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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.

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später die Stuttgarter Konferenzen, die unter den Auspicien des Fürsten Hohen-
lohe gekalten wurden, einiges Mißtrauen herausforderten.

Solche Bedenken sind nun freilich seitdem überflüssig geworden. Der Süd¬
bund ist keine gefährliche Idee mehr, und weder die Denkschrift der Häupter
der süddeutschen Bolkspartei, noch die Intriguen der französischen Diplomatie,
welche beide noch nickt aufgehört haben, einen wenig schmeichelhaften, übrigens
unbegründeten Reit von Vertrauen auf den bayrischen Ministerpräsidenten zu
hegen, wenden im Stande kein, jene Idee auf die Leine zu bringen. Allein
wenn auch diese Anschläge gefährlicher wären, als sie es sind, so wäre es nur
natürlich, wenn auch die naiionale Pariei im Süden gemeinsam zur Abwehr
sich rüstete. In jedem Fall kann ihr gemeinsebanliches 'Lorgehen heute keiner
Mißdeutung mehr ausgesetzt sein, auch der boshafteste Gegner vermag daraus
kein Capital für den Südbund zu schlagen.

Es war im jetzigen Augenblick aller Grund vorhanden, jene Versammlung
zu wiederholen, und zwar auf einer brettern Basis zu wiederholen. Die nort-
dcuische Bundesverfassung ist in Kraft getreten, durch sie und durch die Ver¬
träge vom August v. I. über die Schutz- und Trutzbündnisse und vom Juni d. I.
über die Wiederhast llung des Zollrereins ist das Verhältniß d<s Südens zum
Norden zu einem vorläufigen Abschluß gekommen, es ist damit die Grundlage
der weitern Arbeit gegeben, und es sind zugleich sehr erkennbar die Anhalt¬
punkte, die Handhaben gegeben, d>es<s Verhältniß einer noch weiteren Entwick¬
lung entgegenführen. Mit lebhafter Befriedigung konnte man auf den
Gang der Din.^e seit Jahresfrist zunickolickeii. und indem man jetzt auch daS
Protokoll der vorjährigen Versammlung veröffentlichte, lag darin zug'eich eine
Recktfertigung der damals ausgesprochenen Grunesätze. Die meisten der Forder¬
ungen, die damals als unerläßlich bezeichnet waren, sind erfüllt, und zwar zum
Theil von widerstrebenden Regierungen erfüllt. Der Abschluß eines Allianz-
veihällnisses mit der Ueberrragung des Oberbefehls an Preußen war schon zu
jemr Zeit vollendete Thatsache und ist seitdem aus dem diplomatischen Dunkel
ans Tageslicht getreten. Die Umänderung der Heerese nrichtungen im Anschluß
an das preußische System ist überall in Arbeit, wenn auel freilich nicht überall
in demselben vorgerückten Stadium. Die Wiederherstellung des Zollvereins unter
Abschaffung des iibei-u.ro, veto und mit parlamentarischer Theilnahme des Lüders
an der Gesetzgebung ist seitdem gleichfalls Thatsache geworden. So war ein
Rückblick auf die damalige Versammlung zugleich die beste Vorbedeutung für
die Beschlüsse, welche jetzt der neuen Lage gegenüber und in Verfolgung desselben
Weges die Stuttgarter Versammlung am 3. und 4. August d. I. faßte.

Diese Beschlusse sind aus den Zeitungen bekannt. Sie enthalten im Grunde
nichts Neues. Es handelte sich nur um die Anwendung der bekannten Grund¬
sätze aus die gegebene Lage. Sowohl über das Ziel selbst als über die Wege


später die Stuttgarter Konferenzen, die unter den Auspicien des Fürsten Hohen-
lohe gekalten wurden, einiges Mißtrauen herausforderten.

Solche Bedenken sind nun freilich seitdem überflüssig geworden. Der Süd¬
bund ist keine gefährliche Idee mehr, und weder die Denkschrift der Häupter
der süddeutschen Bolkspartei, noch die Intriguen der französischen Diplomatie,
welche beide noch nickt aufgehört haben, einen wenig schmeichelhaften, übrigens
unbegründeten Reit von Vertrauen auf den bayrischen Ministerpräsidenten zu
hegen, wenden im Stande kein, jene Idee auf die Leine zu bringen. Allein
wenn auch diese Anschläge gefährlicher wären, als sie es sind, so wäre es nur
natürlich, wenn auch die naiionale Pariei im Süden gemeinsam zur Abwehr
sich rüstete. In jedem Fall kann ihr gemeinsebanliches 'Lorgehen heute keiner
Mißdeutung mehr ausgesetzt sein, auch der boshafteste Gegner vermag daraus
kein Capital für den Südbund zu schlagen.

Es war im jetzigen Augenblick aller Grund vorhanden, jene Versammlung
zu wiederholen, und zwar auf einer brettern Basis zu wiederholen. Die nort-
dcuische Bundesverfassung ist in Kraft getreten, durch sie und durch die Ver¬
träge vom August v. I. über die Schutz- und Trutzbündnisse und vom Juni d. I.
über die Wiederhast llung des Zollrereins ist das Verhältniß d<s Südens zum
Norden zu einem vorläufigen Abschluß gekommen, es ist damit die Grundlage
der weitern Arbeit gegeben, und es sind zugleich sehr erkennbar die Anhalt¬
punkte, die Handhaben gegeben, d>es<s Verhältniß einer noch weiteren Entwick¬
lung entgegenführen. Mit lebhafter Befriedigung konnte man auf den
Gang der Din.^e seit Jahresfrist zunickolickeii. und indem man jetzt auch daS
Protokoll der vorjährigen Versammlung veröffentlichte, lag darin zug'eich eine
Recktfertigung der damals ausgesprochenen Grunesätze. Die meisten der Forder¬
ungen, die damals als unerläßlich bezeichnet waren, sind erfüllt, und zwar zum
Theil von widerstrebenden Regierungen erfüllt. Der Abschluß eines Allianz-
veihällnisses mit der Ueberrragung des Oberbefehls an Preußen war schon zu
jemr Zeit vollendete Thatsache und ist seitdem aus dem diplomatischen Dunkel
ans Tageslicht getreten. Die Umänderung der Heerese nrichtungen im Anschluß
an das preußische System ist überall in Arbeit, wenn auel freilich nicht überall
in demselben vorgerückten Stadium. Die Wiederherstellung des Zollvereins unter
Abschaffung des iibei-u.ro, veto und mit parlamentarischer Theilnahme des Lüders
an der Gesetzgebung ist seitdem gleichfalls Thatsache geworden. So war ein
Rückblick auf die damalige Versammlung zugleich die beste Vorbedeutung für
die Beschlüsse, welche jetzt der neuen Lage gegenüber und in Verfolgung desselben
Weges die Stuttgarter Versammlung am 3. und 4. August d. I. faßte.

Diese Beschlusse sind aus den Zeitungen bekannt. Sie enthalten im Grunde
nichts Neues. Es handelte sich nur um die Anwendung der bekannten Grund¬
sätze aus die gegebene Lage. Sowohl über das Ziel selbst als über die Wege


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[0326] später die Stuttgarter Konferenzen, die unter den Auspicien des Fürsten Hohen- lohe gekalten wurden, einiges Mißtrauen herausforderten. Solche Bedenken sind nun freilich seitdem überflüssig geworden. Der Süd¬ bund ist keine gefährliche Idee mehr, und weder die Denkschrift der Häupter der süddeutschen Bolkspartei, noch die Intriguen der französischen Diplomatie, welche beide noch nickt aufgehört haben, einen wenig schmeichelhaften, übrigens unbegründeten Reit von Vertrauen auf den bayrischen Ministerpräsidenten zu hegen, wenden im Stande kein, jene Idee auf die Leine zu bringen. Allein wenn auch diese Anschläge gefährlicher wären, als sie es sind, so wäre es nur natürlich, wenn auch die naiionale Pariei im Süden gemeinsam zur Abwehr sich rüstete. In jedem Fall kann ihr gemeinsebanliches 'Lorgehen heute keiner Mißdeutung mehr ausgesetzt sein, auch der boshafteste Gegner vermag daraus kein Capital für den Südbund zu schlagen. Es war im jetzigen Augenblick aller Grund vorhanden, jene Versammlung zu wiederholen, und zwar auf einer brettern Basis zu wiederholen. Die nort- dcuische Bundesverfassung ist in Kraft getreten, durch sie und durch die Ver¬ träge vom August v. I. über die Schutz- und Trutzbündnisse und vom Juni d. I. über die Wiederhast llung des Zollrereins ist das Verhältniß d<s Südens zum Norden zu einem vorläufigen Abschluß gekommen, es ist damit die Grundlage der weitern Arbeit gegeben, und es sind zugleich sehr erkennbar die Anhalt¬ punkte, die Handhaben gegeben, d>es<s Verhältniß einer noch weiteren Entwick¬ lung entgegenführen. Mit lebhafter Befriedigung konnte man auf den Gang der Din.^e seit Jahresfrist zunickolickeii. und indem man jetzt auch daS Protokoll der vorjährigen Versammlung veröffentlichte, lag darin zug'eich eine Recktfertigung der damals ausgesprochenen Grunesätze. Die meisten der Forder¬ ungen, die damals als unerläßlich bezeichnet waren, sind erfüllt, und zwar zum Theil von widerstrebenden Regierungen erfüllt. Der Abschluß eines Allianz- veihällnisses mit der Ueberrragung des Oberbefehls an Preußen war schon zu jemr Zeit vollendete Thatsache und ist seitdem aus dem diplomatischen Dunkel ans Tageslicht getreten. Die Umänderung der Heerese nrichtungen im Anschluß an das preußische System ist überall in Arbeit, wenn auel freilich nicht überall in demselben vorgerückten Stadium. Die Wiederherstellung des Zollvereins unter Abschaffung des iibei-u.ro, veto und mit parlamentarischer Theilnahme des Lüders an der Gesetzgebung ist seitdem gleichfalls Thatsache geworden. So war ein Rückblick auf die damalige Versammlung zugleich die beste Vorbedeutung für die Beschlüsse, welche jetzt der neuen Lage gegenüber und in Verfolgung desselben Weges die Stuttgarter Versammlung am 3. und 4. August d. I. faßte. Diese Beschlusse sind aus den Zeitungen bekannt. Sie enthalten im Grunde nichts Neues. Es handelte sich nur um die Anwendung der bekannten Grund¬ sätze aus die gegebene Lage. Sowohl über das Ziel selbst als über die Wege

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_191229/326>, abgerufen am 30.05.2024.