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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band.

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Heldenkaiscrs, in welchem die Tugenden und Fehler seines großen Geschlechtes
in gewaltigem Maße sich verbanden. Es ist auch eine Geschichte Deutschlands
auf dem letzten Höhenpunkt seiner mittelalterlichen Entwickelung; man sieht
weit zurück in die schicksalsreiche Vergangenheit, aus welcher die siausische Kaiscr-
macht heraufstieg, und man erhält einen tiefen Einblick in die unablässige Arbeit
der zerstörenden Gewalten, denen kurz darauf die Herrlichkeit deS deutschen
Reiches z"in Opfer siel. Es ist ein kurzer Zeitraum deutscher Vergangenheit,
aber einer von denen, welche einen großen Abschnitt früherer und späterer Zeit
vt>ständlich mal'en. Das Weck ist eine seinem Umfange wie Inhalte nach be¬
deutende Arbeit; sie wurde von dem Verfasser Jahre lang mit einer Innigkeit
und Hingabe behandelt, welche der ersten großen Leistung eines deutschen Gelehr¬
ten so wohl steht. Die vortreffliche Methode seiner Darstellung und die sorg¬
fältige Gründlichkeit bewirkten, daß sein Buch in die große Sammlung der
Jahrbücher deutscher Geschichte aufgenommen wurde, welche von der historischen
Commission aus Veranlassung und mit, Unterstützung Königs Maximilian II.
von Bayern herausgegeben werden, und in annalistischer Form eine neue sorE-
fältige Durcharbeitung der Geschichte deS deutschen Mittelalters zum Theil ge¬
währt haben, zum Theil hoffen lassen. Die einzelnen Bücher der Sammlung
sind zwar in Werth und Behandlung nicht gleich; während die einen strenger
die Methode der alten Annalisten nachahmend die Ereignisse der einzelnen Jahre
zusammenstellen, verarbeiten andere, unter ihnen das vorliegende Welt. die
Ueberlieferungen in zusammenhängender Darstellung der Begebenheiten. Allen
aber ist die Aufgabe gestellt, mit kritischer und vollständiger Benutzung der
vorhandenen Quellen Sicheres, ZweifelhafleS und Falsches zu scheiden und zum
ersten Mal das geschichtliche Detail wohl geoidnet und beurtheilt vom Stand¬
punkt moderner Wissenschaft zu vereinigen; erst durch diese Sammlung ist die
Grundlage gewonnen für eine möglichst wahrhafte und getreue Geschichte deS
deutschen Mltielalters. Das vorliegende Werk, ursprünglich nicht nach dem Plane
der übrigen Arbeiten unternommen, schließt sich doch ebenbürtig den besten
Bänden der großen Sammlung, z, B. Dümmlers Geschichte deS ostfränkischen
Reiches an.

Was der Verfasser in sechs Jahren stiller Thätigkeit neben seinen Berufs"
geschäftcn uns bereitete. daS bereite nicht nur deshalb Freude, weil es eim
bis dahin nur unvollkommen verstandene Zeit und eine Anzahl höchst fesselnder
Charaktere und verhängn ßvvller Ereignisse in Helles Licht setzt, auch um d"r
Persönlichkeit des Verfassers willen, denn es ertheilt einer guten, wohlgemessenen
Kraft ein ehrenvolles Bürgerrecht in unserer historischen Wissenschaft. Der Ver¬
fasser bat einen scharfen Blick für die Charaktere, die er behandelt, ein ge-
scheidtes und großes Urtheil über die politischen und socialen Ideen, an dene"
die Schicksale der Deutschen im Mittelalter hingen. Den weiten Hintergrund,


Heldenkaiscrs, in welchem die Tugenden und Fehler seines großen Geschlechtes
in gewaltigem Maße sich verbanden. Es ist auch eine Geschichte Deutschlands
auf dem letzten Höhenpunkt seiner mittelalterlichen Entwickelung; man sieht
weit zurück in die schicksalsreiche Vergangenheit, aus welcher die siausische Kaiscr-
macht heraufstieg, und man erhält einen tiefen Einblick in die unablässige Arbeit
der zerstörenden Gewalten, denen kurz darauf die Herrlichkeit deS deutschen
Reiches z»in Opfer siel. Es ist ein kurzer Zeitraum deutscher Vergangenheit,
aber einer von denen, welche einen großen Abschnitt früherer und späterer Zeit
vt>ständlich mal'en. Das Weck ist eine seinem Umfange wie Inhalte nach be¬
deutende Arbeit; sie wurde von dem Verfasser Jahre lang mit einer Innigkeit
und Hingabe behandelt, welche der ersten großen Leistung eines deutschen Gelehr¬
ten so wohl steht. Die vortreffliche Methode seiner Darstellung und die sorg¬
fältige Gründlichkeit bewirkten, daß sein Buch in die große Sammlung der
Jahrbücher deutscher Geschichte aufgenommen wurde, welche von der historischen
Commission aus Veranlassung und mit, Unterstützung Königs Maximilian II.
von Bayern herausgegeben werden, und in annalistischer Form eine neue sorE-
fältige Durcharbeitung der Geschichte deS deutschen Mittelalters zum Theil ge¬
währt haben, zum Theil hoffen lassen. Die einzelnen Bücher der Sammlung
sind zwar in Werth und Behandlung nicht gleich; während die einen strenger
die Methode der alten Annalisten nachahmend die Ereignisse der einzelnen Jahre
zusammenstellen, verarbeiten andere, unter ihnen das vorliegende Welt. die
Ueberlieferungen in zusammenhängender Darstellung der Begebenheiten. Allen
aber ist die Aufgabe gestellt, mit kritischer und vollständiger Benutzung der
vorhandenen Quellen Sicheres, ZweifelhafleS und Falsches zu scheiden und zum
ersten Mal das geschichtliche Detail wohl geoidnet und beurtheilt vom Stand¬
punkt moderner Wissenschaft zu vereinigen; erst durch diese Sammlung ist die
Grundlage gewonnen für eine möglichst wahrhafte und getreue Geschichte deS
deutschen Mltielalters. Das vorliegende Werk, ursprünglich nicht nach dem Plane
der übrigen Arbeiten unternommen, schließt sich doch ebenbürtig den besten
Bänden der großen Sammlung, z, B. Dümmlers Geschichte deS ostfränkischen
Reiches an.

Was der Verfasser in sechs Jahren stiller Thätigkeit neben seinen Berufs«
geschäftcn uns bereitete. daS bereite nicht nur deshalb Freude, weil es eim
bis dahin nur unvollkommen verstandene Zeit und eine Anzahl höchst fesselnder
Charaktere und verhängn ßvvller Ereignisse in Helles Licht setzt, auch um d«r
Persönlichkeit des Verfassers willen, denn es ertheilt einer guten, wohlgemessenen
Kraft ein ehrenvolles Bürgerrecht in unserer historischen Wissenschaft. Der Ver¬
fasser bat einen scharfen Blick für die Charaktere, die er behandelt, ein ge-
scheidtes und großes Urtheil über die politischen und socialen Ideen, an dene«
die Schicksale der Deutschen im Mittelalter hingen. Den weiten Hintergrund,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349917/290>, abgerufen am 18.05.2024.