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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. II. Band.

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gewidmet ist als Herrn Carl Mayer selbst, und man doch von dem Abgeord¬
neten von Befigheim, der bekanntlich nicht weniger schreibselig als redselig,
erwarten kann, daß er mindestens seinen Dank sür besagte Widmung der
Oeffentlichkeit nicht vorenthalten wird.

Nicht Jedermann kann es ertragen, wenn das Ernsthafte zuweilen auch
in das Gewand des Humors und mehr oder minder harmlosen Spottes sich
kleidet. Strenge Moralisten rümpfen die Nase und klagen über die Ver¬
letzung von Takt und Würde. Nun will man die Erfahrung gemacht haben,
daß jene strengen Moralisten in der Regel diejenigen sind, welche die Ziel¬
scheibe solchen Humors geworden und beim besten Bemühen nicht in
der Lage sind, mit gleicher Waffe in dem Kampfe zu glänzen. Man wird
nicht irren, wenn man aus dieser in der menschlichen Natur liegenden Schwäche
die ausnehmende Berücksichtigung herleitet, welche seit lange gerade dem
Abgeordneten von Wiesbaden die feindliche Presse angedeihen läßt. Die
doppelte Rüstung des geschriebenen und des gesprochenen Worts, die doppelte
Waffe von Ernst und Scherz macht ihn jener speciellen Aufmerksamkeit über¬
aus würdig, und es ist nur erfreulich, daß derselbe.immer wieder redlich er¬
wiedert wird durch neue Salven sichertreffender Geschosse.

Diesmal nun hat sich ein wahres Tenienwetter über dem kleinstaatlichen
Particularismus entladen. Leichen und Trümmer bedecken !,das Schlachtfeld.
Die verschiedenen Repräsentanten des Zwergstaatenthums liegen nicht minder
gründlich am Boden, als damals die Helden des Zwergliteratenthums durch
die Weimar'schen Olympier niedergestreckt wurden. Manches nun, 'wie das
Kleinfürstenthum in des Verfassers eigener Heimath gehörte bereits den ge¬
richteten Dingen an und forderte gleichsam nur noch einen geschichtlich retro-
spectiven Humor heraus. Aber es war für den Verfasser noch Stoff genug
vorhanden, der aus der lebendigen Gegenwart geschöpft ist und für den
darum mit Recht die Pfeile noch schärfer gespitzt wurden. Dahin gehört
vor Allem der annoch kräftig blühende Particularismus an den Gewässern
des Nesenbach.

Zu welchen Antixenien nun der letztere seinen Geist aufstacheln wird,
um das theilnehmende Mitgefühl des Publicums zu gewinnen, bleibt abzu¬
warten. Eines wird aber auch der Gegner, wofern er billig ist, nicht in
Abrede ziehen wollen, das ist die vertraute Kenntniß von Personen und
Dingen in Schwaben, die der Verfasser entwickelt, eine Kenntniß, die sich bis
zu intimsten Charaktereigenthümlichkeiten des Stammes erstreckt, wie sie nur
einem besonderen Scharfblick sich enthüllen. Wer sich die Portraits der 1?
schwäbischen Zollparlamentsabgeordneten betrachtet, der wird sich zwar nicht
wundern, wie sie den Geschilderten selbst nicht schmeichelhaft dünken, wobei
dann doch ein jeder sich heimlich sagen wird, daß die der andern 16 aller-


gewidmet ist als Herrn Carl Mayer selbst, und man doch von dem Abgeord¬
neten von Befigheim, der bekanntlich nicht weniger schreibselig als redselig,
erwarten kann, daß er mindestens seinen Dank sür besagte Widmung der
Oeffentlichkeit nicht vorenthalten wird.

Nicht Jedermann kann es ertragen, wenn das Ernsthafte zuweilen auch
in das Gewand des Humors und mehr oder minder harmlosen Spottes sich
kleidet. Strenge Moralisten rümpfen die Nase und klagen über die Ver¬
letzung von Takt und Würde. Nun will man die Erfahrung gemacht haben,
daß jene strengen Moralisten in der Regel diejenigen sind, welche die Ziel¬
scheibe solchen Humors geworden und beim besten Bemühen nicht in
der Lage sind, mit gleicher Waffe in dem Kampfe zu glänzen. Man wird
nicht irren, wenn man aus dieser in der menschlichen Natur liegenden Schwäche
die ausnehmende Berücksichtigung herleitet, welche seit lange gerade dem
Abgeordneten von Wiesbaden die feindliche Presse angedeihen läßt. Die
doppelte Rüstung des geschriebenen und des gesprochenen Worts, die doppelte
Waffe von Ernst und Scherz macht ihn jener speciellen Aufmerksamkeit über¬
aus würdig, und es ist nur erfreulich, daß derselbe.immer wieder redlich er¬
wiedert wird durch neue Salven sichertreffender Geschosse.

Diesmal nun hat sich ein wahres Tenienwetter über dem kleinstaatlichen
Particularismus entladen. Leichen und Trümmer bedecken !,das Schlachtfeld.
Die verschiedenen Repräsentanten des Zwergstaatenthums liegen nicht minder
gründlich am Boden, als damals die Helden des Zwergliteratenthums durch
die Weimar'schen Olympier niedergestreckt wurden. Manches nun, 'wie das
Kleinfürstenthum in des Verfassers eigener Heimath gehörte bereits den ge¬
richteten Dingen an und forderte gleichsam nur noch einen geschichtlich retro-
spectiven Humor heraus. Aber es war für den Verfasser noch Stoff genug
vorhanden, der aus der lebendigen Gegenwart geschöpft ist und für den
darum mit Recht die Pfeile noch schärfer gespitzt wurden. Dahin gehört
vor Allem der annoch kräftig blühende Particularismus an den Gewässern
des Nesenbach.

Zu welchen Antixenien nun der letztere seinen Geist aufstacheln wird,
um das theilnehmende Mitgefühl des Publicums zu gewinnen, bleibt abzu¬
warten. Eines wird aber auch der Gegner, wofern er billig ist, nicht in
Abrede ziehen wollen, das ist die vertraute Kenntniß von Personen und
Dingen in Schwaben, die der Verfasser entwickelt, eine Kenntniß, die sich bis
zu intimsten Charaktereigenthümlichkeiten des Stammes erstreckt, wie sie nur
einem besonderen Scharfblick sich enthüllen. Wer sich die Portraits der 1?
schwäbischen Zollparlamentsabgeordneten betrachtet, der wird sich zwar nicht
wundern, wie sie den Geschilderten selbst nicht schmeichelhaft dünken, wobei
dann doch ein jeder sich heimlich sagen wird, daß die der andern 16 aller-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121754/264>, abgerufen am 13.05.2024.