaften als die Andern und wurden zu sehr gelehrten
Männern."

Studenten, denen das Geld ausgegangen, fanden Kaufleute, die ihnen
gegen ein Pfand, welches meist aus Büchern bestand, oder gegen die sogenannte
juratorische Caution, d. h. gegen das eidliche Versprechen, die Universität nicht
Vor Abzahlung der Schuld zu verlassen, die nöthigen Summen liehen. Mein¬
eidige hatten die Excommunication zu fürchten, und so scheint ein solches Ver¬
sprechen nicht oft gebrochen worden zu sein. Wie der flotte Studirende um das
Jahr 1483 mit seinem Wechsel fertig wurde, zeigt eine zuerst in Arndts
"Germania" (Leipzig, 1853, I, 189) mitgetheilte, dann in Dolchs "Geschichte
des deutschen Studententhums" angeführte Ausgabenliste einer solchen. Den
ersten Posten bildet Geld für einen Depositionsschmaus. Dann geht es weiter:
"zum trinken, vor wein, zum Bade, vor trinken" -- dann erst kommt Papier.
Hierauf folgen sich Ausgaben für Trinken, bald Bier, bald Wein, Bäder, Zeche,
allerlei Kleidungsstücke und Geräth, die Wäscherin, den Koch, den Barbier, den
Pedell, für Licht, Holz, Opfer und Beichtgeld in buntem Wechsel.

Wie unter allen Ständen im Mittelalter scharf getrunken wurde, so auch
unter den Studenten. Doch ist der widerliche Saufcomment, der in späteren
Jahrhunderten aus den Burschenkneipen sich breit machte, in dieser Zeit noch
nicht nachzuweisen. Dagegen reichen einige von den Commersliedern, die jetzt,
bei Studentengelagen gesungen werden, bis über die Grenze der Neuzeit zurück.



-) Urkundl. Geschichte der Stipendien am Lyceum zu Heidelberg, I, 22.

d. h. Suppe. 3) Huotiäis, ein Muß. 4) ^requeuter, mageres Fleisch, 8) daS
Hauptessen liarv, auf deutsch Braten, 6) Nurrquam, Käse, und 7) ^liquaväo,
Aepfel und Birnen, wozu es Covent gegeben hätte.

Für die Beköstigung zahlte der Student, der in einer Collegiatsburse wohnte,
1517 in Leipzig wöchentlich fünf Groschen, wobei noch einmal daran erinnert
wird, daß das Geld damals einen beträchtlich höhern Werth hatte als jetzt.
An derselben Universität wurde 1410 der von den Facultätsgebühren befreit,
welcher eidlich versichern und durch zwei Eideshelfer bekräftigen konnte, daß er
jährlich nicht mehr als 6 Floren (Goldgulden, damals nicht ganz 2 Thaler
werth) zu verzehren hatte; später, im fünfzehnten Jahrhundert, wo das Geld
schlechter geworden, bedürfte ein Musensohn hier durchschnittlich etwa 34 rheinische
Gulden das Jahr, in Heidelberg dagegen kam er nach dem Manuale Scholarium
um 1480 mit ungefähr 20, nach Hautz*) um 1510 mit etwa 10 Gulden aus.
Arme Studiosen lebten von Freitischen und suchten sich durch Famuliren bei
einem ihrer Herren Magister etwas zu verdienen. Da sie am Tage Bedienten¬
arbeit verrichteten, so studirten sie viel bei Nacht und wenn die Uebrigen
schliefen. „Nicht selten lernten sie." wie das Manuale Cap. 17 hierzu bemerkt,
„mehr in den Wissenschaften als die Andern und wurden zu sehr gelehrten
Männern."

Studenten, denen das Geld ausgegangen, fanden Kaufleute, die ihnen
gegen ein Pfand, welches meist aus Büchern bestand, oder gegen die sogenannte
juratorische Caution, d. h. gegen das eidliche Versprechen, die Universität nicht
Vor Abzahlung der Schuld zu verlassen, die nöthigen Summen liehen. Mein¬
eidige hatten die Excommunication zu fürchten, und so scheint ein solches Ver¬
sprechen nicht oft gebrochen worden zu sein. Wie der flotte Studirende um das
Jahr 1483 mit seinem Wechsel fertig wurde, zeigt eine zuerst in Arndts
„Germania" (Leipzig, 1853, I, 189) mitgetheilte, dann in Dolchs „Geschichte
des deutschen Studententhums" angeführte Ausgabenliste einer solchen. Den
ersten Posten bildet Geld für einen Depositionsschmaus. Dann geht es weiter:
„zum trinken, vor wein, zum Bade, vor trinken" — dann erst kommt Papier.
Hierauf folgen sich Ausgaben für Trinken, bald Bier, bald Wein, Bäder, Zeche,
allerlei Kleidungsstücke und Geräth, die Wäscherin, den Koch, den Barbier, den
Pedell, für Licht, Holz, Opfer und Beichtgeld in buntem Wechsel.

Wie unter allen Ständen im Mittelalter scharf getrunken wurde, so auch
unter den Studenten. Doch ist der widerliche Saufcomment, der in späteren
Jahrhunderten aus den Burschenkneipen sich breit machte, in dieser Zeit noch
nicht nachzuweisen. Dagegen reichen einige von den Commersliedern, die jetzt,
bei Studentengelagen gesungen werden, bis über die Grenze der Neuzeit zurück.



-) Urkundl. Geschichte der Stipendien am Lyceum zu Heidelberg, I, 22.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285025/234>, abgerufen am 04.06.2024.