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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band.

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das Haupt der Medusa (G orgon eion). das durch seinen Anblick versteinert;
wohin die Aegis gewendet wird, da bringt sie Entsetzen und Vernichtung. Die
eigentliche Waffe des Apollo ist die Aegis nicht. Auch der Gott des heitern
Lichts und der besänftigender Cither kann im Zorn vernichten, dann sind es
seine raschen Pfeile, welche Tod und Verheerung bringen. Aber Apollo, wie
er als Orakelgott nur das ausspricht, was sein Vater Zeus durch ihn verkün¬
det, kann auch im Auftrag des Zeus die Aegis nehmen, um durch sie den
Gegner zu vernichten. So finden wir ihn in der Ilias.

Als Zeus aus dem Schlaf, in den Heres List ihn versenkt hat, erwacht
Hektor verwundet, die Troer hart bedrängt, die Achäer unter Poseidons Beistand
mächtig vordrängend sieht, da läßt er durch die hart bedrohte Here Iris und
Apollo zu sich entbieten. Die leichtbeschwingte Iris sendet er an Poseidon und
zwingt ihn durch sein Machtwort, den Kampf zu verlassen, zu Apollo aber spricht
der Herrscher im Donnergewölk:


Phoebos, geh, Geliebter, zum erzgcpcmzcrten Hektor;
Denn bereits entwich ja der Erderschüttrcr Poseidon.
Auf, du nimm in die Hände die quastumbordete Aegis;
Diese mit Macht her schütternd erschrecke das Heer der Achäer.

Apollo stellt Hektor wieder her und bringt ihn zu den Seinigen in die
Schlacht zurück.


Vor nun drangen die Troer mit Heereskraft; Hektor voranging
Mächtiges Schritts, vor ihm selbst dann wandelte Phöbos Apollo",
Eingehüllt in Gewölk und trug die stürmische Aegis,
Grauenvoll, rauhumsäumt, hochfcicrlich, welche Hephästos
schmiedet' und Zeus dem Donnerer gab zum Entsetzen der Männer:
Diese trug in den Händen der Gott und führte die Völker.

Die Achäer harren der angreifenden Troer, der Kampf beginnt.


Weil noch still die Aegis cinhcrtrug Phöbos Apollon,
Haftete jegliches Heeres Geschoß und es sanken die Völker.
Aber sobald er sie gegen der reisigen Danaer Antlitz
schüttelte, laut aufschreiend und fürchterlich, jetzo verzagte
Ihnen im Busen das Herz und vergaß des stürmischen Muthes.

Wie die Heerden vor Raubthieren


Also entflohn kraftlos die Danaer, ganz von Apollons
Schrecken betäubt; denn die Troer und Hektor ehrt' er mit Siegsruhm.

Im Homer also fand der Künstler das Bild des Aegisschütterers Apollo,
wie wir uns die vaticanische Statue vorstellen müssen. In die Hand mußte
er ihm die Aegis geben, welche er nicht wie Zeus und Athene aus die ihm
eigenthümliche Weise umgehängt trägt, sondern als eine von Zeus ihm für
einen bestimmten Zweck verliehene Waffe momentan gebraucht. Denkt man
sich den Apoll von Belvedere mit der Aegis in der erhobenen Linken ergänzt.


das Haupt der Medusa (G orgon eion). das durch seinen Anblick versteinert;
wohin die Aegis gewendet wird, da bringt sie Entsetzen und Vernichtung. Die
eigentliche Waffe des Apollo ist die Aegis nicht. Auch der Gott des heitern
Lichts und der besänftigender Cither kann im Zorn vernichten, dann sind es
seine raschen Pfeile, welche Tod und Verheerung bringen. Aber Apollo, wie
er als Orakelgott nur das ausspricht, was sein Vater Zeus durch ihn verkün¬
det, kann auch im Auftrag des Zeus die Aegis nehmen, um durch sie den
Gegner zu vernichten. So finden wir ihn in der Ilias.

Als Zeus aus dem Schlaf, in den Heres List ihn versenkt hat, erwacht
Hektor verwundet, die Troer hart bedrängt, die Achäer unter Poseidons Beistand
mächtig vordrängend sieht, da läßt er durch die hart bedrohte Here Iris und
Apollo zu sich entbieten. Die leichtbeschwingte Iris sendet er an Poseidon und
zwingt ihn durch sein Machtwort, den Kampf zu verlassen, zu Apollo aber spricht
der Herrscher im Donnergewölk:


Phoebos, geh, Geliebter, zum erzgcpcmzcrten Hektor;
Denn bereits entwich ja der Erderschüttrcr Poseidon.
Auf, du nimm in die Hände die quastumbordete Aegis;
Diese mit Macht her schütternd erschrecke das Heer der Achäer.

Apollo stellt Hektor wieder her und bringt ihn zu den Seinigen in die
Schlacht zurück.


Vor nun drangen die Troer mit Heereskraft; Hektor voranging
Mächtiges Schritts, vor ihm selbst dann wandelte Phöbos Apollo»,
Eingehüllt in Gewölk und trug die stürmische Aegis,
Grauenvoll, rauhumsäumt, hochfcicrlich, welche Hephästos
schmiedet' und Zeus dem Donnerer gab zum Entsetzen der Männer:
Diese trug in den Händen der Gott und führte die Völker.

Die Achäer harren der angreifenden Troer, der Kampf beginnt.


Weil noch still die Aegis cinhcrtrug Phöbos Apollon,
Haftete jegliches Heeres Geschoß und es sanken die Völker.
Aber sobald er sie gegen der reisigen Danaer Antlitz
schüttelte, laut aufschreiend und fürchterlich, jetzo verzagte
Ihnen im Busen das Herz und vergaß des stürmischen Muthes.

Wie die Heerden vor Raubthieren


Also entflohn kraftlos die Danaer, ganz von Apollons
Schrecken betäubt; denn die Troer und Hektor ehrt' er mit Siegsruhm.

Im Homer also fand der Künstler das Bild des Aegisschütterers Apollo,
wie wir uns die vaticanische Statue vorstellen müssen. In die Hand mußte
er ihm die Aegis geben, welche er nicht wie Zeus und Athene aus die ihm
eigenthümliche Weise umgehängt trägt, sondern als eine von Zeus ihm für
einen bestimmten Zweck verliehene Waffe momentan gebraucht. Denkt man
sich den Apoll von Belvedere mit der Aegis in der erhobenen Linken ergänzt.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349919/50>, abgerufen am 03.05.2024.