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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. II. Band.

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unmöglich wird. Und ich verhehle mir ferner nicht, daß auch bei der hier
befürworteten Gestaltung des Blokaderecktes der Handel der Neutralen und
der Kriegführenden noch empfindliche Verluste erleiden wird. Aber gegen
den Verlust des Privateigenthums im ersteren Falle wird man entsprechende
Vorkehr treffen können. Und ohne Nachtheile für die gesammte Weltwirth¬
schaft vollzieht sich nun einmal überhaupt kein Krieg. Die Nachtheile im
Gefolge eines Blokaderechtes, wie es hier empfohlen ist, sind nicht nur un¬
vergleichlich viel geringer, als die des jetzt geltenden, fondern sie sind auch
viel geringer, als die des analogen Zustandes im Landkriege.

Nach meinem Dafürhalten würde die Seerechts - Agitation es als ein
hocherfreuliches Resultat ihrer Bemühungen betrachten können, wenn die Mächte
sich über folgende Grundsätze verständigten:

1. Die Kaperei und das Prisenrecht der Kriegsschiffe ist und bleibt ab¬
geschafft.

2. Feindliches Staatseigenthum unterliegt der nehmung auch zur See.

3. Das Durcbsuchungsrecht steht Kriegführenden nur innerhalb des eige¬
nen oder des feindlichen Seeterritoriums zu. Die Durchsuchung ist an. ge¬
wisse Fristen gebunden und darf auf ein und demselben Schiffe auf derselben
Fahrt nicht wiederholt werden.

4. Als Kriegscontrebande werden nur Waffen, Munition und kriegs¬
fähige, als Passagiere fahrende Mannschaften betrachtet.

5. Kriegscontrebande führende und solche Handelsschiffe, welche sich nicht
als im Dienst des friedlichen Verkehrs stehend ausweisen können, unterliegen
der nehmung.*)

6. Im Bereiche eines blokirten Rayons auf feindlichem Seeterritorium
angetroffene Handelsfahrzeuge unterliegen der Zurückweisung, außer im Falle
des Satzes S.

Die neuere publizistische Literatur über den hier fraglichen Gegenstand
ist ziemlich reich und sie ist rasch angewachsen. Ich erinnere nur an die treff¬
lichen, von dem Syndikus der Bremer Handelskammer. Dr. H. A. Schu-
macher, herrührenden Aufsätze über "das Seerecht in Kriegszeiten," über
"Frankreichs Kaperei," über "die Freiheit des Meeres," in 14 Juli-, October-
und November-Nummern der "Weserzeitung;" ferner an die Schrift des Vor¬
sitzenden des deutschen nautischen Vereins, Herrn H. Tecklenborg. betitelt: "die
Freiheit des Meeres. Verbesserungsvorschläge zum Staatsverträge über das
Seerecht in Kriegszeiten" (Bremen, C. Schünemann's Verlag, 1870), endlich
an A. Lammers' Aufsatz ("Reform des Seekriegsrechts") im Dezemberheft der
Preußischen Jahrbücher.



Aber durch Satz 3 ist diese nehmung eben auf das eigene oder feindliche Seeterrito¬
rium beschränkt.

unmöglich wird. Und ich verhehle mir ferner nicht, daß auch bei der hier
befürworteten Gestaltung des Blokaderecktes der Handel der Neutralen und
der Kriegführenden noch empfindliche Verluste erleiden wird. Aber gegen
den Verlust des Privateigenthums im ersteren Falle wird man entsprechende
Vorkehr treffen können. Und ohne Nachtheile für die gesammte Weltwirth¬
schaft vollzieht sich nun einmal überhaupt kein Krieg. Die Nachtheile im
Gefolge eines Blokaderechtes, wie es hier empfohlen ist, sind nicht nur un¬
vergleichlich viel geringer, als die des jetzt geltenden, fondern sie sind auch
viel geringer, als die des analogen Zustandes im Landkriege.

Nach meinem Dafürhalten würde die Seerechts - Agitation es als ein
hocherfreuliches Resultat ihrer Bemühungen betrachten können, wenn die Mächte
sich über folgende Grundsätze verständigten:

1. Die Kaperei und das Prisenrecht der Kriegsschiffe ist und bleibt ab¬
geschafft.

2. Feindliches Staatseigenthum unterliegt der nehmung auch zur See.

3. Das Durcbsuchungsrecht steht Kriegführenden nur innerhalb des eige¬
nen oder des feindlichen Seeterritoriums zu. Die Durchsuchung ist an. ge¬
wisse Fristen gebunden und darf auf ein und demselben Schiffe auf derselben
Fahrt nicht wiederholt werden.

4. Als Kriegscontrebande werden nur Waffen, Munition und kriegs¬
fähige, als Passagiere fahrende Mannschaften betrachtet.

5. Kriegscontrebande führende und solche Handelsschiffe, welche sich nicht
als im Dienst des friedlichen Verkehrs stehend ausweisen können, unterliegen
der nehmung.*)

6. Im Bereiche eines blokirten Rayons auf feindlichem Seeterritorium
angetroffene Handelsfahrzeuge unterliegen der Zurückweisung, außer im Falle
des Satzes S.

Die neuere publizistische Literatur über den hier fraglichen Gegenstand
ist ziemlich reich und sie ist rasch angewachsen. Ich erinnere nur an die treff¬
lichen, von dem Syndikus der Bremer Handelskammer. Dr. H. A. Schu-
macher, herrührenden Aufsätze über „das Seerecht in Kriegszeiten," über
„Frankreichs Kaperei," über „die Freiheit des Meeres," in 14 Juli-, October-
und November-Nummern der „Weserzeitung;" ferner an die Schrift des Vor¬
sitzenden des deutschen nautischen Vereins, Herrn H. Tecklenborg. betitelt: „die
Freiheit des Meeres. Verbesserungsvorschläge zum Staatsverträge über das
Seerecht in Kriegszeiten" (Bremen, C. Schünemann's Verlag, 1870), endlich
an A. Lammers' Aufsatz („Reform des Seekriegsrechts") im Dezemberheft der
Preußischen Jahrbücher.



Aber durch Satz 3 ist diese nehmung eben auf das eigene oder feindliche Seeterrito¬
rium beschränkt.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_125781/66>, abgerufen am 06.06.2024.