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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band.

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Darum halte ich dafür, daß in dem jetzigen ruhigen Augenblick das höchst¬
wichtige und unvcrschiebliche Geschäft sein dürfte:

1w" Alle verbundnen Mächte zum genauesten Einverständnis; und zur best-
vvllkommensten Mitwirkung sür diesen Hauptendzwcck zu bewegen;

2<w die commandirenden Generals der kaiserlichen Armeen und zwar am
Oberrhein, den königlich englischen und preußischen, dann der holländischen
Armee an einem der allerhöchsten Bestimmung anheimgestellten Ort zu ver¬
sammeln, um die militärischen Mittel und die dazu erforderlichen Anstalten zu
treffen, die zur Beendigung des Krieges am sichersten und am nächsten führen
können.

Das bisher nicht mit gleichem Eifer zu den Kriegsoperationen beigetragen
worden ist, das mag wohl darauf beruhen, daß unser allgemeiner Feind für
weniger gefährlich und mächtig gehalten wird, als er wirklich ist, daß sich jene
Staaten, deren Grenzen von Frankreich entfernter sind, der Gefahr nicht so
nahe glauben, und daß Eroberung, welche ein oder dem andern Alliirten zu¬
geht, Unannehmlichkeit wäre. Diese ganz falschen, dem gemeinsamen Wohl
ganz verderblichen Grundsätze widerlegt die Erfahrung und unparteiisches Nach¬
denken. -

Alle bisher erfochtenen Siege, die Belagerung von Mainz und Valenciennes,
die Bataille von Landau und die vielen blutigen Gefechte am Rheinstrom be¬
weisen unwiderleglich, daß die französischen Armeen selbst den in Kriegökunde
und Tapferkeit vorzüglichsten Kriegsherren Europas hartnäckigen und muthvollen
Widerstand leisten. Ferner wird die innere Macht von Frankreich durch einen
einzigen oder sehr wenige der Nation selbst unbekannte Menschen regiert, welche
700 von ihnen selbst aufgestellte Beisitzer zu Gehilfen in der obersten Gewalt
haben, und diese aller Greuelthaten fähigen Werkzeuge unsichtbar, aber mit dem
Schwert ihren Absichten treu und gehorsam erhalten. Gegen diese gcwaltvolle
Regierung von Frankreich führen zwar die meisten europäischen Souveräns zu¬
sammen einen Krieg, welche Souveräns summarisch zwar mehr Kräfte, mehr
Geld, mehr Menschen aufbringen könnten als Frankreich, aber sie müssen ihre
Armeen und die Bedürfnisse derselben aus weiter Entfernung erst dahin bringen,
wo Frankreich alles was es braucht an der Hand hat. Sie können nicht aus
elendem Papier, aus Assignaten, unerschöpfliche Reichthümer für den Aufwand
des Krieges erschaffen, sie können nicht wie die französischen Tyrannen ihre
friedlichen Unterthanen ihres Eigenthums berauben und selbes zu ihren Absichten
verschleudern, sie können nicht mit der Guillotine Rekruten ausheben, um ihre
Armeen vollzählig zu machen.

Diese durch wohlthätige Gesetze beschränkte Macht der alliirten Souveräns
mit jener unbegrenzten Gewalt verglichen, welche die Regierung Frankreichs
durch unerhörte Gesetzlosigkeit sich zugeeignet hat, wird das Gewicht der Stärke


Darum halte ich dafür, daß in dem jetzigen ruhigen Augenblick das höchst¬
wichtige und unvcrschiebliche Geschäft sein dürfte:

1w» Alle verbundnen Mächte zum genauesten Einverständnis; und zur best-
vvllkommensten Mitwirkung sür diesen Hauptendzwcck zu bewegen;

2<w die commandirenden Generals der kaiserlichen Armeen und zwar am
Oberrhein, den königlich englischen und preußischen, dann der holländischen
Armee an einem der allerhöchsten Bestimmung anheimgestellten Ort zu ver¬
sammeln, um die militärischen Mittel und die dazu erforderlichen Anstalten zu
treffen, die zur Beendigung des Krieges am sichersten und am nächsten führen
können.

Das bisher nicht mit gleichem Eifer zu den Kriegsoperationen beigetragen
worden ist, das mag wohl darauf beruhen, daß unser allgemeiner Feind für
weniger gefährlich und mächtig gehalten wird, als er wirklich ist, daß sich jene
Staaten, deren Grenzen von Frankreich entfernter sind, der Gefahr nicht so
nahe glauben, und daß Eroberung, welche ein oder dem andern Alliirten zu¬
geht, Unannehmlichkeit wäre. Diese ganz falschen, dem gemeinsamen Wohl
ganz verderblichen Grundsätze widerlegt die Erfahrung und unparteiisches Nach¬
denken. -

Alle bisher erfochtenen Siege, die Belagerung von Mainz und Valenciennes,
die Bataille von Landau und die vielen blutigen Gefechte am Rheinstrom be¬
weisen unwiderleglich, daß die französischen Armeen selbst den in Kriegökunde
und Tapferkeit vorzüglichsten Kriegsherren Europas hartnäckigen und muthvollen
Widerstand leisten. Ferner wird die innere Macht von Frankreich durch einen
einzigen oder sehr wenige der Nation selbst unbekannte Menschen regiert, welche
700 von ihnen selbst aufgestellte Beisitzer zu Gehilfen in der obersten Gewalt
haben, und diese aller Greuelthaten fähigen Werkzeuge unsichtbar, aber mit dem
Schwert ihren Absichten treu und gehorsam erhalten. Gegen diese gcwaltvolle
Regierung von Frankreich führen zwar die meisten europäischen Souveräns zu¬
sammen einen Krieg, welche Souveräns summarisch zwar mehr Kräfte, mehr
Geld, mehr Menschen aufbringen könnten als Frankreich, aber sie müssen ihre
Armeen und die Bedürfnisse derselben aus weiter Entfernung erst dahin bringen,
wo Frankreich alles was es braucht an der Hand hat. Sie können nicht aus
elendem Papier, aus Assignaten, unerschöpfliche Reichthümer für den Aufwand
des Krieges erschaffen, sie können nicht wie die französischen Tyrannen ihre
friedlichen Unterthanen ihres Eigenthums berauben und selbes zu ihren Absichten
verschleudern, sie können nicht mit der Guillotine Rekruten ausheben, um ihre
Armeen vollzählig zu machen.

Diese durch wohlthätige Gesetze beschränkte Macht der alliirten Souveräns
mit jener unbegrenzten Gewalt verglichen, welche die Regierung Frankreichs
durch unerhörte Gesetzlosigkeit sich zugeeignet hat, wird das Gewicht der Stärke


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[0534] Darum halte ich dafür, daß in dem jetzigen ruhigen Augenblick das höchst¬ wichtige und unvcrschiebliche Geschäft sein dürfte: 1w» Alle verbundnen Mächte zum genauesten Einverständnis; und zur best- vvllkommensten Mitwirkung sür diesen Hauptendzwcck zu bewegen; 2<w die commandirenden Generals der kaiserlichen Armeen und zwar am Oberrhein, den königlich englischen und preußischen, dann der holländischen Armee an einem der allerhöchsten Bestimmung anheimgestellten Ort zu ver¬ sammeln, um die militärischen Mittel und die dazu erforderlichen Anstalten zu treffen, die zur Beendigung des Krieges am sichersten und am nächsten führen können. Das bisher nicht mit gleichem Eifer zu den Kriegsoperationen beigetragen worden ist, das mag wohl darauf beruhen, daß unser allgemeiner Feind für weniger gefährlich und mächtig gehalten wird, als er wirklich ist, daß sich jene Staaten, deren Grenzen von Frankreich entfernter sind, der Gefahr nicht so nahe glauben, und daß Eroberung, welche ein oder dem andern Alliirten zu¬ geht, Unannehmlichkeit wäre. Diese ganz falschen, dem gemeinsamen Wohl ganz verderblichen Grundsätze widerlegt die Erfahrung und unparteiisches Nach¬ denken. - Alle bisher erfochtenen Siege, die Belagerung von Mainz und Valenciennes, die Bataille von Landau und die vielen blutigen Gefechte am Rheinstrom be¬ weisen unwiderleglich, daß die französischen Armeen selbst den in Kriegökunde und Tapferkeit vorzüglichsten Kriegsherren Europas hartnäckigen und muthvollen Widerstand leisten. Ferner wird die innere Macht von Frankreich durch einen einzigen oder sehr wenige der Nation selbst unbekannte Menschen regiert, welche 700 von ihnen selbst aufgestellte Beisitzer zu Gehilfen in der obersten Gewalt haben, und diese aller Greuelthaten fähigen Werkzeuge unsichtbar, aber mit dem Schwert ihren Absichten treu und gehorsam erhalten. Gegen diese gcwaltvolle Regierung von Frankreich führen zwar die meisten europäischen Souveräns zu¬ sammen einen Krieg, welche Souveräns summarisch zwar mehr Kräfte, mehr Geld, mehr Menschen aufbringen könnten als Frankreich, aber sie müssen ihre Armeen und die Bedürfnisse derselben aus weiter Entfernung erst dahin bringen, wo Frankreich alles was es braucht an der Hand hat. Sie können nicht aus elendem Papier, aus Assignaten, unerschöpfliche Reichthümer für den Aufwand des Krieges erschaffen, sie können nicht wie die französischen Tyrannen ihre friedlichen Unterthanen ihres Eigenthums berauben und selbes zu ihren Absichten verschleudern, sie können nicht mit der Guillotine Rekruten ausheben, um ihre Armeen vollzählig zu machen. Diese durch wohlthätige Gesetze beschränkte Macht der alliirten Souveräns mit jener unbegrenzten Gewalt verglichen, welche die Regierung Frankreichs durch unerhörte Gesetzlosigkeit sich zugeeignet hat, wird das Gewicht der Stärke

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285025/534>, abgerufen am 19.05.2024.