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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band.

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sind von demselben an 100' Bruchstücke gefunden worden. Auch einige Reliefs
in Nahmen eingeschlossen fanden sich vor.

Unter den mannigfaltigen Gegenständen, die sonst noch erhalten sind und
aus Terracotten. kleinen Schmucksachen, Gefäßen u. s. w. bestehen, zeichnet sich
eine große Alabastcrvase aus, auf welcher in Hieroglyphen und Keilschrift Na¬
men und Titel des Xerxes in verschiedenen Sprachen eingegraben sind. Sie
entspricht vollständig einer in Griechenland gefundenen Vase von gleichem Ma¬
terial und mag wohl als Weihgeschenk in der Grabkammer aufgestellt gewe¬
sen sein. --

Man denke sich nun dieses weithin sichtbare Prachtdcnkmal mit dem mäch¬
tigen reichverzierten Unterbau, seinen Grabtempel von 36 herrlichen Säulen
umgeben, die 24 Stufen hohe Pyramide, die wie frei in der Luft schwebend
auf der zierlichen ionischen Attika ruhte, das Viergespann und die hohcitsvolle
Gestalt des Fürsten, die Hunderte von Statuen, welche das Denkmal schmückten,
die Schaaren von Löwen, von den Zinnen herabschauend, die kühn belebten
Friese, die viele hundert Fuß lang die Hallen umspannten, alle die Götterge-
stalten und Ahnenbilder, Reiter- und Jagdstücke: -- und alle diese aus dem
edelsten Marmor gebildeten Werke strahlend in der buntesten Farbenpracht einer
durchgehenden Bemalung.

Bekanntlich wird die Frage, wie weit die antiken Tempel und Bildwerke,
die wir nur in ihrem natürlichen Weiß kennen, bemalt waren, seit einer Reihe
Von Jahren von den Kunstgelehrten mit besonderer Vorliebe behandelt. Aus
den vorgefundenen Spuren, auf die man erst in letzter Zeit aufmerksam gewor¬
den, ist jedenfalls schon so viel festgestellt, daß an allen vorhandenen Gebäuden
die Ornamente farbig waren. Wenn nun auch bei manchen Bauten die be¬
sonders von Hittorf und Semper vertheidigte durchgehende Bemalung noch
streitig ist, beim Mausoleum ist sie außer Frage gestellt. Und zwar waren hier
sehr kräftige und satte Farben angewandt. Von ultramarinblauem Grund
hoben sich die Ornamente scharlachroth ab, der Fond der Friese war ebenfalls
tiefblau, die Figuren vollständig bunt, auch das Fleisch mit dem kräftigen
bräunlichrothen Ton, welcher den südlichen Völkern eigen ist; die freistehenden
Figuren in purpurfarbene Mäntel gehüllt, die Löwen braungelb mit rothge-
Wbten Nachen, Waffen und Geräthe von vergoldeter Bronze. In den Falten
der Gewänder und an anderen geschützten Theilen fanden sich die Farbenspuren
in solcher Menge und so übereinstimmend vor. daß kein Zweifel darüber ob-
waltet. An der freien Lust sind sie schnell verblichen, doch ist einiges durch
besondere Vorsichtsmaßregeln noch erhalten worden.

Diese wichtige Thatsache wird in unserer Anschauung von dem Aussehen
antiker Bauten und Statuen eine gewaltige Umwälzung fördern helfen, die
Dar schon seit längerer Zeit angebahnt ist, aber an der von Jugend an ge-


Grenzboten IV. 18<i7. ^

sind von demselben an 100' Bruchstücke gefunden worden. Auch einige Reliefs
in Nahmen eingeschlossen fanden sich vor.

Unter den mannigfaltigen Gegenständen, die sonst noch erhalten sind und
aus Terracotten. kleinen Schmucksachen, Gefäßen u. s. w. bestehen, zeichnet sich
eine große Alabastcrvase aus, auf welcher in Hieroglyphen und Keilschrift Na¬
men und Titel des Xerxes in verschiedenen Sprachen eingegraben sind. Sie
entspricht vollständig einer in Griechenland gefundenen Vase von gleichem Ma¬
terial und mag wohl als Weihgeschenk in der Grabkammer aufgestellt gewe¬
sen sein. —

Man denke sich nun dieses weithin sichtbare Prachtdcnkmal mit dem mäch¬
tigen reichverzierten Unterbau, seinen Grabtempel von 36 herrlichen Säulen
umgeben, die 24 Stufen hohe Pyramide, die wie frei in der Luft schwebend
auf der zierlichen ionischen Attika ruhte, das Viergespann und die hohcitsvolle
Gestalt des Fürsten, die Hunderte von Statuen, welche das Denkmal schmückten,
die Schaaren von Löwen, von den Zinnen herabschauend, die kühn belebten
Friese, die viele hundert Fuß lang die Hallen umspannten, alle die Götterge-
stalten und Ahnenbilder, Reiter- und Jagdstücke: — und alle diese aus dem
edelsten Marmor gebildeten Werke strahlend in der buntesten Farbenpracht einer
durchgehenden Bemalung.

Bekanntlich wird die Frage, wie weit die antiken Tempel und Bildwerke,
die wir nur in ihrem natürlichen Weiß kennen, bemalt waren, seit einer Reihe
Von Jahren von den Kunstgelehrten mit besonderer Vorliebe behandelt. Aus
den vorgefundenen Spuren, auf die man erst in letzter Zeit aufmerksam gewor¬
den, ist jedenfalls schon so viel festgestellt, daß an allen vorhandenen Gebäuden
die Ornamente farbig waren. Wenn nun auch bei manchen Bauten die be¬
sonders von Hittorf und Semper vertheidigte durchgehende Bemalung noch
streitig ist, beim Mausoleum ist sie außer Frage gestellt. Und zwar waren hier
sehr kräftige und satte Farben angewandt. Von ultramarinblauem Grund
hoben sich die Ornamente scharlachroth ab, der Fond der Friese war ebenfalls
tiefblau, die Figuren vollständig bunt, auch das Fleisch mit dem kräftigen
bräunlichrothen Ton, welcher den südlichen Völkern eigen ist; die freistehenden
Figuren in purpurfarbene Mäntel gehüllt, die Löwen braungelb mit rothge-
Wbten Nachen, Waffen und Geräthe von vergoldeter Bronze. In den Falten
der Gewänder und an anderen geschützten Theilen fanden sich die Farbenspuren
in solcher Menge und so übereinstimmend vor. daß kein Zweifel darüber ob-
waltet. An der freien Lust sind sie schnell verblichen, doch ist einiges durch
besondere Vorsichtsmaßregeln noch erhalten worden.

Diese wichtige Thatsache wird in unserer Anschauung von dem Aussehen
antiker Bauten und Statuen eine gewaltige Umwälzung fördern helfen, die
Dar schon seit längerer Zeit angebahnt ist, aber an der von Jugend an ge-


Grenzboten IV. 18<i7. ^
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[0281] sind von demselben an 100' Bruchstücke gefunden worden. Auch einige Reliefs in Nahmen eingeschlossen fanden sich vor. Unter den mannigfaltigen Gegenständen, die sonst noch erhalten sind und aus Terracotten. kleinen Schmucksachen, Gefäßen u. s. w. bestehen, zeichnet sich eine große Alabastcrvase aus, auf welcher in Hieroglyphen und Keilschrift Na¬ men und Titel des Xerxes in verschiedenen Sprachen eingegraben sind. Sie entspricht vollständig einer in Griechenland gefundenen Vase von gleichem Ma¬ terial und mag wohl als Weihgeschenk in der Grabkammer aufgestellt gewe¬ sen sein. — Man denke sich nun dieses weithin sichtbare Prachtdcnkmal mit dem mäch¬ tigen reichverzierten Unterbau, seinen Grabtempel von 36 herrlichen Säulen umgeben, die 24 Stufen hohe Pyramide, die wie frei in der Luft schwebend auf der zierlichen ionischen Attika ruhte, das Viergespann und die hohcitsvolle Gestalt des Fürsten, die Hunderte von Statuen, welche das Denkmal schmückten, die Schaaren von Löwen, von den Zinnen herabschauend, die kühn belebten Friese, die viele hundert Fuß lang die Hallen umspannten, alle die Götterge- stalten und Ahnenbilder, Reiter- und Jagdstücke: — und alle diese aus dem edelsten Marmor gebildeten Werke strahlend in der buntesten Farbenpracht einer durchgehenden Bemalung. Bekanntlich wird die Frage, wie weit die antiken Tempel und Bildwerke, die wir nur in ihrem natürlichen Weiß kennen, bemalt waren, seit einer Reihe Von Jahren von den Kunstgelehrten mit besonderer Vorliebe behandelt. Aus den vorgefundenen Spuren, auf die man erst in letzter Zeit aufmerksam gewor¬ den, ist jedenfalls schon so viel festgestellt, daß an allen vorhandenen Gebäuden die Ornamente farbig waren. Wenn nun auch bei manchen Bauten die be¬ sonders von Hittorf und Semper vertheidigte durchgehende Bemalung noch streitig ist, beim Mausoleum ist sie außer Frage gestellt. Und zwar waren hier sehr kräftige und satte Farben angewandt. Von ultramarinblauem Grund hoben sich die Ornamente scharlachroth ab, der Fond der Friese war ebenfalls tiefblau, die Figuren vollständig bunt, auch das Fleisch mit dem kräftigen bräunlichrothen Ton, welcher den südlichen Völkern eigen ist; die freistehenden Figuren in purpurfarbene Mäntel gehüllt, die Löwen braungelb mit rothge- Wbten Nachen, Waffen und Geräthe von vergoldeter Bronze. In den Falten der Gewänder und an anderen geschützten Theilen fanden sich die Farbenspuren in solcher Menge und so übereinstimmend vor. daß kein Zweifel darüber ob- waltet. An der freien Lust sind sie schnell verblichen, doch ist einiges durch besondere Vorsichtsmaßregeln noch erhalten worden. Diese wichtige Thatsache wird in unserer Anschauung von dem Aussehen antiker Bauten und Statuen eine gewaltige Umwälzung fördern helfen, die Dar schon seit längerer Zeit angebahnt ist, aber an der von Jugend an ge- Grenzboten IV. 18<i7. ^

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349919/281>, abgerufen am 12.06.2024.