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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band.

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erklärte daselbst jeden Versuch, das Concordat durch einseitige Gesetzgebung auf¬
zuheben, für ein Unrecht, man protestirte feierlichst gegen die Trennung der
Schule von der Kirche, gegen den Plan, das Unterrichtswesen in die Hand des
Staates zu legen. Man sprach es ganz offen aus. daß die Kirche nicht weichen
solle den Beschlüssen der östreichischen Reichsversammlung. daß sie weltliche
Hilfe brauche und diese von Oestreich fordere, daß ihre Arche in der setzigen
revolutionären Sündfluth gezimmert werden müsse aus österreichischem Holz.
Mit einem Worte, unser Staat soll der Kirche dienen, gleichviel ob er selbst
darüber in Trümmer geht oder nicht, wir sollen nur die Vasallen Roms sein,
jenes Rom, dessen Tage weltlicher Macht sich bald zum Ende neigen.
Jedermann begreift, dies ist ohne die Rückkehr des Absolutismus unmöglich,
er also das eigentliche Ziel dieser Vereinsbcstrebungen ist. Die unsichtbaren
Hände der nach allen Seiten ausgedehnten, eng unter sich verbundenen, solida¬
risch für einander einstehenden katholischen Vereine leisten dazu alle erdenk¬
liche Hilfe. An der Oberfläche erscheinen nur die Folgen, der Mechanismus ist
ein Geheimniß der Wissenden. So wurde von ihnen schon längst die Parole
ausgegeben zu allen glaubenseinheitlichcn und concordatlicben Adressen, Peti¬
tionen und Deputationen, mit denen man die unverständige thörichte Menge un¬
ablässig und "ablässig" in Athem hält. Man sagt ihr vor, das Concordat sei
das Evangelium, die Civilehe Concubinat, die Volksbildung untergrabe das
Christenthum, der Reichsrath beabsichtige nur die Wiedereinführung des alten
Heidenthums ?c.

Wir erachten es an der Zeit, auf diese wohlorganisirte, dem Gedeihen
unserer noch kaum geborenen Freiheit feindliche Macht aufmerksam zu machen,
die sich noch immer des Schutzes vieler hochgestellten und einflußreichen Gönner
erfreut, eines Generalstabs. der alle ihre Pläne entwarf und ausführen half,
und für den Jesuitismus und die katholische Weltherrschaft Proselyten macht.
Es handelt sich einfach darum, ob es der Staat dulden darf, daß in und neben
ihm eine Gesellschaft bestehe, die ein seiner Aufgabe diametral entgegengesetztes
Ziel verfolgt und alles aufbietet, um sie zu vereiteln und die Herrschaft für sich
zu gewinnen, die der Freiheit den Absolutismus gegenüberstellt? Wenn
das Vereinsrecht so weit gehen darf, so heißt dies eben den Staat ausgeben.
Wir glauben daher mit Recht fordern zu können, daß keine Vereine geduldet
werden, die durch ihre Verhandlungen selbst ihre ostensiblen Zwecke.Lügen stra¬
fen und in der That kein anderes Ziel im Auge Kaden als den Umsturz unse¬
rer Verfassung, die Vernichtung unserer staatsbürgerlichen Rechte und die Wie¬
dereinführung der geistigen und leiblichen Knechtschaft. Eine heilige Pflicht ist
es aber auch, unsere deutschen Brüder auf das schleichende Gift aufmerksam zu
machen, das sich in alle Glieder unseres großen Vaterlandes frißt, auf die ge¬
heime Liga, die schon jetzt die kugclsestmachenden Skapuliere weiht, um einst


erklärte daselbst jeden Versuch, das Concordat durch einseitige Gesetzgebung auf¬
zuheben, für ein Unrecht, man protestirte feierlichst gegen die Trennung der
Schule von der Kirche, gegen den Plan, das Unterrichtswesen in die Hand des
Staates zu legen. Man sprach es ganz offen aus. daß die Kirche nicht weichen
solle den Beschlüssen der östreichischen Reichsversammlung. daß sie weltliche
Hilfe brauche und diese von Oestreich fordere, daß ihre Arche in der setzigen
revolutionären Sündfluth gezimmert werden müsse aus österreichischem Holz.
Mit einem Worte, unser Staat soll der Kirche dienen, gleichviel ob er selbst
darüber in Trümmer geht oder nicht, wir sollen nur die Vasallen Roms sein,
jenes Rom, dessen Tage weltlicher Macht sich bald zum Ende neigen.
Jedermann begreift, dies ist ohne die Rückkehr des Absolutismus unmöglich,
er also das eigentliche Ziel dieser Vereinsbcstrebungen ist. Die unsichtbaren
Hände der nach allen Seiten ausgedehnten, eng unter sich verbundenen, solida¬
risch für einander einstehenden katholischen Vereine leisten dazu alle erdenk¬
liche Hilfe. An der Oberfläche erscheinen nur die Folgen, der Mechanismus ist
ein Geheimniß der Wissenden. So wurde von ihnen schon längst die Parole
ausgegeben zu allen glaubenseinheitlichcn und concordatlicben Adressen, Peti¬
tionen und Deputationen, mit denen man die unverständige thörichte Menge un¬
ablässig und „ablässig" in Athem hält. Man sagt ihr vor, das Concordat sei
das Evangelium, die Civilehe Concubinat, die Volksbildung untergrabe das
Christenthum, der Reichsrath beabsichtige nur die Wiedereinführung des alten
Heidenthums ?c.

Wir erachten es an der Zeit, auf diese wohlorganisirte, dem Gedeihen
unserer noch kaum geborenen Freiheit feindliche Macht aufmerksam zu machen,
die sich noch immer des Schutzes vieler hochgestellten und einflußreichen Gönner
erfreut, eines Generalstabs. der alle ihre Pläne entwarf und ausführen half,
und für den Jesuitismus und die katholische Weltherrschaft Proselyten macht.
Es handelt sich einfach darum, ob es der Staat dulden darf, daß in und neben
ihm eine Gesellschaft bestehe, die ein seiner Aufgabe diametral entgegengesetztes
Ziel verfolgt und alles aufbietet, um sie zu vereiteln und die Herrschaft für sich
zu gewinnen, die der Freiheit den Absolutismus gegenüberstellt? Wenn
das Vereinsrecht so weit gehen darf, so heißt dies eben den Staat ausgeben.
Wir glauben daher mit Recht fordern zu können, daß keine Vereine geduldet
werden, die durch ihre Verhandlungen selbst ihre ostensiblen Zwecke.Lügen stra¬
fen und in der That kein anderes Ziel im Auge Kaden als den Umsturz unse¬
rer Verfassung, die Vernichtung unserer staatsbürgerlichen Rechte und die Wie¬
dereinführung der geistigen und leiblichen Knechtschaft. Eine heilige Pflicht ist
es aber auch, unsere deutschen Brüder auf das schleichende Gift aufmerksam zu
machen, das sich in alle Glieder unseres großen Vaterlandes frißt, auf die ge¬
heime Liga, die schon jetzt die kugclsestmachenden Skapuliere weiht, um einst


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349919/437>, abgerufen am 27.04.2024.