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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. I. Band.

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gesetzt wiederholt wurde, bis sich das Bild vollständig abgerollt hatte. Wenn
Huon's Nondo F. 20 bei Aufführungen des Oberon ausfällt, so kann dies nicht
wesentlich nachtheilig wirken, weil sein Verlust unter allen Stücken der Oper am
wenigsten schwer wiegen wird; wenn aber Nummern wie die oben genannten
Perlen des Werkes unterdrückt, verstümmelt oder durch unmotivirte Wieder¬
holung zur Ungestalt ausgedehnt werden, so ist es wohl gerechtfertigt, hier
darauf hinzuweisen, um von ähnlichen künstlerischen Attentaten abzumahnen.

Außer den in vorgenannten Städten stattgehabten Aufführungen giebt
die Lpz, A> Mus. Ztg. bis zum Schlüsse 1848 noch Kunde von solchen zu:
Bremen, Breslau, Dessau, Danzig, Darmstadt, Dresden, Cassel, Coburg,
Colmar, Frankfurt a. M., Gotha, Königsberg, Magdeburg, Mannheim,
Meiningen, München, Prag, Putbus, Riga, Rom (hier Theile der Oper),
Straßburg und Wiesbaden. -- Doch welche Bühne von Belang hätte später
den Oberon nicht gegeben! Ja, in den Concertsaal drang er vielfach. Von
außerdeutschen Orten seien in dieser Beziehung, laut jener Quelle, nur Amster¬
dam, Paris, Versailles, Uork, Bologna und Rom genannt. Die neueste der¬
artige Aufführung im Laufe dieses Jahres darf hiebei nicht übergangen wer¬
den, die zu New-York durch die Gesellschaft für Kirchenmusik (!) mit großem
Orchester und stark besetztem Chor unter Leitung des öl-. P e es.

Innerhalb der dieser meiner Arbeit enge gezogenen Grenzen ist mir, nach
Hinweis auf das unter 277 Anm. k' im Allgemeinen über W's.,Ouvertüren
Gesagte, nur noch gestattet, zu gedenken des treffend und lebendig characteri-
sirenden Ausspruches von Prof. Ambros in Prag über die Ouvertüre des
Oberon, den er p. 46 in seinen trefflichen "kulturhistorischen Bildern aus dem
Musikleben der Gegenwart", zugleich im Hinblick aus die romantische Dichter-
schule, thut, indem er sagt: "Die Ouvertüre zu Oberon ist eins der brillan¬
testen Orchcsterstücke, die es giebt; im Adagio wieder die miondbeglänzte
Zaubernacht' voll fliegender Rosendüfte aus den Wundergarten des Orients
-- wer Heine's Klangbildertalent hat, dem wird es sein, als sähe er glän¬
zende Kuppeln, phantastische Minarets, Palmenwälder, reizende Frauen, sara¬
zenische und abendländische Ritter in Kampf und Spiel und alle fremden
Wunder des Morgenlandes wie in einer blendenden Luftspiegelung an sich
vorüberschweben. Die an ähnlichen Eindrücken nicht grade armen Dichtun¬
gen der Romantiker kommen an bezaubernder Wirkung dagegen nicht in
Vergleich." -- Wenn Ambros seinen Aufsatz, der dies Wort über die Ouver¬
türe enthält, mit dem Ausspruche schließt: "W's. Opern sind ein nicht ver¬
altendes Gut, ein werther Besitz des deutschen Volks und wirken noch mit
der frischesten Lebendigkeit und Unmittelbarkeit," so mag zum Schlüsse der
Betrachtungen über dies sein letztes großes Werk, mit dem er von seinem
reichen Leben so glorreich schied, angewendet sein auf ihn, als Menschen


gesetzt wiederholt wurde, bis sich das Bild vollständig abgerollt hatte. Wenn
Huon's Nondo F. 20 bei Aufführungen des Oberon ausfällt, so kann dies nicht
wesentlich nachtheilig wirken, weil sein Verlust unter allen Stücken der Oper am
wenigsten schwer wiegen wird; wenn aber Nummern wie die oben genannten
Perlen des Werkes unterdrückt, verstümmelt oder durch unmotivirte Wieder¬
holung zur Ungestalt ausgedehnt werden, so ist es wohl gerechtfertigt, hier
darauf hinzuweisen, um von ähnlichen künstlerischen Attentaten abzumahnen.

Außer den in vorgenannten Städten stattgehabten Aufführungen giebt
die Lpz, A> Mus. Ztg. bis zum Schlüsse 1848 noch Kunde von solchen zu:
Bremen, Breslau, Dessau, Danzig, Darmstadt, Dresden, Cassel, Coburg,
Colmar, Frankfurt a. M., Gotha, Königsberg, Magdeburg, Mannheim,
Meiningen, München, Prag, Putbus, Riga, Rom (hier Theile der Oper),
Straßburg und Wiesbaden. — Doch welche Bühne von Belang hätte später
den Oberon nicht gegeben! Ja, in den Concertsaal drang er vielfach. Von
außerdeutschen Orten seien in dieser Beziehung, laut jener Quelle, nur Amster¬
dam, Paris, Versailles, Uork, Bologna und Rom genannt. Die neueste der¬
artige Aufführung im Laufe dieses Jahres darf hiebei nicht übergangen wer¬
den, die zu New-York durch die Gesellschaft für Kirchenmusik (!) mit großem
Orchester und stark besetztem Chor unter Leitung des öl-. P e es.

Innerhalb der dieser meiner Arbeit enge gezogenen Grenzen ist mir, nach
Hinweis auf das unter 277 Anm. k' im Allgemeinen über W's.,Ouvertüren
Gesagte, nur noch gestattet, zu gedenken des treffend und lebendig characteri-
sirenden Ausspruches von Prof. Ambros in Prag über die Ouvertüre des
Oberon, den er p. 46 in seinen trefflichen „kulturhistorischen Bildern aus dem
Musikleben der Gegenwart", zugleich im Hinblick aus die romantische Dichter-
schule, thut, indem er sagt: „Die Ouvertüre zu Oberon ist eins der brillan¬
testen Orchcsterstücke, die es giebt; im Adagio wieder die miondbeglänzte
Zaubernacht' voll fliegender Rosendüfte aus den Wundergarten des Orients
— wer Heine's Klangbildertalent hat, dem wird es sein, als sähe er glän¬
zende Kuppeln, phantastische Minarets, Palmenwälder, reizende Frauen, sara¬
zenische und abendländische Ritter in Kampf und Spiel und alle fremden
Wunder des Morgenlandes wie in einer blendenden Luftspiegelung an sich
vorüberschweben. Die an ähnlichen Eindrücken nicht grade armen Dichtun¬
gen der Romantiker kommen an bezaubernder Wirkung dagegen nicht in
Vergleich." — Wenn Ambros seinen Aufsatz, der dies Wort über die Ouver¬
türe enthält, mit dem Ausspruche schließt: „W's. Opern sind ein nicht ver¬
altendes Gut, ein werther Besitz des deutschen Volks und wirken noch mit
der frischesten Lebendigkeit und Unmittelbarkeit," so mag zum Schlüsse der
Betrachtungen über dies sein letztes großes Werk, mit dem er von seinem
reichen Leben so glorreich schied, angewendet sein auf ihn, als Menschen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_125243/515>, abgerufen am 23.05.2024.