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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band.

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September jenes Jahres fiel, wegen des dänischen Krieges, welcher dem neu¬
tralen England die Auslieferung an eine kriegführende Macht nicht gestattete,
die Gelegenheit versäumen, sich gleich praktisch nützlich zu machen. So gelangte
das Schiff erst im April 1865 zur Ablieferung und wurde, nachdem die Probe¬
fahrt auf der Themse so günstig ausgefallen, und der Compaß regulirt war,
unter Commando des Capitänlieutenant Struben nach Preußen übergeführt.
Bei dem sehr stürmischen Wetter hatte das Schiff zu leiden; es schlingerte
stark, nahm viel Wasser über, von der stählernen Schanzkleidung wurde durch
die See eine festgenietete Platte und ebenso die Fallrcepsthür weggeschlagen,
ein Boot beschädigt und die Davids wie Draht durch die Wellen Verboten.
Trotzdem hielt sich das Schiff, während die Maschine ganz vortrefflich arbeitete
und 8 -- 9 Knoten bei schwerer See machte, im ganzen gut; den Uebelständen
ist jetzt meist abgeholfen. Von Helsingör, wo der Arminius bei seiner Ueber-
fahrt eingelaufen war, erhielt er Ordre, nach Kiel zu gehen. Beim Beginn
des Krieges 1866 machte er die 380 Seemeilen von Danzig nach Kiel in 40
Stunden (also 9'/- Knoten Durchschnittsgeschwindigkeit), und von Kiel nach
Hamburg. 560 Seemeilen, in 60 Stunden (also 9'/- Knvien durchschnittlich),
trotz theilweise sehr ungünstiger See im Slagerrack. Beim Beginn der Feind'
Seligkeiten gegen Hannover erhielt das Schiff Gelegenheit zu seiner ersten, bis
jetzt einzigen Waffenthat, die es allerdings ohne einen Schuß zu thun aus¬
führte. Es legte sich nämlich mit schußbereiten Kanonen gerade vor die Ufer¬
batterien von Stade, und landete dann eine Anzahl Boote mit Mannschaften
unter Anführung des Capitän Werner selbst. Nach dem Bericht von Augen¬
zeugen hatte Werner, wie es so recht in dem Charakter dieses bei den See¬
leuten ungemein beliebten Offiziers liegt, vor dem Gefecht die classische Anrede
geHallen: "Jungens, wer nicht ordentlich drauf geht, den holt der Teufel!"
Nach Beendigung dieser überaus lakonischer Ansprache waren dann die Boote
trotz der drohenden Kanonen des Gegners ohne Bedenken auf das Land zu
gesteuert und hatten dort die Mannschaft völlig übenumpclt -- ein Be¬
weis, wieviel der kleinstaatliche Schutz Hannovers gegen einen nichtdeutschen
Gegner werth gewesen wäre. Zum Theil war übrigens die hannöversche
Besatzung auch nicht allzugut instruirt. Der Posten vor dem Pulvermaga¬
zin hatte sogar, als die Preußen herangekommen waren, gefragt, ob er abge¬
löst sei und nun gehen könne, eine Frage, deren discrete Naivetät mit heiter¬
sten Gelächter bejaht wurde. Während des Kriegs stationirte der "Arminius"
zunächst in Geestemünde; dann kehrte er nach Kiel zurück und machte hier im
Herbst die Wettfahrt mit dem amerikanischen Dvppelthurmmonitor "Mianto-
nomoh". Wie wir schon früher erzählten, zeigte sich unser Schiff dabei in
Steucrsähigleit und Schnelligkeit ganz glänzend überlegen. -- Man muß
sagen, die Ausgabe, ein Schiff von so geringem Tiefgang, so vorzüglicher Ma-


September jenes Jahres fiel, wegen des dänischen Krieges, welcher dem neu¬
tralen England die Auslieferung an eine kriegführende Macht nicht gestattete,
die Gelegenheit versäumen, sich gleich praktisch nützlich zu machen. So gelangte
das Schiff erst im April 1865 zur Ablieferung und wurde, nachdem die Probe¬
fahrt auf der Themse so günstig ausgefallen, und der Compaß regulirt war,
unter Commando des Capitänlieutenant Struben nach Preußen übergeführt.
Bei dem sehr stürmischen Wetter hatte das Schiff zu leiden; es schlingerte
stark, nahm viel Wasser über, von der stählernen Schanzkleidung wurde durch
die See eine festgenietete Platte und ebenso die Fallrcepsthür weggeschlagen,
ein Boot beschädigt und die Davids wie Draht durch die Wellen Verboten.
Trotzdem hielt sich das Schiff, während die Maschine ganz vortrefflich arbeitete
und 8 — 9 Knoten bei schwerer See machte, im ganzen gut; den Uebelständen
ist jetzt meist abgeholfen. Von Helsingör, wo der Arminius bei seiner Ueber-
fahrt eingelaufen war, erhielt er Ordre, nach Kiel zu gehen. Beim Beginn
des Krieges 1866 machte er die 380 Seemeilen von Danzig nach Kiel in 40
Stunden (also 9'/- Knoten Durchschnittsgeschwindigkeit), und von Kiel nach
Hamburg. 560 Seemeilen, in 60 Stunden (also 9'/- Knvien durchschnittlich),
trotz theilweise sehr ungünstiger See im Slagerrack. Beim Beginn der Feind'
Seligkeiten gegen Hannover erhielt das Schiff Gelegenheit zu seiner ersten, bis
jetzt einzigen Waffenthat, die es allerdings ohne einen Schuß zu thun aus¬
führte. Es legte sich nämlich mit schußbereiten Kanonen gerade vor die Ufer¬
batterien von Stade, und landete dann eine Anzahl Boote mit Mannschaften
unter Anführung des Capitän Werner selbst. Nach dem Bericht von Augen¬
zeugen hatte Werner, wie es so recht in dem Charakter dieses bei den See¬
leuten ungemein beliebten Offiziers liegt, vor dem Gefecht die classische Anrede
geHallen: „Jungens, wer nicht ordentlich drauf geht, den holt der Teufel!"
Nach Beendigung dieser überaus lakonischer Ansprache waren dann die Boote
trotz der drohenden Kanonen des Gegners ohne Bedenken auf das Land zu
gesteuert und hatten dort die Mannschaft völlig übenumpclt — ein Be¬
weis, wieviel der kleinstaatliche Schutz Hannovers gegen einen nichtdeutschen
Gegner werth gewesen wäre. Zum Theil war übrigens die hannöversche
Besatzung auch nicht allzugut instruirt. Der Posten vor dem Pulvermaga¬
zin hatte sogar, als die Preußen herangekommen waren, gefragt, ob er abge¬
löst sei und nun gehen könne, eine Frage, deren discrete Naivetät mit heiter¬
sten Gelächter bejaht wurde. Während des Kriegs stationirte der „Arminius"
zunächst in Geestemünde; dann kehrte er nach Kiel zurück und machte hier im
Herbst die Wettfahrt mit dem amerikanischen Dvppelthurmmonitor „Mianto-
nomoh". Wie wir schon früher erzählten, zeigte sich unser Schiff dabei in
Steucrsähigleit und Schnelligkeit ganz glänzend überlegen. — Man muß
sagen, die Ausgabe, ein Schiff von so geringem Tiefgang, so vorzüglicher Ma-


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[0310] September jenes Jahres fiel, wegen des dänischen Krieges, welcher dem neu¬ tralen England die Auslieferung an eine kriegführende Macht nicht gestattete, die Gelegenheit versäumen, sich gleich praktisch nützlich zu machen. So gelangte das Schiff erst im April 1865 zur Ablieferung und wurde, nachdem die Probe¬ fahrt auf der Themse so günstig ausgefallen, und der Compaß regulirt war, unter Commando des Capitänlieutenant Struben nach Preußen übergeführt. Bei dem sehr stürmischen Wetter hatte das Schiff zu leiden; es schlingerte stark, nahm viel Wasser über, von der stählernen Schanzkleidung wurde durch die See eine festgenietete Platte und ebenso die Fallrcepsthür weggeschlagen, ein Boot beschädigt und die Davids wie Draht durch die Wellen Verboten. Trotzdem hielt sich das Schiff, während die Maschine ganz vortrefflich arbeitete und 8 — 9 Knoten bei schwerer See machte, im ganzen gut; den Uebelständen ist jetzt meist abgeholfen. Von Helsingör, wo der Arminius bei seiner Ueber- fahrt eingelaufen war, erhielt er Ordre, nach Kiel zu gehen. Beim Beginn des Krieges 1866 machte er die 380 Seemeilen von Danzig nach Kiel in 40 Stunden (also 9'/- Knoten Durchschnittsgeschwindigkeit), und von Kiel nach Hamburg. 560 Seemeilen, in 60 Stunden (also 9'/- Knvien durchschnittlich), trotz theilweise sehr ungünstiger See im Slagerrack. Beim Beginn der Feind' Seligkeiten gegen Hannover erhielt das Schiff Gelegenheit zu seiner ersten, bis jetzt einzigen Waffenthat, die es allerdings ohne einen Schuß zu thun aus¬ führte. Es legte sich nämlich mit schußbereiten Kanonen gerade vor die Ufer¬ batterien von Stade, und landete dann eine Anzahl Boote mit Mannschaften unter Anführung des Capitän Werner selbst. Nach dem Bericht von Augen¬ zeugen hatte Werner, wie es so recht in dem Charakter dieses bei den See¬ leuten ungemein beliebten Offiziers liegt, vor dem Gefecht die classische Anrede geHallen: „Jungens, wer nicht ordentlich drauf geht, den holt der Teufel!" Nach Beendigung dieser überaus lakonischer Ansprache waren dann die Boote trotz der drohenden Kanonen des Gegners ohne Bedenken auf das Land zu gesteuert und hatten dort die Mannschaft völlig übenumpclt — ein Be¬ weis, wieviel der kleinstaatliche Schutz Hannovers gegen einen nichtdeutschen Gegner werth gewesen wäre. Zum Theil war übrigens die hannöversche Besatzung auch nicht allzugut instruirt. Der Posten vor dem Pulvermaga¬ zin hatte sogar, als die Preußen herangekommen waren, gefragt, ob er abge¬ löst sei und nun gehen könne, eine Frage, deren discrete Naivetät mit heiter¬ sten Gelächter bejaht wurde. Während des Kriegs stationirte der „Arminius" zunächst in Geestemünde; dann kehrte er nach Kiel zurück und machte hier im Herbst die Wettfahrt mit dem amerikanischen Dvppelthurmmonitor „Mianto- nomoh". Wie wir schon früher erzählten, zeigte sich unser Schiff dabei in Steucrsähigleit und Schnelligkeit ganz glänzend überlegen. — Man muß sagen, die Ausgabe, ein Schiff von so geringem Tiefgang, so vorzüglicher Ma-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349919/310>, abgerufen am 04.05.2024.