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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band.

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keine entsprechende Vergütung empfangen, ja welche häufig nicht einmal der
Nationalität angehören, deren Glieder sie in der Fremde schützen und deren
Regierung sie repräsentiren sollen. Die Vermischung von Geschäft und Amt. von
Interessen und Pflichten muß zu unablässigen Conflicten führen, in denen w
Pflichten des Amtes nur sehr geringe Aussicht haben zu triumphiren. Es hat
sich denn auch herausgestellt, daß der Handelsconsul nur da geduldet wird. wo.
und nur so lange geduldet wird, als der Verkehr keine bedeutenden Dimen¬
sionen annimmt ausgenommen solche Zustände wie die deutschen, in denen'
die auswärtige Politik nothwendig versumpft. Als in England Cannings kühne
Maßregel später unter Connivenz des gern nur für den Tag sorgenden Palmerston
mitten im Vollzuge aufgehalten und zum Theil sogar wieder rückgängig gemacht
wurde, waren es britische Kaufmannschaften in der Fremde wie daheun, aus,
deren Schoße das am Ende durchdringende Verlangen nach Abstellung tench
Zwittergeschöpfes, des Consul spielenden Kaufmanns, zuerst und Nachdrucr
erhoben wurde. Diesem Vorgang entspricht es. daß auch in Deutschland die
ersten Körperschaften, welche'Fachconsuln fordern, nicht wissenschaftliche oder
politische, sondern große kaufmännische Vereine sind. Zum Berichterstatter auf
dnn frankfurter Handelstage war ursprünglich der Consul Limburger aus Leipzig
versehen; er dankte für die Ehre, charakteristisch genug, weil er weder Anlaß
n°es Gelegenheit gehabt habe, sich um die Verhältnisse des Consulardienstes im
^"gemeinen zu bekümmern An seiner Statt aber trat dann Consul H. H. Meier
aus Bremen ein. ebenfalls ein Kaufmann, ebenfalls ein Handelsconsul. und
empfahl den gegen seinen Titel und zweiten Stand gerichteten Beschluß.

" Es fehlt uns nun zwar auch bisher schon nicht gänzlich an Fachconsuln.
Aber nur Preußen bat. von Oestreich abgesehen, solche, und Preußen hat
'Wr theils zu wenig', theils sind sie äußerst ungleich über den Erdboden ver¬
theilt. Entsprechend'der selbstverläugnenden Sorge, welche Preußen vor 1848
im Schlepptau Rußlands oder Oestreichs den orientalischen Angelegenheiten
Zuwandte. die seine eigenen Interessen so gut wie gar nicht unmittelbar berührten,
steht die größere Hälfte seiner 20 Fachconsuln im Orient. Schon Nyno
Quedl hat sich in seinem bekannten schäpcnswerthen Buche vom Consularwesen
über dieses komische Mißverhältniß gebührend ausgelassen. Aber der euimal
gegebene falsche Anstoß wirkt noch immer nach; denn erst im vorigen Jahre
noch hat man jenen Consuln zu Gefallen, die nun einmal dasitzen und gleichsam
stumm um einigen Zeitvertreib bitten. die Consuwgcrichtsbarkeit neugeregelt, die
von allen Bestandtheilen unseres consuwischen Dienstes so ziemlich grade der am
Wenigsten dringlich reformbedürftige war. Desgleichen hat der GH- Legationsrath
König, früher Consul in Galatz, sein an sich ganz brauchbares Handbuch für
Preußische Consuln soeben neu herausgeben müssen. Die große Aufgabe aber,
das System in seinen Grundlagen zu reformiren, die verfügbaren Kräfte und


keine entsprechende Vergütung empfangen, ja welche häufig nicht einmal der
Nationalität angehören, deren Glieder sie in der Fremde schützen und deren
Regierung sie repräsentiren sollen. Die Vermischung von Geschäft und Amt. von
Interessen und Pflichten muß zu unablässigen Conflicten führen, in denen w
Pflichten des Amtes nur sehr geringe Aussicht haben zu triumphiren. Es hat
sich denn auch herausgestellt, daß der Handelsconsul nur da geduldet wird. wo.
und nur so lange geduldet wird, als der Verkehr keine bedeutenden Dimen¬
sionen annimmt ausgenommen solche Zustände wie die deutschen, in denen'
die auswärtige Politik nothwendig versumpft. Als in England Cannings kühne
Maßregel später unter Connivenz des gern nur für den Tag sorgenden Palmerston
mitten im Vollzuge aufgehalten und zum Theil sogar wieder rückgängig gemacht
wurde, waren es britische Kaufmannschaften in der Fremde wie daheun, aus,
deren Schoße das am Ende durchdringende Verlangen nach Abstellung tench
Zwittergeschöpfes, des Consul spielenden Kaufmanns, zuerst und Nachdrucr
erhoben wurde. Diesem Vorgang entspricht es. daß auch in Deutschland die
ersten Körperschaften, welche'Fachconsuln fordern, nicht wissenschaftliche oder
politische, sondern große kaufmännische Vereine sind. Zum Berichterstatter auf
dnn frankfurter Handelstage war ursprünglich der Consul Limburger aus Leipzig
versehen; er dankte für die Ehre, charakteristisch genug, weil er weder Anlaß
n°es Gelegenheit gehabt habe, sich um die Verhältnisse des Consulardienstes im
^»gemeinen zu bekümmern An seiner Statt aber trat dann Consul H. H. Meier
aus Bremen ein. ebenfalls ein Kaufmann, ebenfalls ein Handelsconsul. und
empfahl den gegen seinen Titel und zweiten Stand gerichteten Beschluß.

« Es fehlt uns nun zwar auch bisher schon nicht gänzlich an Fachconsuln.
Aber nur Preußen bat. von Oestreich abgesehen, solche, und Preußen hat
'Wr theils zu wenig', theils sind sie äußerst ungleich über den Erdboden ver¬
theilt. Entsprechend'der selbstverläugnenden Sorge, welche Preußen vor 1848
im Schlepptau Rußlands oder Oestreichs den orientalischen Angelegenheiten
Zuwandte. die seine eigenen Interessen so gut wie gar nicht unmittelbar berührten,
steht die größere Hälfte seiner 20 Fachconsuln im Orient. Schon Nyno
Quedl hat sich in seinem bekannten schäpcnswerthen Buche vom Consularwesen
über dieses komische Mißverhältniß gebührend ausgelassen. Aber der euimal
gegebene falsche Anstoß wirkt noch immer nach; denn erst im vorigen Jahre
noch hat man jenen Consuln zu Gefallen, die nun einmal dasitzen und gleichsam
stumm um einigen Zeitvertreib bitten. die Consuwgcrichtsbarkeit neugeregelt, die
von allen Bestandtheilen unseres consuwischen Dienstes so ziemlich grade der am
Wenigsten dringlich reformbedürftige war. Desgleichen hat der GH- Legationsrath
König, früher Consul in Galatz, sein an sich ganz brauchbares Handbuch für
Preußische Consuln soeben neu herausgeben müssen. Die große Aufgabe aber,
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285025/73>, abgerufen am 15.05.2024.