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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band.

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Verfasser allerdings für den Fleiß, mit dem er größtentheils Neues zusammen¬
getragen hat. warme Anerkennung zollen werden. Einen Geschichtsforscher
also haben wir in Herrn Bastian vor uns, keinen Geschichtsschreiber. Ob er
zu seinem Quellenstudium alle erforderliche Kenntniß und die rechte Methode
mitgebracht hat, vermögen wir nicht zu beurtheilen; wir sehen nur einen sehr
reichen Vorrath von Auszügen aus indochinesischen Chroniken vor uns ausge¬
breitet, die vorzüglich auch aus die Geschichte des Buddhismus neues Licht
werfen und, gehörig geordnet unter bestimmte Geschichtspunkte, die betreffenden
Völker, die an den Grenzen des Mongolenthums und des Nationenconglomerats
Indien wohnen und so ein Gemisch beider Kreise repräsentiren, genauer, als
bisher möglich war, charakterisiren lassen werden, für welche letztere Aufgabe
der Verfasser offenbar vor allem gearbeitet hat. Indem wir nach dieser Seite
hin sein Werk willkommen heißen, bedauern wir noch eine kleine Ausstellung machen
zu müssen, Herr Bastian ist nicht recht fest im Gebrauch des Deutschen, seiner
Muttersprache. Nicht selten begegnen wir bei ihm Ausdrücken und Wendungen,
die vor der Grammatik nicht bestehen, und die bei einer sorgfältigen Revision
der Druckbogen vermuthlich weggeblieben sein würden. Möge er dieselbe den
folgenden Bänden angedeihen lassen. Sätze wie: "der Aeltere setzte ehrlich
zu Werk, eine Substanzielle Pagode zu bauen" (S. 10), "Fische, mit
denen der Teich voll war" (S. 449) und Worte wie "Wilderniß", denen sich
reichlich noch ein paar Dutzend ähnliche Bildungen an die Seite stellen ließen,
sind englisch, aber nicht deutsch.

Der zweite Band des Bastianschen Werkes, mit dem ersten zugleich er¬
schienen und 521 Seiten stark, führt den Nebentitel "Reisen in Birma"
und schildert die Kreuz- und Querzüge des Verfassers in diesem Lande mit
Einflechtung zahlreicher Notizen über die Sitten und namentlich über die reli¬
giösen Vorstellungen und Bräuche der Birmanen. Wir schiffen zuerst mit
unserm Touristen den Jrawaddi hinaus, von Rangun nach Prome und von da
über die Grenze des den Engländern gehörenden Gebietes hinein in das des
Königs von Birma, mit dem wir darauf in seiner neuen Hauptstadt Mandalay
persönlich bekannt werden, da Herr Bastian -- gegen seinen Wunsch und Willen
-- mehre Monate in dessen Palast wohnte. Dann folgen wir der Reisebeschrei-
bung auf beschwerlichen Wegen aus einer Tour zu Lande, welche bis an den
Fuß der Schan-Berge und zuletzt durch die von Räubern unsicher gemachte
Grenzprovinz führt, nach dem Sittang-Flusse und auf diesem abwärts nach der
Stadt Tongu. von wo wir in die Niederungen, nach Pegu, Molmein und
Amherst gelangen. Ein letzter Abschnitt bringt uns hierauf bis zur Grenze
von Siam. Der Verfasser bewegt sich mit dem Geschick und der Furchtlosigkeit
des Vielgereisten in schwierigen Lagen, er beobachtet mit guten Augen und


Verfasser allerdings für den Fleiß, mit dem er größtentheils Neues zusammen¬
getragen hat. warme Anerkennung zollen werden. Einen Geschichtsforscher
also haben wir in Herrn Bastian vor uns, keinen Geschichtsschreiber. Ob er
zu seinem Quellenstudium alle erforderliche Kenntniß und die rechte Methode
mitgebracht hat, vermögen wir nicht zu beurtheilen; wir sehen nur einen sehr
reichen Vorrath von Auszügen aus indochinesischen Chroniken vor uns ausge¬
breitet, die vorzüglich auch aus die Geschichte des Buddhismus neues Licht
werfen und, gehörig geordnet unter bestimmte Geschichtspunkte, die betreffenden
Völker, die an den Grenzen des Mongolenthums und des Nationenconglomerats
Indien wohnen und so ein Gemisch beider Kreise repräsentiren, genauer, als
bisher möglich war, charakterisiren lassen werden, für welche letztere Aufgabe
der Verfasser offenbar vor allem gearbeitet hat. Indem wir nach dieser Seite
hin sein Werk willkommen heißen, bedauern wir noch eine kleine Ausstellung machen
zu müssen, Herr Bastian ist nicht recht fest im Gebrauch des Deutschen, seiner
Muttersprache. Nicht selten begegnen wir bei ihm Ausdrücken und Wendungen,
die vor der Grammatik nicht bestehen, und die bei einer sorgfältigen Revision
der Druckbogen vermuthlich weggeblieben sein würden. Möge er dieselbe den
folgenden Bänden angedeihen lassen. Sätze wie: „der Aeltere setzte ehrlich
zu Werk, eine Substanzielle Pagode zu bauen" (S. 10), „Fische, mit
denen der Teich voll war" (S. 449) und Worte wie „Wilderniß", denen sich
reichlich noch ein paar Dutzend ähnliche Bildungen an die Seite stellen ließen,
sind englisch, aber nicht deutsch.

Der zweite Band des Bastianschen Werkes, mit dem ersten zugleich er¬
schienen und 521 Seiten stark, führt den Nebentitel „Reisen in Birma"
und schildert die Kreuz- und Querzüge des Verfassers in diesem Lande mit
Einflechtung zahlreicher Notizen über die Sitten und namentlich über die reli¬
giösen Vorstellungen und Bräuche der Birmanen. Wir schiffen zuerst mit
unserm Touristen den Jrawaddi hinaus, von Rangun nach Prome und von da
über die Grenze des den Engländern gehörenden Gebietes hinein in das des
Königs von Birma, mit dem wir darauf in seiner neuen Hauptstadt Mandalay
persönlich bekannt werden, da Herr Bastian — gegen seinen Wunsch und Willen
— mehre Monate in dessen Palast wohnte. Dann folgen wir der Reisebeschrei-
bung auf beschwerlichen Wegen aus einer Tour zu Lande, welche bis an den
Fuß der Schan-Berge und zuletzt durch die von Räubern unsicher gemachte
Grenzprovinz führt, nach dem Sittang-Flusse und auf diesem abwärts nach der
Stadt Tongu. von wo wir in die Niederungen, nach Pegu, Molmein und
Amherst gelangen. Ein letzter Abschnitt bringt uns hierauf bis zur Grenze
von Siam. Der Verfasser bewegt sich mit dem Geschick und der Furchtlosigkeit
des Vielgereisten in schwierigen Lagen, er beobachtet mit guten Augen und


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[0385] Verfasser allerdings für den Fleiß, mit dem er größtentheils Neues zusammen¬ getragen hat. warme Anerkennung zollen werden. Einen Geschichtsforscher also haben wir in Herrn Bastian vor uns, keinen Geschichtsschreiber. Ob er zu seinem Quellenstudium alle erforderliche Kenntniß und die rechte Methode mitgebracht hat, vermögen wir nicht zu beurtheilen; wir sehen nur einen sehr reichen Vorrath von Auszügen aus indochinesischen Chroniken vor uns ausge¬ breitet, die vorzüglich auch aus die Geschichte des Buddhismus neues Licht werfen und, gehörig geordnet unter bestimmte Geschichtspunkte, die betreffenden Völker, die an den Grenzen des Mongolenthums und des Nationenconglomerats Indien wohnen und so ein Gemisch beider Kreise repräsentiren, genauer, als bisher möglich war, charakterisiren lassen werden, für welche letztere Aufgabe der Verfasser offenbar vor allem gearbeitet hat. Indem wir nach dieser Seite hin sein Werk willkommen heißen, bedauern wir noch eine kleine Ausstellung machen zu müssen, Herr Bastian ist nicht recht fest im Gebrauch des Deutschen, seiner Muttersprache. Nicht selten begegnen wir bei ihm Ausdrücken und Wendungen, die vor der Grammatik nicht bestehen, und die bei einer sorgfältigen Revision der Druckbogen vermuthlich weggeblieben sein würden. Möge er dieselbe den folgenden Bänden angedeihen lassen. Sätze wie: „der Aeltere setzte ehrlich zu Werk, eine Substanzielle Pagode zu bauen" (S. 10), „Fische, mit denen der Teich voll war" (S. 449) und Worte wie „Wilderniß", denen sich reichlich noch ein paar Dutzend ähnliche Bildungen an die Seite stellen ließen, sind englisch, aber nicht deutsch. Der zweite Band des Bastianschen Werkes, mit dem ersten zugleich er¬ schienen und 521 Seiten stark, führt den Nebentitel „Reisen in Birma" und schildert die Kreuz- und Querzüge des Verfassers in diesem Lande mit Einflechtung zahlreicher Notizen über die Sitten und namentlich über die reli¬ giösen Vorstellungen und Bräuche der Birmanen. Wir schiffen zuerst mit unserm Touristen den Jrawaddi hinaus, von Rangun nach Prome und von da über die Grenze des den Engländern gehörenden Gebietes hinein in das des Königs von Birma, mit dem wir darauf in seiner neuen Hauptstadt Mandalay persönlich bekannt werden, da Herr Bastian — gegen seinen Wunsch und Willen — mehre Monate in dessen Palast wohnte. Dann folgen wir der Reisebeschrei- bung auf beschwerlichen Wegen aus einer Tour zu Lande, welche bis an den Fuß der Schan-Berge und zuletzt durch die von Räubern unsicher gemachte Grenzprovinz führt, nach dem Sittang-Flusse und auf diesem abwärts nach der Stadt Tongu. von wo wir in die Niederungen, nach Pegu, Molmein und Amherst gelangen. Ein letzter Abschnitt bringt uns hierauf bis zur Grenze von Siam. Der Verfasser bewegt sich mit dem Geschick und der Furchtlosigkeit des Vielgereisten in schwierigen Lagen, er beobachtet mit guten Augen und

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285025/385>, abgerufen am 15.05.2024.